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Neues rechtes Bündnis in GroßbritannienFader Auftritt mit PopCon

Mit dem Bündnis „Popular Conservatives“ kehrt Großbritanniens Ex-Premier Liz Truss zurück. Im Hintergrund: Nigel Farage.

Liz Truss war als der Star der Veranstaltung gedacht, aber ihr Auftritt war merklich fade Foto: Victoria Jones/PA Wire/ap/dpa

London taz | Nach Jahren als politischer Randkämpfer steht der rechtspopulistische Brexitverfechter Nigel Farage vor einem Comeback. Nachdem er hintereinander die UK Independence Party und die Brexit Party führte und aktuell Mitgründer und Ehrenpräsident ihrer Nachfolgepartei Reform UK ist, erwägt er eine Rückkehr zu den Konservativen, hieß es in den vergangenen Tagen in britischen Zeitungskommentaren.

Er stehe einem Beitritt nach den nächsten Wahlen offen, erklärte Farage dem konservativen Daily Telegraph. Es hänge davon ab, wie weit die konservative Partei dann nach rechts tendiere. Manche schenken ihm sogar gute Chancen, nach der absehbaren kommenden Wahlniederlage der Konservativen Parteichef zu werden.

Bereits auf dem konservativen Jahresparteitag im letzten Oktober kam Farage zu einem Auftritt der in Ungnade gefallenen ehemaligen Kurzzeitpremierministerin Liz Truss. Und am Dienstagmorgen stießen Farage und Truss wieder aufeinander, als Farage – offiziell als Reporter des rechten Privatsenders GB-News – dem Launch der von Liz Truss gegründeten Gruppe „Popular Conservatives“ beiwohnte.

„PopCon“ nennt sich die neue Strömung, geführt von Truss’ Mark Littlewood. „Es geht hier nicht um die Führung der Konservativen“, behauptete er im vollgepackten Londoner Veranstaltungssaal, „Wir werden uns als genuine Basisbewegung positionieren.“ Der Einfluss nicht demokratischer Entscheidungsträger und „Davos-Institutionen“, die zu einer bürokratischen Elite gehörten, von der Weltgesundheitsorganisation bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, solle reduziert werden. Mit von der Partie ist unter anderem der ehemalige Brexit-Minister Jacob Rees-Mogg.

„Demokratie ist außer Mode gekommen“

Liz Truss war als der Star der Veranstaltung gedacht, aber ihr Auftritt war merklich fade. „Die Demokratie ist außer Mode gekommen“, behauptete sie, und es hörte sich an wie eine Revanche an jene, die im Herbst 2022 nach nur sieben Wochen im Amt zu ihrem raschen Sturz beitrugen, nachdem ihr erster Haushaltsentwurf ein verheerendes Echo hervorgerufen hatte.

Erwägt eine Rückkehr zu den Konservativen: Nigel Farage Foto: Victoria Jones/PA Wire/ap/dpa

Truss nannte unter anderem die Haushaltsprüfbehörde OBR und Umweltschutzorganisationen. Diese Organisationen seien anders als Po­li­ti­ke­r:in­nen nicht rechenschaftspflichtig oder abwählbar, meinte Truss, die sich außerdem gegen angeblich verborgene linke Ex­tre­mis­t:in­nen und „Woke“ wehren will.

„Es wird kein einfacher Kampf sein. Die Linken sind schon lange auf dem Marsch in unseren Institutionen, der Unternehmenswelt und sie marschieren global!“ Sie meint Leute wie Greta Thunberg oder Unterstützer ethnischer und sexueller Minderheiten und solche, die gemeinschaftsorientierte Arbeit leisten. Es gehe darum, sagte sie, Konservative zu orten und sie zu ermuntern, Parteiämter anzustreben und Argumente zu führen.

Hintergrund der rechten Offensive ist die nach wie vor desaströse Lage der Konservativen in Meinungsumfragen, irgendwo zwischen 20 und 25 Prozent, während die Labour-Opposition souverän bei über 40 Prozent liegt und damit einen gigantischen Sieg bei den nächsten Wahlen zu erwarten hätte. Zunehmend macht die auf Nigel Farage zurückgehende Partei Reform den Konservativen Konkurrenz am rechten Rand, so wie früher Ukip.

Vorläufige Absage

In den Umfragen ist Reform in den vergangenen Wochen auf deutlich über 10 Prozent der Stimmen gestiegen. Der rechte Parteiflügel um Handelsministerin Kemi Badenoch und die ehemalige Innenministerin Suella Braverman macht dafür Premierminister Rishi Sunak verantwortlich, der nicht rechts genug sei, insbesondere weil er die nach wie vor sehr hohe Zuwanderung nach Großbritannien nicht eingedämmt hat.

Farage hatte vor dem Launch gesagt, er könne sich mit PopCon eine größere politische Zusammenarbeit vorstellen. Doch nach den Reden kam statt einer ausgestreckten Hand eine vorläufige Absage des Populismuskönigs: Er stimme dem PopCon-Flyer und deren Zielen zu, aber bei den bevorstehenden Wahlen würde einzig Reform UK diese Ziele liefern können, meinte er. Und zur Veranstaltung selbst meinte er: „Überraschenderweise gab es nur ein paar Sätze zur Einwanderung in der letzten Stunde. Populär vielleicht, aber nicht populistisch.“

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