Neuer Rekord im Jahr 2021: Rüstungsexporte last minute
Vor dem Regierungswechsel bricht die Merkel-Regierung einen Rekord: 2021 genehmigte sie Rüstungsgeschäfte im Wert von 9 Milliarden Euro.
Etwa ein Drittel der Exporte ging demnach in EU-Länder, Natostaaten und der Nato gleichgestellte Länder. Fast zwei Drittel hingegen an sogenannte Drittländer. Besonders pikant: Von allen Empfängerländern steht Ägypten mit großem Abstand auf Platz eins – ein Land, das immer wieder wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht. Der Bundessicherheitsrat genehmigte 2021 Rüstungsgeschäfte im Wert von 4,34 Milliarden Euro an den autoritär regierten Staat. Zweitwichtigster Kunde deutscher Rüstungsfirmen sind die Vereinigten Staaten (980 Millionen Euro), gefolgt von den Niederlanden (818 Millionen Euro) und Singapur (629 Millionen Euro).
Zum Vergleich: 2020 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte in Höhe von rund 5,82 Milliarden Euro und damit über 3 Milliarden weniger als 2021. Der bisherige Rekord an Rüstungsexporten lag 2019 bei 8 Milliarden Euro.
Verdopplung der Exporte in wenigen Tagen
Interessant ist dabei das Vorgehen der Vorgängerregierung: Denn ein Großteil der Geschäfte erlaubte sie auf den letzten Drücker. Im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis 29. November 2021 lag der Gesamtwert der Rüstungsexporte laut einer früheren Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion noch bei 4,135 Milliarden Euro. Das heißt, das Volumen der Genehmigungen hat sich innerhalb von neun Tagen im Vergleich zu den vorangegangenen elf Monaten mehr als verdoppelt.
Die Große Koalition war bis zum offiziellen Regierungswechsel am 8. Dezember eigentlich nur noch geschäftsführend im Amt – üblicherweise werden dann keine weitreichenden Entscheidungen mehr getroffen. Zumal die neue Ampelregierung einen restriktiveren Kurs in der Rüstungspolitik anstrebt. Diese weist nun darauf hin, dass seit dem Regierungswechsel Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von lediglich 3.679 Euro genehmigt wurden. Diese seien in EU-Länder, Natostaaten oder gleichgestellte Länder gegangen.
Auch den Großteil der Exportgenehmigungen nach Ägypten winkte die Große Koalition erst auf den letzten Metern durch: Laut aktueller Antwort des Wirtschaftsministeriums wurden Rüstungsgeschäfte im Wert von 4,34 Milliarden Euro an Ägypten genehmigt. Bis zum 29. November waren es nach früheren Angaben 0,18 Milliarden Euro. Wie der Spiegel berichtete, hatte die Regierung kurz vor Amtsübergabe noch den Verkauf von drei Kriegsschiffen und 16 Luftabwehrsystemen an das nordafrikanische Land gestattet.
Die Entscheidungen über die Rüstungsexporte trifft der Bundessicherheitsrat, dem der jetzige Kanzler Olaf Scholz (SPD) als Finanzminister der alten Regierung angehörte, neben der damaligen Kanzlerin Angela Merkel und sechs weiteren Ressortchefs.
Linkenpolitikerin Sevim Dağdelen kritisierte dieses Vorgehen scharf: „Frei nach dem Motto,Waffen statt Brot für die Welt' haben Merkel und Scholz mit einem Taschenspielertrick kurz vor Weihnachten Rekordrüstungsexporte genehmigt.“ Das sei eine „moralische Bankrotterklärung von Scholz“ und lasse „für das angekündigte Rüstungsexportkontrollgesetz der Ampel nichts Gutes erwarten“.
Außenministerin Annalena Baerbock, Grüne, forderte nun schärfere Regeln. „Wir haben als Koalition deutlich gemacht, dass wir die Rüstungsexportpolitik der vergangenen Jahre auf den Prüfstand stellen“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa, „Deswegen arbeiten wir an einem Rüstungsexportkontrollgesetz, das deutlicher macht, nach welchen Kriterien Rüstungsexporte genehmigt werden.“
CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter verteidigte das Handeln der Großen Koalition: „Das Handeln der geschäftsführenden Bundesregierung geschah innerhalb des gültigen Rechtsrahmens. Deshalb sind die kritischen Stimmen von Grünen und Linken nichts anderes als Krokodilstränen.“
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