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„Neuer Liberaler“ über PolitikFreiheit, Kiffen, Angelschein

Sie denken über die Liberalisierung von Haschisch nach, wollen Spekulation besteuern und Hartz IV abschaffen. Wer sind die „Neuen Liberalen“? Hier spricht einer von ihnen.

Gebt das Hanf frei, sagt Najib Karim, Vorsitzender der „Neuen Liberalen“. Bild: dpa
Martin Kaul
Interview von Martin Kaul

taz: Herr Karim, Sie basteln gerade an einer neuen Partei: Die „Neuen Liberalen“. Liberal – was ist das?

Naijb Karim: Uns interessiert: Wer ist in seiner Freiheit am stärksten eingeschränkt? Wir wollen Menschen ermöglichen, ihre eigene Freiheit zu nutzen.

Super. Ich möchte Haschisch rauchen. Darf ich das bei Ihnen? Das wird auf unserem nächsten Parteitag entschieden werden müssen. Es gibt unterschiedliche Freiheitsbedürftige: Diejenigen, die konsumieren wollen was sie wollen, und die Gesellschaft, die die gesundheitsökonomischen Kosten tragen muss.

Parteitag, Parteitag. Was sagen Sie persönlich?

Alle wissen, dass die Folgen von Haschischkonsum nicht so gefährlich sind wie etwa die von Alkohol. Dass Alkohol erlaubt ist und Haschisch nicht, ist kulturell bedingt. Ich denke, Haschischkonsum zu verbieten entspricht einer tradierten Kulturvorstellung und widerspricht der Eigenverantwortung.

Danke. Ich möchte aber auch Fische fangen ohne Angelschein.

Sie sollen frei sein, aber müssen auch Rücksicht auf das Recht des Tieres und auf die Umwelt nehmen. Fische dürfen nicht aussterben und nur sachgerecht getötet werden. Deswegen macht es Sinn, dass es Regularien gibt. Angelschein, also: Ja.

Dann möchte ich noch eine ordentliche Finanztransaktionssteuer einführen. Machen Sie mit?

Bild: Bildagentur Public Adress
Im Interview: Najib Karim

41, war stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Hamburg und ist heute Bundesvorsitzender der „Neuen Liberalen“, einer Ausgründung aus der FDP. Die frisch gegründete Partei will sich als sozialliberale Kraft etablieren und verzeichnet – nach eigenen Angaben – Zulauf von Ex-FDP-Mitgliedern, Piraten, aber auch früheren Mitgliedern aus Grünen und SPD.

Als ich noch in der FDP war, war ich auch mal dafür. Doch sie wirkt nur, wenn sie flächendeckend angewendet werden kann. Wenn Großbritannien mit seinem Finanzplatz in London nicht mitmacht, nützt die Steuer nichts.

Ein altes Argument, um nichts zu verbessern. Sie warten also auf den Sankt Nimmerleinstag statt Verbesserungen anzugehen.

Es gibt bessere Hebel. Viele der Finanzkrisen wurden dadurch ausgelöst, dass man Spekulation und den Zugang zu Kapital erleichtert hat. Im Zuge der Globalisierung gab es einen Steuerwettkampf nach unten, der allen Staaten geschadet hat. Das war falsch. Wir müssen Kapitalerträge und Spekulationsgeschäfte wieder vernünftig besteuern, dann lassen sich auch die Arbeitseinkünfte wieder niedriger belasten.

Da gilt aber doch das gleiche Argument: Das nützt nur, wenn alle mitmachen.

Ja, aber in diesem Bereich sind die Chancen auf Erfolg höher. In Europa wird gerne mit einer Kapitalflucht in die USA gedroht, wenn wir an diese Steuersätze ranwollen. In den USA wird allerdings mit Verweis auf Europa das Gleiche gesagt. Das sind Schutzbehauptungen, die sind abbaubar.

Ihre Partei ist ganz frisch, jetzt erklären Sie mal: Es gibt eine marktradikale FDP, die infoliberalen Piraten und die sozioliberale Grünen. Wo wollen Sie da noch Platz haben?

Es gibt viele Parteien mit liberalen Flügeln, aber keine sozialliberale Partei. Wir wollen unsere Zeit nicht mit Flügelkämpfen verbringen, sondern das neue Original sein. Wir bieten etwas, das sonst niemand bietet.

Wie wollen Sie denn ohne die ganzen Zahnärzte und Rechtsanwälte mehr als fünf Prozent der Wähler erreichen? Das liberale Potenzial liegt nicht bei diesen Berufsgruppen. Der Abstieg der FDP begann 1982, als die FDP die sozialliberale Koalition aufkündigte. Damals verlor die FDP infolge dessen zwei Drittel ihrer Stammwähler, hielt sich fortan mit Leihstimmen aus der CDU über der Fünfprozenthürde. Wir wollen das wieder ändern.

Es klopfen vor allem viele Piraten bei Ihnen an. Das kann doch nur schief gehen.

Überhaupt nicht. Unser Parteitag ist hervorragend gelaufen, diszipliniert und strukturiert. Die Piraten, die da waren, waren beeindruckt, weil sie so etwas nicht kannten. Das sind Sozialliberale, die mit dem Chaos der Piraten nicht viel anfangen konnten und viele Kompetenzen mitbringen.

Wenn Sie Leuten echte Freiheit geben wollen, heißt das wohl materielle Freiheit. Das klingt nach Linkspartei. Was machen Sie mit Hartz IV?

Die Linkspartei macht gute Analysen, die auch in unserem Sinne sind, aber sie bietet keine realistischen Lösungen an. Die Instrumente müssen stimmen.

Okay, also was jetzt mit Hartz IV?

Es ist ja kein Zufall, dass wir das gesamte Sozialsystem anders gestalten wollen. Das bedeutet auch, dass wir Hartz IV abschaffen wollen. Wir wollen, dass die Idee eines Bürgergeldes oder des Grundeinkommens an dessen Stelle tritt. Es gibt in unserer Partei viele Diskussionen wie man das konkret ausgestaltet. Der Knackpunkt ist: Soll es wirklich bedingungslos sein oder nicht? Dazu ist noch viel Gehirnschmalz nötig. Sowohl das eine als auch das andere sind die Extreme. Beide sind nicht praktikabel. Wir müssen eine menschenwürdige Zwischenlösung mit Veränderungsanreizen finden.

Das bedingungslose Grundeinkommen wäre ein echtes Eigenstellungsmerkmal. Da wollen sie jetzt schon mit „Zwischenlösungen“ anfangen?

Ja. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, populistisch zu agieren. Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen sind auch gesamtgesellschaftliche Nachteile verbunden. Die müssen wir konsequent ausdiskutieren bevor wir einen Vorschlag unterbreiten. Wir wollen ja keine populistische Protestpartei sein.

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9 Kommentare

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  • Herrlich inkonsistent, der sympathische Herr Karim:

    "[Eine ordentliche Finanztransaktionssteuer] wirkt nur, wenn sie flächendeckend angewendet werden kann. Wenn Großbritannien mit seinem Finanzplatz in London nicht mitmacht, nützt die Steuer nichts."

     

    Zuerst wäre ja mal zu definieren, was man mit so einer Steuer überhaupt erreichen will...Martin Kaul hat dann schon die richtigen Fragen gestellt.

     

    Ansonsten ist das Problem sowieso, dass sich "Spekulation" nicht sauber abgrenzen lässt, und dass man sich auch überlegen müsste, was mit den Einnahmen aus so einer Steuer passieren soll.

    Die m.E. plausibelste Variante ist eine Abgabe auf alle unbaren Transaktionen, die komplett an die Bevölkerung ausgeschüttet wird - möglichst europaweit: http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA416

     

    Scheinbar möchte Herr Karim ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das weder bedingungslos, noch an Bedingungen geknüpft sein soll (weil ihm beides zu extrem wäre).

    Das ist so süß, dass wir wohl davon ausgehen müssen, dass er nur in politische Führungspositionen gelangen konnte, weil er irgendwie ein sympathischer Mensch ist. Als politischer Denker dagegen ist er nicht wirklich beeindruckend.

     

    Was seine Begeisterung für den Begriff "sozialliberal" angeht: Nun ja, das Original gibt es schon (http://liberale-demokraten.de/) - und zwar seit 1982. Und deshalb darf sich die "Neue Liberale" auch nicht "Die Sozialliberalen" nennen, der Name ist einfach schon vergeben.

  • Eine sympathische Partei soweit, auch wenn ich fürchte, dass Lindner-FDP und Neue Liberale sich am Ende aus personellen Gründen bloß gegenseitig niedermachen werden, obwohl die Konkurrenz eine andere sein sollte.

    • @Verkehrsfritze:

      die 'Neue Liberale' ist weder liberal, noch demokratisch und schon gar nicht neu. hier könnt Ihr lesen, was mir als ordentliches Mitglied widerfahren ist. inzwischen habe ich übrigens Klage und diverse Strafanzeigen eingereicht: www.die-anti-liberale-neue-liberale-2014.blogspot.de

  • wir brauchen von der Struktur her, eine neue Partei-aus der Parteinlandschaft. Die Bedingungslos Volksbefragungen durchführt. Und vorher beide Seiten konstruktiv vorstellt. Dadurch soll dem Bürger Mitwirkungspflicht beigebracht werden !Anstatt ewig zu schimpfen. Diese Partein könnte dann mit ihren Ergebnissen wiederum noch nicht Wirksame Gesetze mit ihrem Endergbnis im Bundestag vorstellen. Dann würde der Zoff losgehen ! Klar, aber Verantwortung und Bildung würde jedem auf die Nase geschrieben werden ! Entgegen dem faulen wegknicken und beschweren und pöblen.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Parteien sind doch, ganz egal, was sie wollen, allesamt kacke. Leute, die Parteien gründen oder solchen beitreten, sind nicht nur maximal uncool, sondern auch nicht im Geringsten vertrauenswürdig.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      aha hm - ja und was dann statt dessen?!?

      • @Waage69:

        Die Antifa z. B. ...

        • @LeSti:

          Nö, doch nicht diese Chaoten. Lieber die die grossen multinationalen Organisationen fördern, so bei Nestlé einkaufen, von Shell tanken etc.

           

          Da was man wenigstens, was man unterstützt, und als Aktienbesitzer profitiert man als eigener Kunde sogar noch vom ganzen Lobbyismus, Controlling und Rationalisierungsdruck.

           

          Wenn man denn so viele Aktien hat, dass deren Dividende mehr einbringt als man vorher durch die Einsparungen der Arbeitgeber abgenommen bekommen hat.

          • @vagabundix:

            ruhig bleiben - nur nicht unnötig aufregen!