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Neues Erneuerbare-Energien-GesetzDeutlich mehr Ökostrom geplant

Um die Klimaziele zu erreichen, sollen mehr Windräder und Solaranlagen gebaut werden. Ein Gesetzentwurf nennt nun Details.

Soll künftig wieder häufiger passieren: Bau eines Windrads, hier in Brandenburg Foto: Paul Langrock/Zenit

Berlin taz | Vor knapp einem Jahr hat die Große Koalition ihre Klimaziele für das Jahr 2030 vorgelegt: Bis dahin sollen mindestens 65 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Jetzt hat das von Peter Altmaier (CDU) geführte Wirtschaftsministerium in einem Entwurf für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes klargestellt, wie dieses Ziel erreicht werden sollen.

Der Entwurf, der der taz exklusiv vorliegt, sieht vor, vor allem den Ausbau der Windenergie an Land deutlich zu steigern: Im Schnitt sollen in den Jahren 2021 bis 2028 jeweils Anlagen mit einer Leistung von 4 Gigawatt (GW) errichtet werden, wobei der Wert von 2,9 GW im Jahr 2022 auf 5,8 GW im Jahr 2028 steigt. Zum Vergleich: Derzeit liegt das jährliche Ausbauziel bei 2,9 GW, tatsächlich gebaut wurden im vergangenen Jahr aber nur Anlagen mit einer Leistung von gut 1 Gigawatt.

Neu im Gesetzentwurf: Wenn Windkraftanlagen in einem Jahr nicht gebaut werden, erhöht sich in den Folgejahren die Obergrenze um diese Zahl. Voraussetzung für den gesteigerten Ausbau ist dem Gesetzentwurf zufolge allerdings, dass im Artenschutzrecht mehr Ausnahmen für Windenergie festgelegt werden – das aber ist zwischen den Ländern und dem Bundesumweltministerium noch nicht entschieden.

Neu eingeführt wird zudem eine Regelung, die mehr Windräder auch an weniger ertragreichen Standorten vor allem im Süden Deutschlands rentabel machen soll. Um die Ausweisung von Gebieten attraktiver zu machen, erhalten Gemeinden, in denen die Anlagen errichtet werden, künftig eine Beteiligung an den Einnahmen.

Einen leichten Anstieg des geplanten Ausbaus gibt es bei der Solarenergie: Hier soll die jährlich ausgeschriebene Leistung für Anlagen auf Freiflächen und großen Gebäuden von 2,1 Gigawatt im Jahr 2021 auf 2,8 GW im Jahr 2028 steigen; dieser Wert lag für das Jahr 2018 noch bei 1 Gigawatt. Dazu kommen kleine Dachanlagen, die wie bisher über feste Einspeisesätze vergütet werden. Insgesamt soll damit ein jährlicher Zuwachs von 4,6 bis 5,6 GW erreicht werden. Zum Vergleich: Das aktuelle Ausbauziel liegt bei 2,5 Gigawatt, tatsächlich gebaut wurden 2019 knapp 4 GW.

Das Gesetz ist vom Wirtschaftsministerium am Montag zur Abstimmung in die anderen Ministerien geschickt worden. Geplant ist, es noch im September im Kabinett zu verabschieden und anschließend in den Bundestag einzubringen, so dass es zum Jahreswechsel in Kraft treten kann.

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) stellte am Montag Forderungen für den weiteren Ausbau vor. Bei den Windrädern an Land liegt die Forderung des Verbands mit 4,7 Gigawatt pro Jahr nur etwas höher als die Ziele des Wirtschaftsministeriums. Bei der Solarenergie fordert der BEE mit 10 Gigawatt pro Jahr dagegen mehr als doppelt so viel wie im Gesetzentwurf vorgesehen. Anders als das Wirtschaftsministerium geht der Verband davon aus, dass der Stromverbrauch bis 2030 deutlich steigt, weil Verkehr, Heizungen und Industrieprozesse zunehmend auf Strom umgestellt werden.

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7 Kommentare

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  • Wenn die goldene Mitte 4 Gigawatt laut dem Gesetzentwurf, wie angepriesen , auch annährend erreicht wird, dann hätten wir ja genug Schwung auch bis 10 zu kommen.

    Was würden die schwarzen Schafe da noch an Ökostrom zu beklagen haben, wir sind schon näher an Umweltschutz interessiert als Profit zu erzielen.., scheinbar.

  • Was Altmaier vor 10 Jahren noch selbst gestoppt hat, preist er nun, für kapitalstarke Player getuned, als Lösung, nachdem viele Mittelständler nicht mehr an die Investitionssicherheit in diesem Bereich glauben sollten, wollten und konnten. Zeigt mir ein Land auf der Welt, in dem Windräder mehr als drei Mal weiter entfernt als Müllverbrennungsanlagen von Wohnhäusern entfernt sein müssen.

    Man könnte so einen Hals kriegen, wenn man ihn nicht schon hätte. Wenigstens hat sich der BBE bis heute nicht desillusionieren lassen. Das sind Lobbyisten, denen ich noch einen Blumenstrauß schicken muss.

  • Und? "Deutlich mehr" heißt immer noch nicht, Klimaziele würden erreicht oder noch besser übertroffen. Das CO2-Emissionen-Budget würde überstiegen. Mit der Natur lässt sich aber nicht verhandeln - auch nicht über ein größeres CO2-Emissionsbudget noch über ein Aussetzen von Klimakipppunkten.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an -

    “ Mehr Wind wagen: taz.de/Neues-Erneu...n-Gesetz/!5710765/



    100.000 Tonnen Sondermüll wollen entsorgt werden: taz.de/Neues-Erneu...-Gesetz/!5710765/“

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    "Neu eingeführt wird zudem eine Regelung, die mehr Windräder auch an weniger ertragreichen Standorten vor allem im Süden Deutschlands rentabel machen soll. Um die Ausweisung von Gebieten attraktiver zu machen, erhalten Gemeinden, in denen die Anlagen errichtet werden, künftig eine Beteiligung an den Einnahmen."

    So vollkommen erschließt sich mir der Sinn dieses Absatzes nicht. Außer, technisch gesehen, in eher windarmen Gebieten immer noch größere Windkraftungetüme zu errichten; nebst noch höherer Subventionen, die den fehlenden Wind dann zumindest betriebswirtschaftlich ausgleichen.

    Und die Gemeinden im Süden, beispielsweise hier an der südhessischen Bergstraße, sie sind eher wohlhabend, werden im Zweifel und ehe die hessische Landesregierung aus Grünen und CDU auch hier die Hügel des Odenwald mit Windrädern zustellt, auf diese "Einnahmen" verzichten (können).

    • 0G
      05838 (Profil gelöscht)
      @90857 (Profil gelöscht):

      Wo überwiegend die Schönen und die Reichen leben, da wird es natürlich Ausnahmeregelungen geben. So läuft's business.