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Neuer Posten für Ex-KanzlerSchröder verteidigt Rosneft-Angebot

Ex-Kanzler Gerhard Schröder sagt, seine Ambitionen bei dem russischen Ölkonzern schadeten der SPD nicht. Özdemir wirft der SPD „Putin-Nähe“ vor.

Wenn er gewählt wird, will Gerhard Schröder den Rosneft-Posten trotz Kritik annehmen Foto: dpa

Berlin taz | Ex-Kanzler Gerhard Schröder geht in die Offensive und verteidigt seine Überlegung, beim russischen Ölkonzern Rosneft einen gut bezahlten Job zu übernehmen. „Ich glaube nicht, dass ich mit dem Mandat meiner Partei schade“, sagte Schröder der Schweizer Zeitung Blick. „Ich werde mich zur Wahl stellen, trotz aller Kritik, die ich für falsch halte.“

Schröder will Aufsichtsrat bei dem Unternehmen werden, das wegen der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim mit EU-Sanktionen belegt ist. In der SPD hatten die Ambitionen des Ex-Kanzlers, der schon für die russische Gazprom tätig war, für große Irritationen gesorgt. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatte sich von ihm distanziert: „Ich würde es nicht tun.“

Schröder entgegnete: „Jeder muss selber wissen, was er sagt.“ Er werde Martin Schulz' Wahlkampf trotzdem unterstützen, wenn er das wolle. Schröder hatte auf dem SPD-Parteitag im Juni eine viel bejubelte Rede gehalten – nachdem ihn Schulz um den Auftritt gebeten hatte.

Er argumentierte weiter, die Deutschen hätten großes Interesse an vernünftigen Beziehungen zu Russland. Er glaube auch, „dass es den Rosneft-Arbeitnehmern in Deutschland und den Gewerkschaften nicht unwohl ist, wenn ein Deutscher an wichtiger Stelle mit dabei ist“, sagte Schröder. Das Erdölunternehmen hat in Deutschland nach Angaben der Schweizer Zeitung Tausende Angestellte. Sein Salär bezifferte Schröder auf rund 350.000 Dollar, das sind knapp 298.000 Euro.

Özdemir: „Kumpanei mit Putin“

Scharfe Kritik kam von den Grünen und der CDU. „Jetzt rächt sich die Putin-Nähe der Sozialdemokratie“, sagte Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir der taz. „Sie findet keine klare Absage an die Kumpanei mit Putin.“ Er frage sich, ob Martin Schulz das Problem erkannt habe, wenn er erkläre, dass er keine Jobs in der Privatwirtschaft annehmen wollen würde, betonte Özdemir. „Nicht die Privatwirtschaft ist das Problem der SPD, sondern die Verbindung zur russischen Staatswirtschaft.“

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Rosneft ist nicht nur ein Unternehmen, es ist vor allem Kernbereich des Machtsystems Putin. Die Mitwirkung eines früheren Bundeskanzlers ist darum alles, nur keine Privatangelegenheit.“ SPD-Kanzlerkandidat Schulz hatte zuvor gesagt, Schröders Pläne seien seine Privatsache und hätten mit der Politik der SPD nichts zu tun.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer äußerte Kritik. Er sei zwar selbst sehr an guten Beziehungen zu Russland interessiert, sagte Seehofer der FAZ. Doch mit dem neuen Posten mache Schröder einen Fehler. „Das Ganze hat ein Geschmäckle, weil private wirtschaftliche Interessen und Politik vermischt werden.“

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen betonte die Distanz Schröders zur SPD. „Gerhard Schröder ist seit vielen Jahren kein Politiker mehr und konsultiert die SPD nicht, bevor er Entscheidungen trifft“, sagte Annen der taz. „Der Versuch, die berufliche Entscheidung eines Privatmanns zu einem Wahlkampfthema zu machen, ist zu durchschaubar, um verfangen zu können.“

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9 Kommentare

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  • 3G
    35730 (Profil gelöscht)

    Da hinter den NATO-Plänen, Deutschland von Russland abzuschneiden energiewirtschaftliche Interessen stehen, handelt Schröder mutig, zukunftsweisend und im Sinne des europäischen Friedens für die nächsten Generationen. Jeder, der sich in den Mainstream der Völkerspaltung einreiht, sollte sich die mahnenden Reden Raus, Schmidts oder Putins im Bundestag in Erinnerung rufen. https://www.youtube.com/watch?v=9jyLQmyg9hs

    Dass sich die SPD von Schröder distanziert, entledigt Schröder davon, sich von der spalterischen SPD zu distanzieren. Von dieser Partei unabhängig aber medienwirksam eine europäische Wirtschaftspolitik zu betreiben ist nicht nur klug, sondern findet auch einzig auf dem Fundament des sozialdemokratischen Erbes statt.

  • Schröder und die SPD, das war in den späten Kanzlerjahren ohnehin bedeutungslose Folklore, Schröder könnte genauso gut ein CDU-Mann sein. Dass er offenbar unkritisch gut bezahlte Jobs annimmt ist nicht verboten, ob es moralisch verwerflich ist hat keine Bedeutung mehr, da er weder in Amt und Würden noch ein relevanter politscher Akteur mehr ist.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Wenn es ums Geld geht, vertreten CDU und SPD die gleichen Interessen. Seit Schröders Kanzlerschaft ist die SPD eine unternehmerfreundliche Partei geworden und nur das. Das gilt aber auch für die anderen sozialdemokratischen Parteieen Europas. Fast die gesamte PS ist in Frankreich zu dem Banker Macron übergelaufen, der ehemalige sozialistische Aussenminister Roland Dumas hatte jahrelang mit der Kreditkarte des staatlichen Ölkonzerns Total bezahlt und in Spanien sitzt Don Filipe Gonzales im Vorstand des Ölgiganten Repsol, der vor allem in Venezuela die Post-Maduro-Ära vorbereitet.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Öhm Die Linke ist unternehmerfeindlich? Hätte zwar einige ganz gern, aber wo sie an der Regierung ist, ist sie ebenfalls unternehmerfreundlich.

  • Das Problem scheint nur die Putinnähe zu sein. Dass sich Schröder in Zeiten des Klimawandels immer noch für fossile Energieträger stark macht, scheint niemanden in der Politik zu stören.

    Schade.

  • Was ist da noch zu kommentieren..? Der `ALTE´.. Herr Schröder , handelt friedlich und weitsichtig ! Ihn somit , von seiten EU und BRD Politik , von der NATO her , als unmoralisch zu nennen ... mag im Lichte des neuen Kalten Krieges gegen Russland stimmen !

    Aber? Der "neue Kalte Krieg" gegen Russland , der durch trickreiche Machtmanipulationen von USA/EU/NATO in den Ukraine entstand , der so zu "Nova Russia" in den Ostukraine führte , der zum demokratischen Bekenntnis der Krim zu Russland führte... hat m.E. jegliche moralische Kraft verloren ! .. und ist nur noch sichtbar als art neoliberal/ökonomischer/kultureller Schutzwall des westlichen imperialen Egoismus ! .. Ich meine bei Herrn Schröder ist eine Haltung im Sinne des "WORLD FIRST" festzustellen ! Und Gas ist doch ökologisch verträglicher als Atomkraft, Ölheizung und Kohle ? Cem Özdemir und die anderen Kalten Krieger bei den GRÜNEN sollten mehr im Sinne zivilgesellschaftlicher friedlicher Lebensinteressen argumentieren!

  • 0G
    0371 (Profil gelöscht)

    Ich mag Schröder nicht. Genausowenig mag ichseine Nebenjobs, mit denen er seine karge Rente aufbessert. Aber dass sich bestimmte Politiker, allen voran aus der CDU, nun so über ihn echauffieren, empfinde ich als Heuchelei in höchster Vollendung: Was ist denn mit dem Gemäckle in Verbindung mit den Abgasskandalen der Autoindustrie und die Nähe einiger Politiker zu ihr? Nur

    als ein Beispiel...

  • Ein Jahressalär von 298.000 € für einen Direktor im Aufsichtsrat hört sich nach deutschen Maßstäben zunächst mal nicht sittenwidrig hoch an. Leider hat sich Schröder nicht zu den damit verbundenen konkreten Leistungen, die von ihm erwartet werden, geäußert.

     

    Vielleicht gelingt es einem investigativ tätigen Medium, Einblick in die Stellenbeschreibung zu nehmen, um nicht auf die eher nichtssagenden Verlautbarungen von Putin, Rosneft und Schröder angewiesen zu sein!