Neue Pipelines aus Norwegen und Spanien: Wasserstoff-Röhren von Nord und Süd
Neue Pipelines aus Norwegen und Spanien sollen „grünes“ Gas für die Industrie nach Deutschland bringen. Zugleich beginnt ein Run auf die Subventionen.
Die mehr als 400 Kilometer lange Trasse werde als Sammelpipeline konzipiert; sie könne einerseits Wasserstoff von verschiedenen Produktionsstandorten einsammeln und zugleich die Infrastrukturen der Nordsee-Anrainerstaaten verbinden. Die projektierenden Unternehmen wollen dieses sogenannte AquaDuctus-Projekt bei der EU-Kommission als „besonders wichtiges europäisches Infrastrukturprojekt“ anerkennen lassen – was ihnen eine Milliardenförderung aus EU-Mitteln einbrächte.
Die Mitteilung der Firmen kommt nur knapp drei Wochen nachdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre in Oslo ein strategisches Abkommen geschlossen hatten, dessen wesentlicher Aspekt der Bau einer gemeinsamen Wasserstoff-Pipeline ist.
Nach den Vorstellungen von Gascade soll in einem ersten Schritt der geplante Offshore-Windpark „SEN-1“ in der deutschen Bucht an AquaDuctus angebunden werden. Der erste Wasserstoff soll dann 2030 fließen. In den Folgejahren, so die Firma Gascade, könnten weiter entfernt gelegene Wasserstoff-Windparks sowie Wasserstoff-Infrastruktur europäischer Nordsee-Anrainerstaaten eingebunden werden. Bis 2035 solle über die Nordseepipeline bis zu eine Million Tonnen Wasserstoff jährlich nach Deutschland transportiert werden.
Wasserstoff-Pipeline „H2Med“ geplant
Der „grüne“ Energieträger, der in der EU und in den Ländern derzeit stark propagiert wird, soll aber nicht nur aus dem Norden, sondern auch aus dem Süden nach Deutschland fließen. Deutschland und Frankreich haben soeben vereinbart, die zwischen Spanien und dem südfranzösischen Marseille geplante Wasserstoff-Pipeline „H2Med“ nach Deutschland zu verlängern.
Die beiden Länder verbindet ohnehin bereits eine starke industrielle Zusammenarbeit im Wasserstoffsektor: Siemens Energy und die französische Air Liquide hatten im vergangenen Sommer die Gründung eines Joint Ventures bekannt gegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen will in Berlin eine industrielle Serienfertigung von Elektrolyseuren aufbauen. Parallel sollen unter dem Projektnamen „Norman’Hy“ in Port-Jérôme in der Normandie Elektrolyseur-Kapazitäten von 200 Megawatt aufgebaut werden. Sie sollen Wasserstoff für das europäische Netz erzeugen.
Das Gas aus den diversen Ländern soll in Deutschland von der Industrie abgenommen werden, die damit ihren Verbrauch an fossilen Energien senken möchte. „Grüner Wasserstoff ist zentral für das Erreichen der Pariser Klimaschutz-Ziele“, erklärt das Bundesforschungsministerium. Dieses hatte auch schon „strategische Partnerschaften mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien“ ins Spiel gebracht, von wo das Gas dann per Schiff nach Europa geliefert werden müsste.
Die Fokussierung auf die Industrie als Abnehmer resultiert vor allem daraus, dass für Großverbraucher ein reines Wasserstoffnetz technisch leichter und kostengünstiger aufzubauen ist, als wenn man das bestehende, fein verästelte Gasverteilnetz für den Betrieb mit hohen Wasserstoffanteilen umrüsten würde.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel