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Neues StaatsangehörigkeitsrechtSchneller zum deutschen Pass

Einbürgerungen beschleunigen, mehr doppelte Staatsbürgerschaften gewähren: was ändert sich mit der Reform der Ampel-Regierung ab diesen Donnerstag?

Blumenschmuck bei einer Einweihungsfeier der Stadt Witten Foto: Frank Oppitz/Funke Foto Services/imago

Berlin ap | Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht tritt am Donnerstag eine zentrale Reform der Ampel-Regierung in Kraft. Sie soll Einbürgerungen beschleunigen und doppelte Staatsbürgerschaften grundsätzlich ermöglichen. Die Einbürgerung von Menschen, die nicht für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen können oder sich nicht zur freiheitlich demokratischen Grundordnung in Deutschland bekennen, wird hingegen erschwert. Ein Überblick:

Kürzere Einbürgerungsfristen

Menschen aus dem Ausland, die schon lange legal in Deutschland leben, sollen sich künftig bereits nach fünf Jahren um den deutschen Pass bewerben können. Bislang betrug die Frist im Regelfall acht Jahre. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll eine Einbürgerung künftig sogar schon nach drei Jahren möglich sein. Dies können etwa gute Sprachkenntnisse, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen in Schule oder Beruf sein.

Doppel-Pass öfters erlauben

Bislang galt bis auf Ausnahmen das Prinzip: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft abgeben. Das traf vor allem Menschen aus Staaten außerhalb der EU, insbesondere aus der Türkei und anderen „Drittstaaten“. Für Ausländer aus Ländern der Europäischen Union, den USA und anderen Nationen wurde schon jetzt eine Ausnahme gemacht. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein.

Mehr Kinder werden Deutsche

Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten.

Bekenntnis zum Grundgesetz verlangt

Das auch bisher schon verlangte Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung wird präzisiert. Die Reform stellt klar, dass „antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind.

Neu: Bekenntnis zum Schutz jüdischen Lebens

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel wurde eine weitere Passage ergänzt. Gefordert wird nun auch das Bekenntnis „zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens“. Der Fragenkatalog der Einbürgerungstests wurde entsprechend erweitert, auch zum Existenzrecht des Staates Israel.

Sprachanforderungen abgesenkt

Besondere Erleichterungen gelten für Angehörige der so genannten Gastarbeitergeneration, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. Diese älteren Migrantinnen und Migranten müssen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen, um eingebürgert zu werden. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr absolvieren müssen. Mit diesen Erleichterungen soll die „Lebensleistung“ dieser älteren Generation gewürdigt werden.

Lebensunterhalt

Grundsätzlich soll nur die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wer den Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Es gibt allerdings Ausnahmen, etwa für einstige „Gastarbeiter“, die bis 1974 nach Deutschland gekommen sind, oder frühere DDR-Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter.

Pass kann wieder entzogen werden

Schon bisher kann eine Einbürgerung nach Paragraf 35 Staatsangehörigkeitsgesetz binnen zehn Jahren etwa bei arglistiger Täuschung oder unrichtigen Angaben widerrufen werden. Die Reform stellt nun klar, dass auch unrichtige Erklärungen zum Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zur Rücknahme führen können.

Einbürgerungsfeier

Die Einbürgerungsurkunde soll grundsätzlich im Rahmen einer öffentlichen Feier ausgehändigt werden.

Wen betrifft das?

Das Bundesinnenministerium schätzt die Zahl der Menschen, die mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft in Deutschland leben, auf rund zwölf Millionen. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf.

Im Jahr 2022 haben sich laut Statistischem Bundesamt 168.545 Menschen in Deutschland einbürgern lassen, 2023 waren es dann 200.095.

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11 Kommentare

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  • Auf der Einen Seite eine gute Idee nur schlecht umgesetzt, zum Bsp.das Ding mit dem Doppelpass, ein aus meiner Sicht völlig unnötig.

    Denn ein Erdogan lässt sich somit immer wieder wählen, mit Menschen welche in Deutschland leben und hier sich Integrieren sollten, stattdessen fördert man eher eine Parallelgesellschaft.

    Migration ist wichtig und da sollten einige dinge klar geregelt sein, zum Bsp. die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit.



    Ja zur Religionsfreiheit, das ist jedem klar aber mit Anpassungen im Detail, denn die der Kultur im Land muss Rechnung getragen werden, sonst gibt es keine Integration.

    In meinem Ort (ein Dorf) ist jetzt eine Frau mit Vollverschleierung unterwegs, mit dem Ergebnis, das Deutsche einen großen bogen um diese Person machen, denn wenn man ins Gespräch kommen möchte, ist das Gesicht des gegenüber einfach wichtig, sonst gibt es keinen Dialog!

    Ohne Dialog aber keine Integration und so weiter....

  • DAVA und Erdogan finden die Regelung gut.

  • Das Existenzrecht Ruandas und Namibias als Ex-Kolonien ließe sich genauso aus der Geschichte ableiten.

    Ernsthaft: Wir sollten aufpassen, den knallharten Kampf gegen Antisemitismus - und universal gegen Diskriminierung - zu verwechseln mit einem Persilschein für Besatzung, Ungleichheit und andere Untaten Netanyahus.

  • Es ist gut, dass die Bedingungen auch so präzisiert wurden, dass der deutsche Staat auch bei Verfassungsfeinden handlungsfähig bleibt. Da gab es ja durchaus schon öfters Probleme nach der erfolgten Einbürgerung.

    • @vieldenker:

      Ergänzend und einordnend:



      Der Großteil der Verfassungsfeinde dürfte schon immer einen deutschen Pass gehabt haben.Auch deutlich nach 1945.

      • @Janix:

        Diese Ihre richtige Feststellung kann aber nicht bedeuten, bei Verfassungsfeinden unter den Zuwanderern gar nichts zu tun.

        Der Polizist Rouven Laur wurde nun einmal nicht von einem "biodeutschen" Verfassungsfeind ermordet, sondern von einem Afghanen.

        Man wird den Drang mancher Leute, wegen "der Ausländer" die AfD zu wählen, sicher nicht ändern können, wenn man die Probleme mit Teilen der hier lebenden Migranten leugnet oder herunterspielt.

        In der Verbandsgemeinde Landau-Land lebt seit 10 Jahren ein Somali, der immer wieder durch Kriminalität auffällig wird. Er saß auch schon im Knast.



        Aber die Landesregierung erklärt sich für unzuständig, daher könne der Mann nicht in eine zentralen Unterkunft verlegt werden, Und dann fügt man noch hinzu, der Kreis könne ihn ja in einem anderen Dorf unterbringen.

        Inzwischen hängt dort das erste "Somalier go Home"-Banner. Das kommt bei dieser Haltung der Behörden und der Politik heraus.

      • @Janix:

        Sie verwechseln da was. Die einen sind unser eigener Mist, den können und sollen wir nicht irgendwo anders abladen. Aber man muss ja nicht auch noch anderer Länder Arbeit übernehmen. Auch im Interesse der hierzulande lebenden Menschen mit aktuellem Migrationshintergrund ist es wesentlich besser, da eine klare Grenze zu ziehen.

  • Man kann die Reform inhaltlich für richtig halten oder auch für falsch. Falsch ist in jedem Fall der Zeitpunkt den angesichts der aktuellen Entwicklungen fragt sich der Wähler zu Recht, ob die Regierung jedes Gefühl für die wirklich wichtigen Themen verloren hat.

  • "Die Reform stellt nun klar, dass auch unrichtige Erklärungen zum Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zur Rücknahme führen können." Womöglich hat das die CDU/CSU bewogen, die Jahrzehnte gegen den "Doppelpass" Sturm lief, der Reform zuzustimmen. Denn Personen, die den Pass aus dem Herkunftsland behalten dürfen, kann man den deutschen Pass ja wieder entziehen. Also weiterhin Ausländer:innen von Inländer:innen abgrenzen. Da wird sich auch die AfD mit ihren "Remigrationsplänen" freuen, wenn die aktuelle Regierung schon mal die Weichen stellt. Und wenns so weiter geht in Deutschland, kann man dann demnächst womöglich auch den deutschen Pass aufgrund eines falschen Likes auf social media verlieren und direkt abgeschoben werden. All die AfD-Mitglieder und Sympathisanten und alle anderen freidrehenden Nazis, welche das Grundgesetz verachten und lieber heute als morgen abschaffen wollen, all jene die auf social media oder ganz handfest und analog ihren duetsch-deutschen Antisemitismus und ihren Hass auf Muslime immer offener ausleben kann man weder den Pass entziehen, noch kann man sie abschieben, sie haben ja nur einen Pass, den deutschen.

  • Das war in der Entstehungsgeschichte schon erfreulich und ist nun ein großer Schritt für eine vielfältige deutsche Gesellschaft.



    Diese Entwicklung ist nur durch die Ampel möglich geworden, mit der CDU/CSU war sie nicht möglich.

    • @Philippo1000:

      Das wird weiter die Integration vermeiden, auch wenn sie das nicht sehen wollen.