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Neue Richterin am VerfassungsgerichtDie Neue im Zweiten Senat

Die Rechtsprofessorin Astrid Wallrabenstein wird Richterin am Bundesverfassungsgericht. Vorgeschlagen wurde sie von den Grünen.

Astrid Wallrabenstein wurde zur Verfassungsrichterin gewählt Foto: privat

Berlin taz | Auf Vorschlag der Grünen wurde an diesem Freitag im Bundesrat die Rechtsprofessorin Astrid Wallrabenstein zur Verfassungsrichterin gewählt. Sie ersetzt Andreas Voßkuhle am Zweiten Senat. Dessen Posten als Präsident des Bundesverfassungsgerichts übernimmt auf Vorschlag der CDU/CSU Stephan Harbarth, der bisherige Vize­präsident.

Bisher sitzt – ebenfalls auf Vorschlag der Grünen – die Rechtsprofessorin Susanne Baer im Ersten Senat. Mit Wallrabenstein konnte die Ökopartei erstmals jemand für den machtbewussten Zweiten Senat no­minieren, der unter anderem für die Europapolitik des Verfassungsgerichts zuständig ist. Da die Grünen in Bund und Ländern immer stärker werden, erhielten sie ein zweites Vorschlagsrecht. Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten mit je acht RichterInnen.

Die 50-jährige Wallrabenstein ist seit 2010 Rechtsprofessorin in Frankfurt, davor lehrte sie in Bielefeld. Ihr Lehrer war Rechtsprofessor Brun-Otto Bryde, der von 2001 bis 2011 als erster von den Grünen vorgeschlagener Verfassungsrichter in Karlsruhe amtierte. Wie auch Wallrabenstein und Baer war er ebenfalls kein Grünen-Parteimitglied.

Wallrabenstein hat sich früh auf das Staatsangehörigkeitsrecht spezialisiert, auch aus integrationspolitischem Interesse. In einem taz-Interview kritisierte sie, dass immer höhere Anforderungen an eine Einbürgerung gestellt werden. „Die Einbürgerung ist doch kein Wettkampf, an dessen Ende den Besten die deutsche Staatsbürgerschaft wie eine Medaille umgehängt wird.“

Klage gegen AKW-Laufzeitverlängerung

Ihr zweites großes Thema ist das Sozialrecht. So erforschte sie in ihrer Habilitationsschrift das Zusammenspiel von staatlicher Sozialversicherung und privater Absicherung, etwa in der Krankenversicherung. Es ging Ihr dabei weniger um die Unterschiede, sondern ganz pragmatisch um ein möglichst gutes Zusammenspiel der Systeme, geregelt vom Gesetzgeber.

Am Bundesverfassungsgericht trat sie schon in unterschiedlichen Rollen auf. 2005 erstritt sie für die Inhaber von Lebensversicherungen eine angemessene Beteiligung an den Erträgen der Unternehmen. 2009 vertrat sie die Bundesregierung, als die privaten Krankenversicherer – erfolglos – gegen die Einführung eines Basistarifs klagten. 2011 schrieb sie für die Oppositionsparteien SPD und Grüne eine Klage gegen die Laufzeitverlängerung von AKWs – die sich nach Fukushima aber von selbst erledigte.

Wallrabenstein ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ihr Mann hat in der Regel Teilzeit gearbeitet und nachmittags die Kinder betreut. Ihre Vorfahren kommen aus Ungarn und wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben. Zu Hause sprach die Familie regelmäßig ungarisch, sodass Wallrabenstein die Sprache fließend beherrscht. Mit der aktuellen ungarischen Politik unter Viktor Orbán beschäftigt sie sich dennoch ungern: „Das ist mir zu frustrierend.“

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13 Kommentare

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  • Schon seltsam, dass in einer vermeintlich linken Tageszeitung kein Wort über den Skandal, dass der Konzernlobbyist Harbarth zum Präsidenten des BVG gewählt wurde, zu lesen ist.



    Auch Schweigen in den Kommentarspalten.



    www.change.org/p/p...update&utm_term=cs

    • @MC:

      Danke.

      Nehmmer das noch dazu.



      www.presseportal.de/pm/105254/4514110

      unterm—— btw but not only -



      Tja - wennste als Journalist auch stellv. Verfassungsrichter (Ba-Wü)) bist.



      Siehste halt lieber gern das - Positive!



      Gellewelle. Normal. - 😱 -

      kurz - Newahr. “Linkes Portal„ - ?!



      Mach Bosse. Das war einmal. 🥳

      • @Lowandorder:

        & womer gerade anlaßbedingt zur Personalie Christian Rath in medias res sind;

        Finde ich es schlicht unseriös.



        Daß bei seiner Personalie - oben - seine Funktion als stellv. Verfassungsrichter nicht vermerkt ist.

        unterm——



        Würd er noch nebenher ne Fahrschule oder so - betreiben - wärs was anderes.



        So hat‘s n Geschmäckle zumindest.



        &



        Der Verdacht der Hofberichterstattung ist da nicht weit.



        Les seither seine Elaborate jedenfalls mit spitzen Fingern.



        Vor insbesondere Karlsruhe in Ehrfurcht erstarrende Journalisten - hab ich leider mehr als reichlich erleben dürfen. Gruselig.

  • Na, können wir erwarten, dass die Archive im Hause Willi Geiger was ans Licht bringen werden.....

    • @Günter:

      Helf mal aus mit nem Weggefährten - dem alten Schlachtroß Helmut Kramer -

      kramerwf.de/Willi-Geiger.329.0.html

      unterm—— kl Tipp



      Hinsetzen - besser is das. 😱 Grauenhaft

      • @Lowandorder:

        Besten Dank!



        Weiteres googeln führt zu einem



        Interessanter Vortrag von Dr. Helmut Kramer (1-4). Leider ist der Ton nicht so gut.



        www.youtube.com/watch?v=yt8Qoijj_F8

        • @Günter:

          Liggers. Ohne Helmuts Archiv hätte Ingo Müller seine “Furchtbaren Juristen“ nicht schreiben können.



          &



          de.wikipedia.org/w...i_Geiger_(Richter)

          unterm——- Helmut Kramer -



          kurz - ne Kruke - wie man auf gau Platt liebevoll sagt.

  • Gut so, Frauen braucht das Land. Männer die nur Sch... bauen gibts schon genug!

  • Herr Rath,



    fast dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung sollten doch auch Sie langsam in der neuen bundesdeutschen Realität ankommen.



    "Die 50-jährige Wallrabenstein ist seit 2010 Rechtsprofessorin in Frankfurt,..."



    In welchem Frankfurt? Davon hat es zwei in diesem Land.



    Ein präzisere Ortsangabe ist nötig und möglich. Soviel Zeit sollte sein.

    • @Trabantus:

      Wenn man das andere Frankfurt meint, schreibt man Frankfurt/Oder oder Frankfurt (Oder).

    • @Trabantus:

      Das zweite F. heißt "Frankfurt Oder"!

      • @Monika Frommel :

        Ach nee ;-)

  • „Die Einbürgerung ist doch kein Wettkampf, an dessen Ende den Besten die deutsche Staatsbürgerschaft wie eine Medaille umgehängt wird.“

    Es sollte natürlich jeder die Staatsbürgerschaft bekommen, der das will. Es ist doch einer unserer höchsten Grundsätze, dass alle Menschen gleich sind und am Ende auch denselben universelleb Grundsätzen folgen. Ich glaube dieses neue Staatsbürgerschaftsrecht ließe sich viel leichter umsetzen, wenn man nicht soviel darüber reden würde, was die, die schon dabei sind, alles für wen leisten müssen. Das schreckt dann einige ab offen für Neue zu sein, weil man nicht weiß, was noch alles gefordert wird und es schreckt wahrscheinlich auch Zuwanderer ab, weil die sich denken, was alles von ihnen gefordert wird, wenn sie mal dabeisind. Also einfach öffnen und nicht soviel fordern. Es läuft doch das meiste ohnehin mehr oder weniger von alleine.

    Ein anderer Punkt, der es erleichtern würde, ist, wenn mehr Länder mitmachen würden. Dann müsste man nicht mehr so Angst haben, dass im eigenen Land etwas schiefgeht. Es gäbe in dem Sinn ja kein "eigenes" Land mehr und wenn es nicht so gut läuft, geht man einfach wohin, wo man es besser findet.

    Damit könnten wahrscheinlich alle ganz gut leben.