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Neuer Präsident des BundesgerichtshofsKämpfer für den Rechtsstaat

Klaus Tolksdorf wurde als Richter mit ausgewogenen Urteilen in Terror-Prozessen bekannt. So stufte er die "militante gruppe" aus Berlin nicht als terroristische Vereinigung ein.

"Neutral bis zur Farblosigkeit": Klaus Tolksdorf, 57 Jahre, parteilos. Bild: dpa

BERLIN taz Nach langem Zögern hat die CDU/CSU doch zugestimmt. Richter Klaus Tolksdorf wird Präsident des Bundesgerichtshofs (BGH). Am Mittwoch wird ihn Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) dem Kabinett vorschlagen.

"Die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus darf kein wilder, ungeregelter Krieg sein": Mit dieser Werbung für den Rechtsstaat wurde Tolksdorf 2004 bekannt. Er sprach den Satz als Senatsvorsitzender im Prozess gegen den mutmaßlichen Terrorhelfer Mounir al-Motassadeq. Damals hob der BGH die Verurteilung des Islamisten durch ein Hamburger Gericht auf. Die Vorinstanz hätte die Beweise vorsichtiger bewerten müssen, so Tolksdorf, weil wichtige Zeugen und ihre Aussagen von den USA gesperrt waren. Mit dieser Entscheidung wurde Tolksdorf zur Symbolfigur für einen besonnenen Umgang mit dem Terrorismus, und es folgten weitere Urteile, die diesen Ruf festigten. So erklärte sein 3. Strafsenat im Februar 2007 die heimliche Ausspähung von Computern für illegal, weil es keine Rechtsgrundlage gebe. Und jüngst stufte er die "militante gruppe" aus Berlin von der terroristischen zur kriminellen Vereinigung herab, weil Brandanschläge ohne Personenschaden keine ernsthafte Gefahr für den Staat bedeuteten.

In der Union machte er sich so wenig Freunde. Auch die Aufhebung des Freispruchs für Bankchef Ackermann im Mannesmann-Verfahren sorgte für Kontroversen. Viele Beobachter hielten deshalb einen Spiegel-Bericht für plausibel, wonach Generalbundesanwältin Monika Harms ihren CDU-Parteifreunden von Tolksdorf abgeraten habe. Die Personalie wurde zum Politikum. Harms weist diese Darstellung aber vehement zurück.

Tatsächlich ist Tolkdsorf alles andere als ein liberaler Heißsporn, vielmehr stets um ausgewogene Lösungen bemüht. Jüngstes Beispiel: Obwohl die "militante gruppe" nun nicht mehr als terroristische Vereinigung gilt, beließ Tolksdorf der Bundesanwaltschaft die Zuständigkeit - wegen der "besonderen Bedeutung des Falles". So wurde zwar die Stigmatiserung der militanten Linken zurückgenommen und drei Haftbefehle wurden aufgehoben, aber die Arbeit der Ermittler nicht ernsthaft behindert. Das Handelsblatt schrieb über Tolksdorf, er sei "neutral bis zur Farblosigkeit". Auf Neutralität kam es durchaus an, denn nach einem Deal zwischen SPD und Union sollte der BGH-Präsident mit einem Juristen besetzt werden, der keinem Lager zuzurechnen ist. Die Union bekam das Vorschlagsrecht für den deutschen Richter am Europäischen Gerichtshof und setzte Thomas von Danwitz durch, während die SPD Peter Masuch zum Präsidenten des Bundessozialgerichts machte.

Der 59-jährige Tolksdorf ist parteilos. Als BGH-Präsident wird er vor allem repräsentative Reden halten und das Gericht mit seinen 127 Zivil- und Strafrichtern managen. Den Vorsitz im 3. Strafsenat, dem Staatsschutzsenat, muss er aufgeben. Vielleicht hat dies der Union die Zustimmung zur Beförderung erleichtert. Dafür hat Tolksdorf nun großen Einfluss bei Personalien und kann auch seinen Nachfolger an der Spitze des 3. Senats vorschlagen.

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