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Neuer Schlag gegen den Green DealEU-Kommission zieht Gesetz gegen Greenwashing zurück

Eigentlich wollte die EU Verbraucher vor Greenwashing schützen. Doch die Kommission zieht ihren Vorschlag nun zurück – auf Druck der Konservativen.

Umweltbewusste Verbraucher kaufen gerne Produkte, die das Klima schützen Foto: Unai Huizi/imago

Brüssel taz | Es war eine wichtige und verbraucherfreundliche Maßnahme des europäischen „Green Deals“ für den Klimaschutz. Doch nun hat die EU-Kommission ihren Gesetzesentwurf zu „Green Claims“, den oft irreführenden „grünen“ Werbeversprechen, in letzter Minute zurückgezogen. Da sie über das alleinige Vorschlagsrecht verfügt, ist der Plan damit beerdigt.

Eine Begründung für das ungewöhnliche Vorgehen hat die Brüsseler Behörde nicht gegeben. Ein Kommissions-Sprecher wollte nicht einmal verraten, ob die Entscheidung auf Weisung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) erfolgte, oder auf die eigentlich zuständige Umweltkommissarin Jessika Roswall zurückgeht.

Bemerkenswert sind auch die Umstände des Rückziehers. Am Montag sollte die finale Verhandlungsrunde stattfinden. Damit wäre die Gesetzgebung abgeschlossen, die Richtlinie hätte in Kraft treten können. Allerdings hatte die konservative Europäische Volkspartei, in der der CSU-Politiker Manfred Weber den Ton angibt, Einspruch eingelegt.

Die EVP macht bereits seit zwei Jahren Front gegen den „Green Deal“, etliche Umwelt- und Klimagesetze der EU hat sie schon aufgeweicht. In der vergangenen Woche hatte die konservative Parteienfamilie, der auch von der Leyen angehört, einen Brief an die EU-Kommission geschickt und den Rückzug der „Green Claims“-Richtlinie gefordert.

EVP sagt: alles kein Problem

Dem leistet die EU-Behörde nun Folge. Damit fällt eine der verbraucherfreundlichsten Maßnahmen des „Green Deal“ dem konservativen Rollback zum Opfer. Das EU-Gesetz sollte Umweltaussagen zuverlässig, vergleichbar und überprüfbar machen, Verbraucher vor Greenwashing schützen und helfen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.

Nach Angaben der EU-Kommission sind 53 Prozent der „grünen“ Werbeversprechen „vage, irreführend oder unbegründet“. Die Hälfte der Öko-Etiketten lässt sich kaum oder gar nicht verifizieren. Zudem sind die Regeln sehr vielfältig und verwirrend. In den 27 EU-Ländern gibt es 230 Nachhaltigkeitssiegel und 100 Energiesiegel. Das EU-Gesetz sollte für Ordnung sorgen – daraus wird jetzt nichts.

Nach Ansicht der EVP ist das jedoch kein Problem, ganz im Gegenteil: „Die geplanten Regelungen waren unverhältnismäßig komplex, hätten einen hohen bürokratischen Aufwand verursacht und hätten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stark belastet“, sagte Andreas Schwab (CDU), der zuständige Sprecher der EVP-Fraktion.

Die für das Gesetz zuständige Verhandlungsführerin des Parlaments, Delara Burkhardt (SPD), möchte das Vorhaben trotz der Kehrtwende der Kommission abschließen. „Wir sehen es als politischen Affront, sich so kurz vor Abschluss der Verhandlungen in die Arbeit des Parlaments und der EU-Staaten einzumischen“, sagte sie.

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1 Kommentar

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  • Die CSU und die EVP möchten halt die Industrie vor Vorschriften schützen, welche die möglichst reibungslosen Geschäfte weiterhin sichert.

    Der "Verbraucher" soll konsumieren und sich dabei gut fühlen. Er soll denken, dass er etwas Gutes für die Umwelt tut, wenn er ein bestimmtes Produkt mit einem Wischi-Waschi-Öko-Siegel kauft.

    Das ist "Verbraucherschutz" wie ihn sich die Konservativen vorstellen.

    Ich drücke Delara Burkhardt (SPD) die Daumen, dass das Gesetz trotz der Widerstände doch noch verabschiedet wird.