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Neue Studie zu RüstungsausgabenMehr Militär, weniger Diplomatie

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Die Ausgaben für das Militär steigen weltweit auf ein neues Rekordniveau. Das Geld wird beim Kampf gegen Armut und die Erderwärmung fehlen.

Neues Rekordniveau: Militärausgaben steigen weltweit Foto: Markus van Offern/imago

D ie Umsätze der Rüstungsindustrie steigen weiter: Einer neuen Auswertung des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge nahmen die 25 größten Rüstungskonzerne der Welt im vergangenen Jahr 361 Milliarden Dollar ein – 8,5 Prozent mehr als noch 2018. Ein Teil des Anstiegs ist zwar auf Fusionen zurückzuführen, die neue Konzerne in die Top 25 geschleudert haben. Vor allem aber stecken die Staaten weltweit mehr Geld ins Militär, weil Konflikte zunehmen, internationale Kooperation nicht mehr funktioniert und Waffen zunehmend komplex und damit teuer werden.

Diese neue Aufrüstung, von der vor allem US-Konzerne, gefolgt von europäischen und chinesischen, profitieren, ist zum einen gefährlich: Sollte das Abschreckungskalkül nicht funktionieren, steigert sie das zerstörerische Potenzial von Konflikten. Zum anderen verringert sie die Sicherheit in anderen, nichtmilitärischen Bereichen. Jeder Euro, jeder Dollar und jeder Yuan, der in Waffen gesteckt wird, fehlt schließlich für Investitionen in anderen Bereichen – womöglich für die Armutsbekämpfung, für den Klimaschutz oder für die Gesundheitssysteme.

Friedensforscher des Internationalen Konversionszentrums Bonn haben erst in der vergangenen Woche die Coronapandemie zum Anlass genommen, einen möglichen Zusammenhang zwischen Militarisierung und Gesundheitssicherheit zu untersuchen. Sie haben zwar keinen linearen Zusammenhang festgestellt und auch keine Kausalitäten nachgewiesen. Aber: Tendenziell steht es um die Gesundheitssicherheit vor allem in denjenigen Staaten gut, die in Relation zu ihrer absoluten Leistungsfähigkeit nur durchschnittlich viele Ressourcen ins Militär stecken.

Was daraus folgt? Entspannungspolitik, internationale Kooperation und Rüstungskontrolle sind nicht nur als friedenspolitischer Selbstzweck sinnvoll. Sie könnten auch eine Friedensdividende freisetzen, die dann für die Finanzierung einer erweitert verstandenen Sicherheit zur Verfügung stünde. In der Coronakrise, die die Haushaltsspielräume ohnehin verringert, wäre das gleich doppelt vonnöten.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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7 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    So ist das seit mehr als 2000 Jahren.



    Löbliche Ausnahme ist Costa Rica. Die haben das Militär bereits 1949 abgeschafft und das ohne Schutzmacht!

    Schönes Land, freundliche Menschen - was will man mehr! Sehr zu empfehlen.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @17900 (Profil gelöscht):

      USA ist da Schutzmacht auch wenn die nicht wollen.

  • Der Bundeshaushalt erntet seit über 20 Jahre eine Friedensdividende. Er hat der BW derart viel Geld entzogen, dass Sie teilweise auf Niveau des Volkssturms angekommenen ist.

    Das mit dem Volkssturmvergleich, Prof. Dr. Sönke Neitzel, auf einer Veranstaltung der Stiftungen der Sparkasse Leipzig im Jahr 2018.

    Kann man bestimmt irgendwo anschauen.

    • 7G
      75787 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      Diese sich hartnäckig haltende Mär einer kaputtgespaarten Bundeswehr zeugt von einer effektiv funktionierenden Rüstungsindustrie- Marketingstrategie - Rüstungsexporte noch gar nicht eingerechnet...

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @75787 (Profil gelöscht):

        Achso also gibts genügend Ersatzteile und Ausrüstung um alle Einheiten voll auszurüsten?

  • Danke für diesen Kommentar.

    Ich habe noch nie verstanden, warum bei den globalen Problemen wie die sich anbahnende Klimakatastrophe oder die Corona Pandemie ausgerechnet die Rüstungsetats angehoben werden. Wie soll ein globales Problem wie die Klimaveränderung denn militärisch gelöst werden? Das Gegenteil ist doch der Fall. Nur durch internationale Kooperationen, Absprachen und Hilfen unter der Prämisse gleichberechtigter Interessen kann Fortschritt möglich sein. Stattdessen wird auch bei uns trotz katastrophaler Infrastrukturprobleme und Rückständigkeit bei der Digitalisierung, im Bildungsbereich und auch im Gesundheits- und Pflegebereich ausgerechnet der Militäretat deutlich erhöht. AKK schwadroniert von Position der Stärke durch Aufrüstung und untermauert das damit, dass das schon immer deutsche Tradition war.

  • Es mag ja keine Kausalitäten und keinen linearen Zusammenhang zwischen Militarisierung und Gesundheitssicherheit geben, aber dafür gibt es doch einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Krieg - und Krieg ist ungesund.