Neuer Prozess gegen IS-Rückkehrerin: Damals im Kalifat
Der zweite Prozess gegen Omaima A.ist gestartet. Die Witwe von Denis Cuspert soll Beihilfe zur Versklavung von Jesid:innen geleistet haben.
Erst die hartnäckige Recherche einer libanesischen Journalistin brachte knapp drei Jahre nach ihrer Rückkehr Ermittlungen der deutschen Behörden in Gang. Denn Fotos zeigten, wie die in Hamburg geborene Deutsch-Tunesierin ein munteres Leben in den Gebieten der Terrorgruppe führte – und damit aktives und unterstützendes Mitglied des IS war.
Auch ihre Kinder fotografierte A. in der Zeit in Syrien – mal in Kampfmontur mit IS-Logo, mal mit einer Waffe in der Hand oder auf dem Schoß verschiedener IS-Anführer.
Die Folge: Wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung war sie im vergangenen Jahr zu einer dreieinhalbjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Seit Donnerstag muss sich A. erneut vor dem Oberlandesgericht verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihr Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Dabei geht es um zwei Jesidinnen, die vom IS versklavt wurden. A. habe das nicht nur gebilligt, sondern unterstützt: Sie ließ die Jesidinnen für sich im Haushalt schuften.
Nur den Haushalt geführt
Im Laufe des ersten Prozesses präsentierte sie sich als naive, bedauernswerte Ehefrau und Mutter, der es nicht darum ging, den IS und seine islamistische Ideologie zu unterstützen. Sie sei mit den Kindern doch schlicht ihrem Ehemann hinterhergereist, der aus Frankfurt/Main in den Krieg gezogen war.
Als er starb, heiratete sie den nächsten IS-Schergen: Den aus Berlin stammenden Ex-Rapper Denis Cuspert alias Deso Dogg. Für beide habe sie lediglich den Haushalt geführt. Auch Cuspert ist laut Bundeskriminalamt tot.
Eine der vielen vom IS versklavten Jesidinnen schilderte bereits im ersten Prozess ihre Leidenszeit in den Händen des IS – und wie sie Omaima A. begegnete. Die Frau des IS-Kämpfers, bei dem sie leben musste, habe sie eines Tages zu einem Besuch bei der Angeklagten mitgenommen.
Dort, im syrischen Rakka, musste sie die Wohnung von A. putzen, während sich die befreundeten IS-Frauen nett unterhielten. Die heute 36-jährige Omaima A. hörte ihren Schilderungen seinerzeit gelassen im weißen Blazer mit goldenen Knöpfen und rotem Lippenstift zu. Ganz nach der Devise: War was?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe