Neue Werbung für die Hauptstadt: Einfach Berlin
„Be Berlin“ ist vorbei. Das neue Markendesign beschränkt sich auf den Namen und den Bären. Es soll das Wir-Gefühl stärken und sich selbst erklären.
Ein Bär ohne Zunge, aber mit Zähnen, ein bisschen glatter, frischer und „digitaler“, sprich auch in sozialen Medien und im Internet grafisch gut nutzbar, wie Uwe Hecker, Geschäftsführer der Agentur Jung von Matt bei der Vorstellung erklärt. Neben dem Bären steht schlicht und einfach das Wort „Berlin“ in rot, ergänzend kommt bisweilen der Satz #WirSindEinBerlin hinzu.
Jung von Matt hat die Marke im Auftrag der Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters seit vergangenem Herbst entwickelt. Die Vorstellung für die Presse fand bereits am Dienstag statt; öffentlich sind die Entwürfe aber erst seit Donnerstagmittag.
Den ersten richtigen Auftritt soll die neue Marke beim Festival of Lights haben, bei dem verschiedene Orte und Gebäude der Stadt farbig erleuchtet werden. Das Festival beginnt am 12. September.
Seit 2008 hat die Stadt mit dem Slogan „be Berlin“ für sich geworben: zum Beispiel auf den Briefköpfen der Verwaltung und mit internationalen Tourismuskampagnen, auf Trams, U-Bahnen und Bussen der BVG und auf Werbeplakaten in der Stadt selbst. Sei Berlin – komm her und fühl' dich frei –, das war die Botschaft der vergangenen zwölf Jahre. Anfangs wurde der Slogan mitunter belächelt; er wurde aber schnell allgemein akzeptiert als flott, klar und dynamisch. Als Zeichen für eine Stadt, in der „viel geht“.
Doch Berlin hat sich seit 2008 weiterentwickelt, betont Melanie Reinsch, die Sprecherin des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), bei der Vorstellung. Be Berlin stelle das Individuum in den Mittelpunkt. In Befragungen der BerlinerInnen habe man aber festgestellt, dass sich viele ein gestärktes Wir-Gefühl wünschen. Die Frage nach der Gemeinschaft innerhalb der Stadt und des Kiezes, nach Solidarität gewinne an Bedeutung. „Das hat auch die Corona-Pandemie gezeigt“, sagt Reinsch. Daher auch der Zusatz: „Wir sind ein Berlin.“
„Es ist enger geworden in Berlin, das führt zu mehr Konflikten, etwa zwischen verschiedenen Kulturen oder zwischen Familien und Partywilligen“, ergänzt Jan Harbeck, Kreativchef der Agentur Jung von Matt. Man wolle daher das Verständnis füreinander stärken.
Dafür wurde auch der Berliner Bär, das Wappentier der Stadt, „aus dem Kellerverlies befreit, wo er seit vielen Jahren vor sich hin vegetierte“, wie es auf der Vorstellung hieß. Das Aussehen des Bärs wurde ein bisschen verändert: aus rechtlichen Gründen, schließlich ist der Bär offizielles Hoheitszeichen; aber auch, um ihn für die Kampagne besser nutzen zu können. Er lächelt ein bisschen, wirkt nicht mehr so aggressiv, sei gleichzeitig kuschelig und stolz, so Uwe Hecker.
Und er ist nicht immer schwarz. Vielmehr soll das Logo immer wieder mit anderen Bildern gefüllt werden: der Bär in Regenbogenstreifen, mit einem Foto des Fernsehturms, mit verschiedenen Farben und vieles weitere ist möglich. Ähnlich wie bei den Buddy-Bären, diesen etwas pummelig geratenen, bisweilen leicht zugedröhnt wirkenden und auf den Kopf stehenden Werbefiguren vor Geschäften oder Botschaften anderer Länder.
Durch den einfachen Schriftzug „Berlin“ – in dafür extra entworfener Type – in „fast bauhausartiger Klarheit“ sei sichergestellt, dass der Markenauftritt der Stadt sofort verstanden und wiedererkannt werde, befindet Berlins oberster Touristenwerber Burkhard Kieker von Visit Berlin, das den Prozess begleitet hat. Der Verzicht auf die durch das „be“ ausdrückte Aufforderung sei dringend nötig gewesen: „Nur wer eine schwache Marke hat, muss sie durch einen Spruch erklären.“ Der neue Auftritt sorge hingegen dafür, dass schon beim Lesen von „Berlin“ das „Kopfkino losgeht“.
Die Senatskanzlei grübelte schon länger über einen neuen Markenauftritt. Im September 2019 hat sie ihn schließlich ausgeschrieben. Das Budget dafür und sämtliche Ausspielungen in diesem Jahr betragen laut Senatskanzlei rund 1,5 Millionen Euro. Das wirkt wenig angesichts der geplanten Auftritte von Bär und Slogan.
Denn zusätzlich zum neuntägigen Festival of Lights sollen sie klein auf Trikots von Bundesligateams wie Alba (Basketball), den Füchsen (Handball) und den Volleys prangen. Es ist ein Internetauftritt geplant, bei dem jede/r selbst den Bär nach seinen Wunsch füllen kann – dass dabei auch Kritik und Verballhornungen entstehen, ist eingepreist und durchaus beabsichtigt. Auch sollen InfluencerInnen limitierte T-Shirts für einen guten Zweck verkaufen. Und zum Auftakt wird es eine ergänzende Kampagne geben, die explizit das Wir-Gefühl in Berlin zum Thema hat.
Dennoch wird auch „be Berlin“ der Stadt und den BerlinerInnen noch ein gutes Weilchen erhalten bleiben. Bis überall die alten Logos und Schriftzüge ersetzt sind, dürfte es laut Senatssprecherin Reinsch nach den Erfahrungen aus anderen Städten sicher ein bis zwei Jahre dauern.
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