piwik no script img

Neuer Chef der US-WaffenlobbyVon der Iran-Contra-Affäre zur NRA

In den 1980er-Jahren organisierte Oliver North illegale Waffenexporte in den Iran und finanzierte so die Contras in Nicaragua. Jetzt wird er NRA-Chef.

Will als NRA-Präsident die Linken ärgern: Oliver North Foto: ap

Wien taz | Von Waffen-Deals versteht der Mann etwas. So gesehen ist Oliver North der ideale Mann für den Vorsitz der National Rifle Association (NRA), der mächtigen US-Waffenlobby.

Der 74jährige pensionierte Oberstleutnant verdankt seine Viertelstunde Ruhm dem Auffliegen der sogenannten Iran-Contra-Affaire in Washington. Man erinnert sich: Nachdem die CIA die Häfen des revolutionären Nicaragua vermint hatte, verweigerte der Kongress den von Präsident Ronald Reagan mobilisierten Konterrevolutionären die weitere Finanzierung.

Um die nicaraguanischen Contras weiter mit Waffen und Verpflegung ausrüsten zu können, setzte Reagan 1985 eine geheime Gruppe im Keller des Weißen Hauses ein. Sie wurde von Oliver North geleitet und hatte die Aufgabe, Schwarzgeld für die Contras zu generieren. Dafür suchte man sich durchaus originelle Kooperationspartner: die kolumbianische Kokain-Mafia einerseits und das Mullah-Regime im Iran andererseits.

Das befand sich im Krieg gegen den von den USA aufgehetzten Irak unter Saddam Hussein und brauchte dringend Ersatzteile und Raketen für die einst vom Schah in den USA erworbenen Waffensysteme. Ollie North machte es über ein Netzwerk von Zwischenhändlern möglich, den Erzfeind aufzurüsten.

Straffreiheit wegen geheimer Immunitätsvereinbarung

Die Auftritte des dekorierten Vietnamveteranen bei den Anhörungen im Kongress waren Quotenhits im Fernsehen. Ein Gericht verurteilte ihn schließlich zu drei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe, weil er den Kongress belogen und belastende Dokumente des Weißen Hauses vernichtet hatte.

Nebenbei hatte er sich von einem der Profiteure des Iran-Deals einen Sicherheitszaun im Wert von 14.000 US-Dollar schenken lassen. Ein Berufungsgericht sprach ihn später frei weil, ihm der Kongress in einer geheimen Vereinbarung Immunität zugesichert hatte.

Die Auftritte während der Hearings dürften den notorischen Lügner auf die Idee gebracht haben, eine TV-Karriere anzustreben. Der erzkonservative Sender Fox News bot ihm gerne die Leitung einer Talk Show an und beschäftigte ihn als Kommentator für Militärangelegenheiten. Der Versuch, 1994 in Virginia mit einem Ticket der Republikaner einen Sitz für den US-Senat zu erobern, scheiterte am demokratischen Amtsinhaber.

Außerhalb der rechten Politkreise, in denen er aktiv blieb, wurde es wieder still um Oliver North, der sich allerdings bald in der NRA engagierte. Seit Jahren sitzt er in deren Vorstand. 2010 enthüllte er einer johlenden Menge von Waffenfreaks: „Ein wichtiger Grund, warum ich so gern für die NRA spreche, ist dass ich damit die Linke ein bisschen verrückt mache“.

Kein Wunder, dass NRA-Vizepräsident Wayne LaPierre den künftigen Präsidenten in höchsten Tönen pries: „Oliver North ist ein legendärer Krieger für die amerikanische Freiheit, ein begabter Kommunikator und ein geschickter Anführer“. Er könne sich „in diesen Zeiten“ keinen besseren vorstellen.

„Vielleicht sieht sich die NRA unter dem Druck der letzten Monate gezwungen, ihre Führung auszutauschen“, meint dagegen Kris Brown von der Brady Kampagne zur Verhütung von Schusswaffengewalt in Anspielung auf das Parkland-Schulmassaker im vergangenen Februar, „aber es ist regelrecht verblüffend, dass sie einen wandelnden Blitzableiter an die Spitze stellen wollen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Sehr schön. Endlich mal ein Musterbeispiel für gelungene Resozialisierung!

  • Wie zu besten Chicago-Zeiten: Gangster haben die Macht.

  • Schön, dass es in diesen unsicheren Zeiten noch Menschen mit ungebrochener Jobbiografie gibt ...