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Neue Potsdamer OberbürgermeisterinNoosha Aubel war gekommen, um zu gehen

Die parteilose Noosha Aubel ist am Sonntag neue Oberbürgermeisterin von Potsdam geworden. Dabei saß sie erst seit kurzem im Stadtrat von Flensburg.

Noosha Aubel wird Flensburg verlassen, um ihr Amt in Potsdam anzutreten Foto: Christoph Soeder/dpa

Rendsburg taz | Noosha Aubel ist neue Oberbürgermeisterin der Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam. Als parteilose Einzelbewerberin holte die 49-Jährige am Sonntag in der Stichwahl 72,9 Prozent der abgegebenen Stimmen und überholte deutlich den SPD-Kandidat Severin Fischer (27,1 Prozent). Die SPD verliert damit nach 35 Jahren den Chefposten im Rathaus. Aubel ist die erste Frau im Amt in Potsdam seit 1984.

Es sei „keine Entscheidung gegen Flensburg“, sagte Noosha Aubel im Juni, als sie ihre Bewerbung um das Oberbürgermeisteramt in Potsdam öffentlich machte. Aber die Chance auf den Chefposten in der brandenburgischen Landeshauptstadt „ist zu einmalig, als dass ich sie ungenutzt vorbeiziehen lassen kann“, sagte die 49-Jährige dem lokalen Flensburger Tageblatt.

Erst im Juli 2024 hatte sie ihr Amt als Stadträtin in Flensburg angetreten, mit Zuständigkeit für Bildung, Integration, Öffentliche Dienste und Sicherheit. Schon nach dem ersten Wahlgang in Potsdam hatte sie gute Chancen auf den Sieg. Jetzt hat sie gewonnen und in Flensburg herrscht Bedauern.

Das ist keine Entscheidung gegen Flensburg

Noosha Aubel über ihre Bewerbung um das Oberbürgermeisteramt in Potsdam

Mit einem dicken Strauß Vorschusslorbeeren und fast einstimmig hatte die Flensburger Ratsversammlung Noosha Aubel im Februar 2024 gewählt. Die gebürtige Hannoveranerin sei vielseitig erfahren, zielstrebig, lösungsorientiert und werde frischen Wind in die Stadt bringen, sagte damals etwa die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katja Claussen.

Potsdamt reizte Aubel offenbar mehr

Als Stadträtin besetzte Aubel den dritthöchsten Verwaltungsposten der Stadt. Zu ihren Aufgaben gehörte der Südermarkt im Stadtzentrum, der sich in den vergangenen Jahren zu einem Treff für Wohnungslose, Alkohol- und Drogensüchtige entwickelt hat. Für die Betroffenen neue Hilfsangebote zu schaffen und das Sicherheitsgefühl der Beschäftigten der umliegenden Geschäfte zu verbessern, sei eines ihrer „Herzensprojekte“, sagt Aubel. Aber Potsdam reizt sie offenbar mehr.

Die Mutter zweier Töchter hat Erziehungswissenschaften und Organisationsmanagement studiert. 2008 übernahm sie die Leitung des Jugendamtes in Hilden in Nordrhein-Westfalen. 2017 wechselte sie in die Potsdamer Verwaltung, wo sie eine ähnliche Position wie aktuell in Flensburg innehatte. Nach Streit mit dem damaligen Oberbürgermeister Mike Schubert schied sie 2023 aus dem Beamtenverhältnis aus. „Ich habe festgestellt, dass ich mit meiner Arbeit in Potsdam nicht mehr die Wirkung erzielen konnte, die Sie als Bür­ge­r*in­nen erwarten dürfen“, erklärt sie die Entscheidung auf ihrer Homepage.

Doch bereits damals wurde spekuliert, ob es eine Entscheidung auf Dauer sei, denn „so ganz weg war sie nicht“, schreibt die taz. Ein enger Draht zur früheren Wirkungsstätte besteht auch deshalb, weil sie mit dem Potsdamer Politiker Sascha Krämer (früher Linke, inzwischen parteilos) liiert ist. Als Schubert im Frühjahr 2025 abgewählt wurde, wurde ihr Name sofort wieder genannt.

Aubel trat als Parteilose an, wurde aber von den Grünen, der Ortspartei „Die Andere“, Volt und dem Sarah Wagenknecht-nahen „Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit“ unterstützt. Keine ganz einfache Kombination, daher sagte Aubel schon vor der Wahl, wolle sie im auf „wechselnde Mehrheiten und sachorientierte Entscheidungen“ setzen.

Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Textes war davon die Rede, dass Noosha Aubel mit Sascha Krämer verheiratet ist. Das Paar ist jedoch nicht verheiratet. Wir haben den Fehler korrigiert.

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13 Kommentare

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  • Nachdem ich nun einiges über die Dame gelesen habe, komme ich zu dem Schluß, dass sie ihre Parteilosigkeit als Karrieremittel nutzt.



    Bleibt zu hoffen, dass sie nunmehr tatsächlich etwas länger bleibt und zu Ende bringt, was sie angefangen hat. Bevor sie den nächsten Karriereschritt einläutet.

  • Natürlich kann sich jede Person überall in D für ein Amt aufstellen lassen solange genügend Unterstützungsunterschriften für einen Wahlvorschlag zusammengebracht werden können. Zumeist reichen wohl weniger als 50.



    Wie wurde denn der Wahlkampf finanziert ? Der kostet doch sicherlich ein kleines Vermögen (ca 50k € ?) .



    Wieso werden regelmäßig Kandidaten aus allen möglichen Ecken aufgestellt aber weniger "Vor-Ort-Gewächse" bzw. Parteilose ?

  • Ich finde ihr Verhalten durchaus nachvollziehbar. Wenn ich mit dem Chef nicht klarkomme, dann suche ich mir einen neuen Job. Ist der Chef dann weg, dann komme ich zurück, wenn die Möglichkeit besteht. Sie war ja auch nicht die einzige, die Schwierigkeiten mit dem letzten Bürgermeister hatte. Durch sein Verhalten hat er ja letztlich jeglichen Rückhalt verloren und wurde noch vor Ende seiner Amtszeit abgewählt - das kommt nicht alle Tage vor.



    Außerdem hat sie ja auch private Verbindungen zu Potsdam.



    Es jetzt so hindrehen zu wollen, als sei sie eine Person, die ihr Fähnchen nur nach dem Wind hängt, greift daher meines Erachtens zu kurz.

  • Im Vergleich zu der Zeit von vor ~200 Jahren, ist die größte Änderung vielleicht doch nur, das man kein "von" im Namen mehr braucht.



    Wobei man das genau genommen auch damals nicht unbedingt brauchte. Der Hintergrund und die Beziehungen waren wichtig, exakt wie heute.

  • In der Wahl für einen Oberbürgermeisterposten einer größeren ostdeutschen Stadt werden von allen Parteien bis auf einer lauter westdeutsche Kandidaten aufgestellt? Finden wir als Ostdeutsche voll Spitze. Wieso werden im Wahlkreis Potsdam eigentlich immer die Berliner und westdeutsche Parteiprominenz durchgeschliffen? Wer sich mal anschaut wer so alles in diesem illustren Wahlkreis aufläuft von Olaf Scholz bis Frau Baerbock könnte glatt ins Grübeln kommen. Womit haben wir im Osten nur so viel Zuneigung verdient?



    Sehr interessant auch die geographische Verteilung der Wählerstimmen. Von den echten Potsdamern ist die neue OB eher weniger gewählt worden sage ich mal vorsichtig.

    • @Šarru-kīnu:

      Speak for yourself. Mir als ‘Ostdeutscher‘ ist es egal, woher jemand kommt, solange er die nötigen Voraussetzungen für das Amt mitbringt.

    • @Šarru-kīnu:

      Warum haben Sie "als Ostdeutsche(r)" nicht selbst kandidiert? Bequemlichkeit? Angst vor der Verantwortung? Und wer "echte Potsdamer" sind, bestimmen Sie?

  • Nach Lesen des Artikels bin ich so schlau wie vorher. Welche politischen Positionen vertritt Frau Aubel, wer hat ihren Wahlkampf finanziert, um was ging es im Streit in Hilden?



    Stattdessen werden Wikipedia-Daten aufgeführt.



    Und Nordrhein-"Westfahlen" schmerzt beim Lesen.

    • @Ignaz Wrobel:

      Na, wenn sie von den Grünen, Volt, dem BSW und der Ortspartei "Die Andere" unterstürtzt wurde, wird sie deren Positionen vertreten. Die sind vermutlich etwas anders als die von der verstaubten SPD.

  • Sachorientierte Entscheidungen statt Parteiklüngel hört sich doch schonmal gut an. Mal schauen was denn tatsächlich kommt.

  • Zu den Absurditäten der repräsentativen Demokratie gehört auch, dass die sich zur Wahl stellenden PolitikerInnen ihre Ambitionen wie die Fähnchen nach dem Wind richten und ihr Fähnchen auch noch fast nach Belieben verpflanzen können. So kann denn Frau Aubel die „ einmalige Chance auf den Chefposten in der brandenburgischen Landeshauptstadt nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen“ und keiner wundert sich, wen wollte sie in Flensburg und wen nun Potsdam repräsentieren? Die floskelhaften Antworten, wie alle BürgerInnen, die Stadt, das Land usw. sind hinlänglich bekannt, sollen uns vergessen machen, dass Frau Abel, wie andere PolitikerInnen, vor allem und zuerst eigen Machtambitionen verwirklichen will. Das liegt auch daran, dass, wer in der repräsentativen Demokratie mitregieren will, zwingend Anteil an der Macht erringen muss, sonst funktioniert die ganze Schose nicht. Nach dem Ergebnis der Stichwahl „repräsentiert“ nicht einmal 31% der wahlberechtigten PotsdamerInnen. Mehr demokratische Mitbestimmung ist nicht notwendig. Otto NormalbürgerIn kann draußen bleiben.

    • @DemokratischeZelleEins:

      "Otto NormalbürgerIn kann draußen bleiben."

      Betonung auf "kann", denn ja, auch das Draußenbleiben gehört zu den RECHTEN des demokratischen Souveräns (solange er nicht aktiv am Teilnehmen gehindert wird). Ob es so schlau ist, davon in diesem Maße Gebrauch zu machen, ist natürlich eine andere Frage. Aber die Demokratie beinhaltet auch keine zwingende Pflicht der Bürger, sich intelligent zu verhalten.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Ihre 31% zeichnen ein verzerrtes Bild, denn die Wahlbeteiligung lag nur bei 42%. Dem Rest war es anscheinend egal, wer von beiden sie repräsentiert. (Bei den sehr ähnlichen Programmen keine große Überraschung). Die lassen Sie einfach unter den Tisch fallen. Richtiger wäre zu sagen, dass Noosha Aubel 11% nicht repräsentiert, nämlich alle, die sie explizit nicht gewählt haben. Noch richtiger wäre es, einfach nichts zu sagen.