Neuer BKA-Chef Holger Münch: Keine Angst vor großen Gegnern
Früher versuchte der neue BKA-Chef Holger Münch, Probleme in Feldherrenmanier zu lösen. Heute pflegt er einen ruhigeren Politikstil.
BREMEN taz | Heute wird Holger Münch offiziell eingeführt, seinen Dienst als Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) wird er dann am 1. Dezember antreten, und zumindest besoldungstechnisch gibt es keinen großen Unterschied zwischen dem Amt eines Bremer Staatsrats für Innere Angelegenheiten – Staatsräte heißen dort die Staatssekretäre – und dem Posten des BKA-Chefs, beide werden in B-9 eingruppiert.
Aber in Sachen öffentlicher Wahrnehmbarkeit macht Münch mit einen Riesensprung, wenn er die Nachfolge des aus Altersgründen nach zehn Jahren aus dem Amt scheidenden Hans-Jörg Ziercke (SPD) antritt: Der einstige BKA-Personenschützer, dessen Objekt unter anderem Bundesaußenminister Hans Friedrich Genscher gewesen seinsoll, hat, wie schon Ziercke, die Polizeiführungsakademie in Münster durchlaufen und bekleidete seit 2005 Leitungsaufgaben in der Bremer Polizei.
Vom Posten des Bremer Polizeipräsidenten war der parteilose Bremer dann Ende 2011 an die Spitze der senatorischen Behörde gewechselt. Und während er regionale Bekanntheit damit erwarb, dass er die Werbetrommel für so genannte künstliche DNA als Diebstahlschutz rührte – deren im ersten Jahr gemessene Abschreckungswirkung hat sich längst verflüchtigt –, hatte er bundesweit eigentlich nur einmal für Furore gesorgt. Das war im Februar 2014 gewesen: Der Radio Bremen „Brüder“, der sich um einen migrantischen Clan mit auffälliger Kriminalitätsrate rankte, war in einen kriminalbiologistischen Diskurs abgeglitten.
Nachdem der böse Stammhalter verhaftet worden war, rückte der bislang rechtsstaatstreue jüngere Bruder in die Bandenchef-Rolle. Stimme des Blutes halt. „Genau das ist es ja, was wir nicht brauchen, an Botschaften“, hatte Münch daraufhin angemerkt, und aus Erfahrung gesprochen. Wenn einerseits lernt jeder, der in Bremen Polizeiarbeit macht, den Zusammenhang zwischen sozialen Verwerfungen und Kriminalität ganz unmittelbar kennen. Und andererseits war Münch ja, kurz nach seinem Dienstantritt als Polizeipräsident in Bremen, in eine ähnliche Verallgemeinerungsfalle getappt.
Münch und die Sippenhaft
Im Weser-Kurier hatte er eine „Herbstoffensive“ gegen die in Bremen stark vertretene libanesisch-stämmige Familie M. angekündigt – und eben nicht nur gegen die etwa zwei Prozent ihrer etwa 2.600 Mitglieder, die kriminelle Karrieren eingeschlagen haben. Die Bild hatte das dann zur „Kriegserklärung“ hochgejazzt – was wiederum die innerfamiliäre Solidarität bei den Ms pushte: Etliche Angehörige ließen sich in der Folge T-Shirts mit einem goldenen, lorbeerumkränzten M beflocken.
Münch hat danach nicht mehr probiert, den Feldherrn zu spielen oder gar den Erlöser. Seiner Bilanz hat das nicht geschadet: Große Aufreger wie der M.-Konflikt haben in Münchs Amtszeit an Schärfe verloren, Verbote der rivalisierenden Rocker-Gangs von Mongols und mit der Nazi-Szene verbundenen Hell's Angels wurden nahezu krawallfrei durchgesetzt.
Und Münch hat sich eben auch nicht gescheut, sich an der Seite von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) mit so mächtigen Gegnern wie der Deutschen Fußball Liga anzulegen. Von der will Bremen Beiträge fordern für die Polizeieinsätze bei Risikospielen.
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