piwik no script img

Neues Ukip-GewinnerthemaBurka führt zu Vitaminmangel

Britische Rechtspopulisten begründen ihre Forderung nach einem Burka-Verbot medizinisch: Verschleierten Frauen mangele es an Vitamin D.

Frau, verschleiert, in der Sonne – für Rechtspopulisten nur schwer zu ertragen Foto: dpa

Bei Wahlen in Großbritannien veröffentlicht jede Partei ein detailliertes „Manifest“, als Regierungsprogramm für den Fall eines Wahlsiegs. Kaum jemand liest es, aber es stehen immer irgendwo lustige Sachen drin.

Das Manifest der rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (UKIP), die nach dem Erfolg des Brexit schwer in der Krise steckt, sorgt da für besondere Aufmerksamkeit. Dass die Partei ein Burka- und Niqab-Verbot verlangt, ist zwar bekannt; dass sie die Frauenverhüllungen nicht nur als „Sicherheitsrisiko“, sondern auch als „entmenschlichende Symbole von Segregation und Unterdrückung“ geißelt, ist klar.

Aber dann steht als letzter Satz der Wahlkampfforderung „Zeig dein Gesicht in der Öffentlichkeit“ folgendes: „Kleidung, die Identität verbirgt, Barrieren zu Kommunikation aufstellt, Arbeitsmöglichkeiten einschränkt, den Nachweis häuslicher Gewalt verbirgt und die Aufnahme von lebensnotwendigem Vitamin D durch Sonnenlicht verhindert, ist nicht befreiend.“

Das Burka-Verbot als Mittel gegen Vitaminmangel – darauf muss man erst mal kommen. Was für ein Blödsinn, war der Tenor der Medienkommentare. Lag es etwa daran, dass dieses Wahlmanifest zum Auftakt eines Hochsommerwochenendes präsentiert wurde? Bei 30 Grad und Dauersonne lassen die Briten gerne die Hüllen fallen.

Zu einer bissigen TV-Satireshow geladen, zeigte sich Suzanne Evans, die leutselige Nummer Zwei von UKIP, am Sonntagabend in glänzender Form. Sie verwies auf eine Studie, wonach von 465 Frauen in den Krankenhäusern der saudischen Hauptstadt Riad alle 465 an Vitamin-D-Mangel litten – saudische Frauen dürfen ja nicht unverhüllt ins Licht. Der Moderator war verblüfft und sprachlos. Punktsieg für UKIP.

Ihr Chef Paul Nuttall konnte diese Erkenntnis in seinem ausführlichen TV-Interview am Montag abend nur fröhlich bestätigen. Eigentlich, fügte er hinzu, gehe es aber um Integration: „Wenn man die vollen Vorteile der britischen Gesellschaft genießen will, muss man sein Gesicht zeigen.“ Im Sommer auch noch ein paar andere Körperteile, hätte er hinzufügen können, aber dann wechselte der Interviewer das Thema.

Bei einer Umfrage vergangenes Jahr sprachen sich 57 Prozent der befragten Briten für ein Burka-Verbot aus, nur 25 Prozent dagegen. UKIP hat endlich ein neues Gewinnerthema gefunden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Vitamin D, wohl das wichtigste Vitamin (Hormon) überhaupt!

     

    Aber die UKIP nimmt das nicht wirklich ernst, sie müsste sich ebenso stark gegen die von „Westlern“ angewandten Sonnencremes wenden. Die führen nämlich ähnlich stark zu Vitamin D Mangel wie eine Burka - Moslem bashing ist ihr Hauptprogramm, egal wie.

     

    @ Kreibig

    man darf an der pauschalen Behauptung Sonne erzeuge Hautkrebs starke Zweifel üben – was bloß in der Welt hat sich die alte erfahrene Natur dabei gedacht, wichtigen UV Strahlen eine Krebserzeugung beizumischen? Das ergibt gar keinen Sinn, und harte UV-B Strahlung ist der Hauptlieferant vom natürlichem Vit. D und das nur zur Mittagszeit! Nachmittags-Sonne erzeugt fast nix mehr. Und Vit D ist für ein starkes Immunsystem von entscheidender Bedeutung.

     

    Ozonloch gabs im Norden nicht wirklich stark, es konzentrierte sich über der Antarktis wo die meiste Industrie und Kühlschränke beheimatet sind und waren ;-)

  • Das mit dem Vitammangel ist sicher nicht falsch. Auch Neigung zu Depression könnte genannt werden als Folge von Totalverhüllung. Aber das als Anlass für ein Verhüllungs-Verbot zu nehmen - na, ich weiß es nicht. Da müsste doch jetzt erst mal das Rauchen verboten werden, denn das schädigt auch Unbeteiligte.

  • Man muss kein Rechtspopulist sein um die Burka abzulehnen. Ich bin für ein absolutes Miteinander. Eine Burka ist das genaue Gegenteil davon. Es ist pure Verachtung westlicher Werte, der Menschenrechte, und ein Zerrbild des politischen und radikalen Islam. Jeder anständige Mensch sollte dagegen sein!

    • @Tomy:

      Was ich vergessen habe: Und es ist eine Schande dass dieses Thema, wie andere kontroverse Themen, die durch Zuwanderung entstehen, grundsätzlich den Rechten überlassen werden muss!

  • Als Unsinn lässt sich das jedenfalls nicht einfach abtun. Vitamin D wird im Körper erst im Zusammenspiel mit Sonnenlicht gebildet. Vitamin D Mangel führt bei Heranwachsenden zur Rachitis, die früher auch die „englische Krankheit“ genannt wurde. Bei Erwachsenen führt Vitamin D-Mangel zur Osteomalazie (Knochenerweichung), die früher insbesondere bei Grubenarbeitern sehr gefürchtet war.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Rachitis

    • @Rainer B.:

      Genau genommen wird nicht "Vitamin D", sondern das Derivat "D3" (Cholecalciferol) gebildet, welches jedoch eigentlich als "Prohormon" bezeichnet werden müsste, nicht als "Vitamin".

       

      Um sich vor Eigen-Intoxikation zu schützen, baut der Körper überschüssiges Cholecalciferol nach wenigen Minuten über verschiedene biologisch unwirksame Stoffe wieder ab. Die Dauer der Sonneneinstrahlung spielt daher bei der Versorgung mit Cholecalciferol im Allgemeinen keine Rolle, wenige Minuten täglich sind ausreichend. Und die muss mann/frau ja nicht auf offener Straße geniessen.

       

      Verantwortlich für die Cholecalciferol-Synthese in den Hautzellen ist übrigens der UV-B Anteil des Sonnenlichtes. Also genau der Teil der UV-Strahlung, der einerseits die Bildung von Melaninen (Pigmente) anregt, welche die Cholecalciferol-Synthese bremsen, andererseits aber auch bei dauerhafter Einstrahlung die Bildung von Melanomen (Hautkrebs) fördert.

       

      Vitamin D kann heute auch als Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Als fettlösliches Vitamin kommt es natürlich in vielen Fischfetten, Leber, Eigelb, Milch und Molkereiprodukten, aber auch in einigen Speisepilzen (Champignons, Pfifferlingen, Steinpilzen) vor.

       

      Allerdings läßt sich der Jahresbedarf nur zu etwa 20% über die Nahrung decken. Daher sollte man gerade in den Sommermonaten täglich etwa 20-30 Minuten rund ein Viertel der Haut möglichst ungeschützt der Sonne aussetzen. Nicht länger, weil dann das gebildete D3 wieder abgebaut und zusätzlich die Haut geschädigt wird ("Sonnenbrand").

       

      In den Wintermonaten reicht der UV-B Anteil in Mittel- und Nordeuropa dagegen nicht zur D3-Synthese, der Organismus muss dann das im Sommer in das Fettgewebe eingelagerte "Vitamin" wieder mobilisieren.

      • @cursed with a brain:

        Korrekt.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    "Bei 30 Grad und Dauersonne lassen die Briten gerne die Hüllen fallen."

    Ui, da steigt aber das Hautkrebsrisiko.

    Nicht so bei den verhüllten Saudi-Araberinnen ...