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Neuer PR-Berater für SPD-ParteichefSiggis schwarze Socke

Ein Ex-Christdemokrat soll Sigmar Gabriel wieder in die Erfolgsspur bringen. Thomas Hüser wurde ausgerechnet von Bodo Hombach empfohlen.

So relaxed wird Thomas Hüser für den SPD-Chef nicht arbeiten können, dafür sind dessen Popularitätswerte zu schlecht Foto: imago/MITO

Berlin taz | Thomas Hüser ist derzeit schwer beschäftigt. Zu den Kunden seines Medienbüros gehören der Essener Unternehmensverband, Thyssengas und eine große Leiharbeitsfirma. Dem Bistum Essen dient der 44-jährige PR-Berater als Sprecher des bischöflichen Rates für Wirtschaft und Soziales. Jüngst hat Hüser eine ganz besondere Herausforderung angenommen: Als – laut Selbstbeschreibung – „Schwarzfußindianer bei den Rothäuten“ berät er nun auch den angeschlagenen Sigmar Gabriel.

Hüser soll mithelfen, die SPD wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Eine Herkulesaufgabe: In den Umfragen dümpelt die Partei konstant zwischen 23 und 25 Prozent, liegt damit also noch unter ihrem schlechten Ergebnis bei der vergangenen Bundestagswahl. Auch die persönlichen Werte für Gabriel sind ein Desaster.

Dass sich der SPD-Chef ausgerechnet Hüser als Berater auserkoren hat, überrascht auf den ersten Blick. Denn bis vor kurzem war der gebürtige Gladbecker noch Mitglied der CDU. „Gabriel wird beim nächsten Mal wieder 20 plus x einfahren“, schrieb er im Dezember 2014 auf Facebook. „Und das ist gut so.“

Eine Empfehlung von Bodo Hombach soll Hüser den Weg an Gabriels Seite geebnet haben. Der einstige Kanzleramtsminister, berühmt und berüchtigt als rechtssozialdemokratischer Strippenzieher, ist ein Duzfreund Hüsers, der zum Vorstandsstab der von Hombach aufgebauten Brost-Stiftung der WAZ-Erben gehört.

Aus der CDU ist Hüser ausgetreten, der guten Ordnung halber.

Mit Blick auf seine Beratertätigkeit ist Hüser im Mai aus der CDU ausgetreten, „der guten Ordnung halber“. Inhaltliche Gründe für seinen Austritt sind nicht bekannt. Der SPD empfiehlt er Altbekanntes: Sie müsse „die gelähmte Mitte aktivieren“. Die Sozialdemokraten sollten „neuen Sinn stiften, die Zukunft anpacken, neue Visionen für Deutschlands Zukunft entwickeln“, heißt es in seinem am Montag veröffentlichten Gastkommentar in der Welt. Konkret schlägt er Steuersenkungen vor. Selbstverständlich hält Hüser nichts von Rot-Rot-Grün, der zurzeit einzig denkbaren Alternative zur Großen Koalition.

Warum holt sich Gabriel ausgerechnet einen konservativen Phrasendrescher? Dafür gibt es nur eine logische Erklärung: Die Personalie deutet darauf hin, dass er jegliche Hoffnung auf einen Regierungswechsel nach der Bundestagswahl 2017 aufgegeben und sich mit der Rolle des Juniorpartners arrangiert hat.

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22 Kommentare

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  • CDU-WAZ-Gruppe-Unternehmerverband-SPD: Über solche Verbindungen muß man sich nun wirklich nicht mehr wundern. Mich wundert eigentlich bloß, daß es überhaupt noch jemanden wundert. Zutreffender wäre es doch, zu berichten: "Folgerichtig stellte der SPD-Vorsitzende einen PR-Berater von der CDU ein ..." Die SPD ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr links - und sie wird es auch nie wieder werden. R2G wird nie kommen, die SPD will es gar nicht. Es ist vollkommen überflüssig, sich darüber immer wieder neu zu wundern und sterndeutend herumzukommentieren: Die SPD ist rechts und besorgt das Geschäft des Kapitals, indem sie in die Bresche springt, wenn die Konservativen gerade mal im Abwind sein sollten. Als vermeintlich "linke" Partei kann sie dann umso besser "soziale Einschnitte" durchsetzen. (Hey, wir sind alle "sozial", also gesellschaftlich, das ist unser einziges Kapital, und da will ich keine "Einschnitte"!)

  • Ist doch konsequent: wenn Gabriel Rot-Rot-Grün als einzige realistische Option auf eine SPD-Kanzlerschaft ausschließen will - bei allen Schwierigkeiten, die diese Dreierkombination auch mit sich bringen würde, ist es doch konsequent, die SPD weiter auf "CDU-Klon" zu trimmen, letztlich sind es dann nur noch 2 Flügel einer Partei.Mehr unter anderem zur SPDCDUCSUGRÜNEN "Einheitspartei" und zur deutschen Medienkonzentration, die die Verblödung vorantreibt, bei Volker Pispers, z.B. hier: https://www.youtube.com/watch?v=xwsPyMNucDI

  • Dieses Internum geht niemanden etwas an; Ganz normaler Vorgang zwischen CDU und ihrer rot lackierten Sparte.

  • Thomas Hüser wird als neuer Bodo Humbug Gabriels Chancen auf die goldene Ananas auch nicht wesentlich verschlechtern können. Für Gabriel ist dies allemal Anlass genug zu einem Arbeitsauftrag.

  • Sehe ich das richtig? Wir leben in einem Land, welches nach Sympathie entscheidet, wer die verantwortungsvollen Stellen besetzt. Sprich, wer sich den besseren PR Berater krallt wird Chef? Aua. Ok. das ist mir natürlich schon lange klar. Auch dass das alles eine Soße ist. Und wenn die jetzt noch munter die PR Berater tauschen wird's komplett lächerlich.

  • "Ein Ex-Christdemokrat soll Sigmar Gabriel wieder in die Erfolgsspur bringen...."

     

    Wieso "wieder" ?

    • @lichtgestalt:

      Es überrascht zutiefst, dass diese unangemessene Frage ausgerechnet von einem Traumatänzer gestellt wird. Man muss doch schon von Dummheit geblendet sein, um des Kaiser Gabriels neues Siegergewand nicht zu erkennen.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Nicht verkehrt und passend zu Gabriels Vorhaben. Andererseits unternimmt er wirklich alles, um einem linken Gegenkandidaten das Feld zu bereiten. Keiner der Befürwörter von R2G wird später das eigene Versagen vor der Verantwortung auf Gabriel abwälzen können.

  • "Warum holt sich Gabriel ausgerechnet einen konservativen Phrasendrescher? Dafür gibt es nur eine logische Erklärung: Die Personalie deutet darauf hin, dass er jegliche Hoffnung auf einen Regierungswechsel nach der Bundestagswahl 2017 aufgegeben und sich mit der Rolle des Juniorpartners arrangiert hat."

     

    Das ist schön formuliert und sicherlich die erste richtige These dazu. Nummer zwei ist das sonderbar, treue Bekenntnis der SPD zu ihrer Agenda-Politik.

     

    In einer kurzen Vulgärvariante lautet diese so: Oben ist gut, leistungsfähig, deutlich noch staatlich zu fördern (am Besten ganz ohne Steuern - eine Art Monaco für 3 Prozent der Bevölkerung), unten ist schlecht, zu pisacken und zu bestrafen, am Besten mit Jobcenter, Polizei und hohen Steuern, damit diese Lausebengel nicht nach Oben ausbrechen. Und klar, von der Mitte spricht man, ansonsten hält man hier schön Distanz und kassiert hier noch mehr Steuern, schließlich muss ja jemand bezahlen und hier liegen die Schätze, hier ist es unklar und hier kann man eigentlich tun, was man will, jedenfalls drei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl.

     

    Diesen Rap beherrscht Hüser - da besteht überhaupt kein Zweifel. Fragt sich nur, ob die SPD das überhaupt braucht und wenn schon dann von externer Seite? Das ist zu fragen, weil es ja schon eine CDU (und FDP) gibt.

     

    FAZIT: Der SPD ist nicht zu helfen, weil sie keine Hilfe will und man kann denen keine Jugendstrafe mit Sozialpädagogen verpassen, weil Parteien bei Wahlen bestraft und diszipliniert werden - im Falle der SPD, ohne Erfolg seit gut zehn Jahren, wie ich meine.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Andreas_2020:

      Es gibt noch die Erklärung, dass man als sozialdemokratische Partei sich neoliberal orientieren *muss*, weil nur so die Wahlen gewonnen werden (wg. Medien?) und man (mit)gestalten kann (weniger soziale Grausamkeiten, evtl. kleine Verbesserungen). Erfunden wohl von Demokraten in den USA und übernommen von New Labour und Neue-Mitte-SPD.

      Für die Behauptung, dass man in einer Gesellschaft geprägt durch soziale/berufliche Atomisierung und "consumerism", mit traditionellen linken Themen keine Wahlen gewinnen kann, wird immer noch die Niederlage der Labour Party in 1983 angeführt. Ist schon über 30 Jahre her. Seitdem hat's keiner richtig versucht.

      • 2G
        24636 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        Ypsilanti hat es versucht.

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @24636 (Profil gelöscht):

          Und gescheitert. Lokal gesehen ist die schottische SNP erfolgreich, aber lokal ist die SPD auch ein Riese.

          • 2G
            24636 (Profil gelöscht)
            @10236 (Profil gelöscht):

            Sie hat die Wahlen mit einer linken Agenda gewonnen. Gescheitert ist sie innerparteilich und daran, dass sie zu wenig Rückendeckung außerhalb der Partei bekam. Da braucht man auch nicht in andere Länder schauen, denn das strategische Geschick der Linken in Deutschland wird sich dadurch nicht bessern. Ypsilanti ist das beste Beispiel, dass man noch so gute Politiker haben kann, man für emanzipative Politiken aber auch den Druck aus der Zivilgesellschaft braucht. Deren Versagen gerät bei diesen Fragen gern aus dem Blick.

            • 1G
              10236 (Profil gelöscht)
              @24636 (Profil gelöscht):

              Andrea Ypsilanti kann als kleines Beispiel dafür stehen, was passieren kann, wenn eine linke Mehrheit angestrebt wird. Medial, innerparteilich und konkret politisch. Ist wohl heutzutage auf Landesebene (auch im Westen?) Wurscht, aber schon bezeichnend, dass 2013 eine linke Mehrheit vorhanden war und keiner hat die Hand ausgestreckt. Wobei bei dieser SPD ist natürlich die Benutzung des Adjektivs "links" eine Falschetikettierung. Sieht die SPD wohl auch so.

            • 2G
              24636 (Profil gelöscht)
              @24636 (Profil gelöscht):

              "Gewonnen" setze ich nachträglich mal in Anführungszeichen, denn CDU und SPD waren von den Sitzen gleichauf und prozentual hatte die CDU einen 0,1% Vorsprung gegenüber der SPD.

  • Weshalb denn nicht der Hüser? Der gibt der schwarze Socke noch was Colorwaschmittel dazu, dann passts.

  • Eine Herkulesaufgabe ist das nicht. Diese Aufgabe ist unlösbar. Gabriel hat das SPD Parteibuch, ein Sozialdemokrat ist er nicht.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Gabriel und Hüser: passt scho!

  • Solange die SPD eine Politik betreibt, die gegen ihr eigenes Parteiprogramm und gegen die Menschen gerichtet ist, die ihre Wähler mal waren, solange wird es weiter bergab gehen mit den Prozenten.

    Und das die derzeitige Führungsspitze der SPD sich weigert, mit den LINKEN zu reden, geschweige zu koalieren ist für mich ein Verrat an die Werte Partei.

    Weiter die Richtung von HARTZ IV zu rechtfertigen, bringt die SPD dorthin wo heute die FDP schon ist. In die verdiente Beutungslosigkeit.

    Somit bringt die Beratung von Rechts garnichts. Oder hat Bertelmann auch hier, wie schon bei Hartz IV, die Finger im Spiel?

  • Ein Ex-Christdemokrat soll Sigmar Gabriel wieder in die Erfolgsspur bringen. Thomas Hüser wurde ausgerechnet von Bodo Hombach empfohlen.

     

    Danke - You made my day!

    (wahrscheinlich regelmäßig zum

    Stockschirmschnitzen nach London -

    -> lieber Flieger - Tunnel ->

    könnt was eng werden!)

  • Warum sollte ein SPD-Mann, der in einem halben Jahr mehr Waffen ins Ausland verkauft als im Vorjahr und der ein erklärter Befürworter von TTIP ist, keinen CDU-Mann engagieren? Verstehe das Problem gar nicht.

  • Warum Gabriel "ausgerechnet einen konservativen Phrasendrescher" als Berater engagiert? Ganz einfach: Wie der ihm genau das erzählt für unser Geld, was Gabriel gern hören möchte: dass es nämlich nicht an ihm und seinen Kumpeln liegt, wenn die SPD bei 20% dümpelt, sondern an den blöden Wählern.

     

    Der Mann ist selber eine "schwarze Socke". Vermutlich hasst er "seine" Rest-SPD inständig dafür, dass sie nicht die CSU ist. Wenn er sie also vollständig ruinieren muss, damit er weiter mitregieren kann, dann wird er das ganz sicher tun.

     

    Wir hatten es gerade aus einer anderen Richtung: Vermeintliche "Idiosynkrasien" versprechen nicht nur ein "gutes Leben" (nun ja, nicht unbedingt für jeden, aber immerhin für jeden Egoisten, der sich straff an den Zeitgeist hält). Sie sind angeblich auch "die subjektive Essenz von Demokratie". Deswegen muss man sie "mit Zähnen und Klauen verteidigen", notfalls halt auch mit Beratern, die dem Teufel selbst das Image aufpolieren würden, wenn der nur gut genug bezahlt dafür. Das sagt nicht irgendwer. Das sagt der Chef des Goethe-Instituts in Tiflis, ein Mann, der schon neun Bücher geschrieben hat und manchmal sogar für die taz zur Feder greift. Ein solcher Muster-Mann muss es ja schließlich wissen, nicht wahr?