piwik no script img

Neues Gesetz zum MenschenhandelAnmeldepflicht für Prostituierte

Der Bundestag hat ein Gesetz beschlossen, das Prostituierte besser schützen soll. Kritiker befürchten, dass damit genau das Gegenteil erreicht wird.

„Sexarbeit ist Arbeit“ – Protest gegen das neue Gesetz am 13. Mai vor dem Bundesrat Foto: dpa

Berlin dpa | Kondompflicht für Freier, Gesundheitsberatung für Prostituierte, Zuverlässigkeitsprüfung für Bordellbesitzer: Der Bundestag hat am Donnerstag ein ganzes Bündel von Maßnahmen beschlossen, das Prostituierte in Deutschland besser schützen soll. Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte, das Gesetz biete den betroffenen Frauen mehr Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Zwang. Die Opposition beklagte hingegen, genau diese Ziele würden verfehlt.

Verschiedenen Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland zwischen 150.000 und 700.000 Prostituierte. Sie sind künftig verpflichtet, sich alle zwei Jahre bei den Behörden anzumelden und einmal pro Jahr zum Gesundheitsamt zu gehen. Für 18- bis 21-Jährige gelten noch kürzere Intervalle. „Diese Pflichten gelten nicht der Gängelung, sondern dem Schutz der Frauen“, erklärte Schwesig.

Doch Kritiker halten gerade die Anmeldepflicht für kontraproduktiv. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ulle Schauws, warnte: „Prostituierte werden sich nicht anmelden, und sie werden in Zukunft dann illegal arbeiten“ – und damit bleibe ihnen erst recht jeder Schutz verwehrt. Im Vorfeld hatte es Proteste gegen das neue Gesetz gegeben.

Auch die Eröffnung eines Bordells ist künftig nur noch mit Erlaubnis der Behörden zulässig – und dafür muss sich der Betreiber einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. „Wir lassen es nicht mehr zu, dass jeder, der einschlägig vorbestraft ist, ein Bordell eröffnen kann“, sagte Nadine Schön von der CDU. Für Bordelle gelten künftig gesetzliche Mindeststandards wie eine Trennung von Arbeits- und Wohnräumen oder das Verbot von Sex-Flatrates. Bei einem Verstoß gegen die Auflagen drohen den Betreibern Bußgelder von 50.000 Euro.

Mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro müssen auch Freier rechnen, wenn sie gegen die Pflicht zur Benutzung eines Kondoms verstoßen. Dadurch sollen Prostituierte besser vor übertragbaren Krankheiten geschützt werden. Wer wissentlich die Dienste einer Zwangsprostituierten in Anspruch nimmt, muss sogar mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren rechnen. Das sieht ein Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels vor, das am späten Nachmittag ebenfalls verabschiedet wurde.

Danach müssen Freier von Zwangsprostitution ausgehen, wenn die Frau Verletzungen aufweist, eingeschüchtert wirkt oder wenn Zweifel an der Freiwilligkeit ihres Handelns bestehen. Zudem ist der Nachweis der Zwangsprostitution künftig nicht mehr von der Aussage des Opfers abhängig. Damit soll verhindert werden, dass die betroffenen Frauen ihre Aussage unter dem Druck von Zuhältern zurückziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ulle Schauws, hat vermutlich recht mit ihrer Warnung. Dieses Gesetz ist ein Signal. Es besagt, dass vom Staat nur der bzw. die geschützt wird, der bzw. die sich permanent überwachen lässt von ihm. Dass ausgerechnet Prostituierte einen solchen Schutz in Anspruch nehmen werden, ist tatsächlich unwahrscheinlich. Dazu gibt es noch iel zu viele Vorurteile in der Bevölkerung, auch und gerade unter den Beamten. Der Staat kann seine Verantwortung also gar nicht eleganter los werden als mit dieser Neuregelung. Auch eine Art von Frauenfeindlichkeit.

     

    Übrigens: Würde Prostitution tatsächlich neuerdings als (fast) gleichwertiger Wirtschaftszweig gewertet werden, dessen Ertrag man steuerlich anzapfen darf zugunsten einer Gesellschaft, die sie verachtet, müsste die aktuelle Bundesregierung eigentlich auch hier eher auf Freiwilligkeit und Selbstverantwortung setzen. Das tut sie bei den Sicherheitsdiensten und bei den Autobauern schließlich auch. Mit einem Ergebnis übrigens, das nicht wirklich präsentabler ist.