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New YorkPalästina im Fokus der UN-Vollversammlung

Syrien, Iran, aber vor allem die Anerkennung eines palästinensischen Staats stehen auf der Agenda. Trump tritt auch auf – und greift die UN direkt an.

Überall geht's um Palästina: Demonstrantin am Montag vor UN-Hauptgebäude in New York Foto: Angelina Katsanis/ap

Berlin taz | Am Dienstag hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) in New York begonnen. Obwohl diverse Themen diskutiert werden sollen – etwa der Klimawandel und seine Folgen – zieht vor allem die Region Nahost die Blicke auf sich.

So soll zum ersten Mal seit mehr als 60 Jahren ein syrischer Staatschef auftreten. Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa – ehemaliger Anführer der bis vor Kurzem auf der Terrorliste der Vereinigten Staaten geführten militanten Gruppe HTS – will in New York um das Vertrauen der Weltgemeinschaft und für den Wiederaufbau seines gebeutelten Landes werben.

Auch für die Islamische Republik Iran ist der Termin wichtig, läuft doch in dieser Woche die Frist aus, nach der wieder internationale Sanktionen gegen das Land eingeführt werden könnten. Eine Resolution, um das aufzuschieben, fiel im UN-Sicherheitsrat vergangene Woche durch. Der sogenannte Snapback-Mechanismus zur Wiedereinsetzung von Sanktionen europäischer Staaten wurde bereits im August ausgelöst, Verhandlungen laufen bisher wohl ins Leere.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, müssten die Sanktionen während der Generaldebatte der UN-Vollversammlung Ende September wieder eingesetzt werden, schrieb jüngst die Agentur afp. Irans Präsident Massud Peseschkian soll am Mittwoch bei der Generaldebatte sprechen.

Dieses Jahr haben elf Staaten Palästina anerkannt

Am meisten Aufmerksamkeit liegt aber auf dem Nahostkonflikt und einer Anerkennung Palästinas als Staat. Am Montag wurde dafür eine eigene Konferenz im UN-Hauptquartier in New York abgehalten. Insgesamt elf Staaten haben im Jahr 2025 bislang Palästina neu anerkannt oder eine Anerkennung angekündigt. Am Sonntag sind Großbritannien, Kanada, Australien und Portugal den Schritt gegangen, am Montag folgten Frankreich, Monaco, Luxemburg, Malta und Andorra. Im Jahr 2024 hatten bereits unter anderem Spanien, Irland, Norwegen, Slowenien und Armenien Palästina anerkannt.

Den Anerkennungen ging eine Konferenz im Juli, ausgerichtet von Frankreich und Saudi-Arabien, voraus. Dort erarbeitete man die im September verabschiedete New York Deklaration. Zusammengefasst steht darin: Der Krieg in Gaza muss enden, die Geiseln freikommen, die Hamas ihre Herrschaft im Gazastreifen beenden und ihre Waffen an die PA abgeben. Ein palästinensischer und ein israelischer Staat müssen friedlich Seite an Seite existieren. Und ein Ende des Israel-Palästina-Konflikts soll für eine „regionale Integration“ sorgen.

Auch Deutschland, das bislang Palästina nicht anerkennt, stellte sich hinter das Dokument. Immer mehr sind Israel, und sein engster Verbündeter USA zumindest in der Frage nach der Zwei-Staaten-Lösung isoliert. Sicherlich wird ein Staat Palästina, wie auch die jüngste israelische Offensive im Gazastreifen Thema der Debatten sein.

In seiner mit Spannung erwarteten Rede sprach US-Präsidenten Donald Trump am späten Dienstag das Thema an: Eine Anerkennung wäre eine „zu große Belohnung“ für die Hamas nach dem Massaker des 7. Oktober 2023. Und betonte gleichzeitig: Der Krieg müsse „sofort“ enden, die Hamas die noch lebenden zwanzig Geiseln auf einmal freilassen.

Der Präsident des Gebietes, um das diskutiert wird, kann derweil nur per Video zugeschaltet werden. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, wie einer ganzen Reihe an palästinensischen Diplomaten, war im September von den USA das Visum verweigert worden – obwohl die USA als Gastgeberland der UN verpflichtet sind, solche wohl politisch motivierten Übergriffe zu unterlassen. Die BBC titelt dazu passend am Dienstag auf ihrer Webseite: „Die europäische Anerkennung eines palästinensischen Staates zeigt, dass die USA nach wie vor die einzige Macht sind, die zählt“.

Anerkennung vor allem symbolisch

Viele Analysten bewerten die Anerkennung eines palästinensischen Staates als weitgehend symbolisch: Auf dem Boden ändert sich dadurch nicht viel. Denn Israels Besatzungspolitik und der Ausbau der völkerrechtswidrigen Siedlungen über die vergangenen Jahre machen einen zusammenhängenden Staat Palästina derzeit unmöglich.

Zwischen palästinensisch besiedelten und kontrollierten Enklaven wie der De-facto-Kapitale Ramallah befindet sich im Westjordanland das sogenannte C-Gebiet, das allein von Israel kontrolliert wird. Die Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde endet also oft an der Stadtgrenze.

Dass sich durch die neusten Anerkennungen durch andere Staaten gar nicht so viel ändert, liegt auch daran, dass die Palästinenser sich bereits lange um Staatlichkeit bemühen: So haben sie zum Beispiel das Rom-Statut längst unterzeichnet. Damit ist der Internationale Strafgerichtshof befähigt, Verbrechen in seiner Zuständigkeit auf palästinensischem Boden oder durch Palästinenser begangen, zu verfolgen.

Auch bei den Vereinten Nationen haben sie seit 2012 offiziell UN-Beobachterstatus. Die Vereinten Nationen griff Trump in seiner Rede recht direkt an: Die UN finanzierten und förderten etwa Migranten. Stattdessen rief er ein „goldenes Zeitalter“ der USA aus. Dass sie der wohl wichtigste Player auf der globalpolitischen Bühne sind, zeigen sie im Fall Nahost bereits heute.

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