Nikola Endlich über den „Mobilitätsgipfel“: Kaffeekränzchen im Kanzleramt
Dass sich Bundesregierung und Autoindustrie zu regelmäßigen Gipfeln treffen, hat eine lange Tradition. Auch unter Kanzlerin Merkel kamen die Bosse im Kanzleramt zusammen; unter Gerhard Schröder war die Nähe zur Autoindustrie sogar so groß, dass er sich den Spitznamen „Auto-Kanzler“ einhandelte. Die Entscheidung von Olaf Scholz, keinen Auto-, sondern einen Mobilitätsgipfel einzuberufen, hätte von daher durchaus eine neue Prioritätensetzung bedeuten können – wäre es am Ende nicht bei einer reinen Namensänderung geblieben.
Da half auch nicht, dass das Kanzleramt die Einladungsliste noch kurz vor knapp vor dem Treffen immer wieder geändert hat – etwa um noch schnell den Elektrobauer Tesla zu einem Treffen, bei dem es um die Antriebswende ging, einzuladen. Am Ende saßen im Kanzleramt neben Tesla fast nur die Vertreter der alten großen Autokonzerne hier im Land.
Dass für einen echten Dialog über eine Mobilitätswende natürlich deutlich mehr Gesprächspartner nötig gewesen wären, um diesen ernsthaft und mit Erfolg führen zu können, sollte eigentlich auch der Bundesregierung bewusst sein. Wo waren die unzähligen Verbände von Schiene, Radverkehr und Umweltorganisationen?
Auch bei den großen Themen – wie etwa der E-Mobilität – kam nicht viel rum. Außer der Bekräftigung des bereits im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziels, bis zum Jahr 2030 insgesamt 15 Millionen voll elektrisch angetriebene Autos auf deutsche Straßen bringen zu wollen. Statements vom Kanzler oder dem Bundesverkehrsminister nach dem Gipfel blieben aus. Von einem Beschlusspapier mit Punkten, welche Schritte dafür nun konkret nötig wären, ganz zu schweigen.
Damit soll sich nun in Zukunft ein „Expertenbeirat Klimaschutz in der Mobilität“ befassen. Nur für ein nettes Zusammenkommen im Kanzleramt hätte es diesen neu ausgerufenen Mobilitätsgipfel nun wirklich nicht gebraucht.
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