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Neue Nahost-Vereinbarung mit IsraelKein Grund zum Feiern

Gastkommentar von René Wildangel

Der Friedensdeal zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird überwiegend gefeiert. Dabei beseitigt er keinen einzigen Konflikt.

Netanjahu kann auch ohne Zugeständnisse an die Palästinenser mit den Golfstaaten kooperieren Foto: Debbie Hill/ap

I m Jahr 2002 nahm die Arabische Liga einen Plan an, der ein Angebot von historischer Tragweite enthielt: Einem Ende der israelischen Besatzung palästinensischen Landes sollte ein umfassender Friedensschluss und eine Normalisierung mit allen Staaten der Arabischen Liga folgen. Israelischer Premierminister damals: Ariel Scharon. Sein Interesse an diesem Friedensangebot: null. Auch der seit 2009 amtierende Netanjahu lehnte die Initiative stets ab, denn er wusste: Mit den Golfmonarchien, die wie Israel daran interessiert sind, den Einfluss Irans sowie der Muslimbruderschaft einzudämmen, kann er auch ohne Zugeständnisse kooperieren.

Dass der kürzliche „Friedensschluss“, der dieses strategische Bündnis formalisiert, von Trump per Twitter verkündet wurde, ist kein Zufall: Passt es doch ausgezeichnet in seine Politik „maximalen Drucks“ gegen den Iran und seine regionalen Verbündeten. Während sich die Emirate brüsten, eine israelische Annexion von Teilen des Westjordanlands verhindert zu haben, spielt Israels Besatzung und Netanjahus aggressive Siedlungspolitik keine Rolle. Seine Ablehnung der Zweistaatenlösung wird belohnt, die arabische Friedensinitiative von 2002 ist endgültig Geschichte.

Dass dieses durchsichtige Manöver auch von der deutschen Außenpolitik als wegweisender Friedensschluss gefeiert wird, ist irritierend. Außenminister Maas sieht nach seinem jüngsten Besuch in Abu Dhabi eine Grundlage, das „Verhältnis zwischen Israel und der arabischen Welt positiv weiterzuentwickeln.“

Aber der Friedensdeal bringt weder eine umfassende Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts noch eine Beseitigung regionaler Bruchlinien. Deutschland und die EU müssen zumindest Erwartungen an die Protagonisten hinsichtlich ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen formulieren. Das gilt für Israel gegenüber den Palästinensern ebenso wie für die Emirate, die als wichtiger Player in der Region Konflikte wie in Libyen und Jemen befeuern, statt ein verlässlicher Partner für Frieden zu sein.

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35 Kommentare

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  • Es gibt Hoffnung:

    Michael P. seines Zeichen US-Außenminister trifft sich nächste Woche mit König Bibi.

    Vielleicht überraschen sie uns und zaubern eine Friedensformel aus dem Hut, mit der beide Seiten leben können?

    • @Lady Tanja:

      Beide Seiten heißt dann USA und Israel?

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @Francesco:

        hallo francesco erzählen sie uns doch bitte, wie sie darauf kommen, dass die pa.seite eine "uneingeschränktes rückkehrrecht" fordert, welche sie gar nicht wahrnehmen wollen würde, obwohl sie für dieses "rückkehrrecht" schon mehrere angebote zur eigenstaatlichkeit abgelehnt hat?

      • @Francesco:

        Ich meinte damit König Bibi und seine Nachbarn in den Gebieten.

        Es muss nämlich langsam schluss sein mit der Besatzung.

  • 9G
    90564 (Profil gelöscht)

    "aber nicht die tatsächliche Rückkehr." könnten sie zu dieser behauptung einen beleg bringen? bisher kenne ich nur die forderung nach einem TATSÄCHLICHEM "rückkehrrecht" für 5-8millionen "flüchtlinge" nach israel. mir SCHEINT sie sitzen da einem fehlglaube auf

    • @90564 (Profil gelöscht):

      Lieber Werwilldaswissen.



      Sie stellen eine sehr gute Frage. Ihre Analyse, eines Fehlglaubens ist vollkommen richtig. Bedenken sie auch, war das, was man sich schon seit dem frühen Mittelalter im christlichen Europa über Juden erzählt hat jemals belegbar? Die einzigen "Belege", die man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gefunden hatte waren die Protokolle der Weisen von Zion. Was die Flüchtlinge angeht, so haben wir den Anspruch Flüchtlinge bei uns zu integrieren. Niemand unserer deutschen Freunde der Palästinenser käme auf die Idee sich dafür einzusetzen, die Nachkommen der palästinensischen Flüchtlinge im Libanon, und allen anderen arabischen Staaten, die man in Lagern der Aufnahmestaaten dahinvegetieren lässt in die dortigen Gesellschaften zu integrieren. Den selben Freunden der Palästinenser kämen im Traum nicht darauf, den hier bei uns in Deutschland angekommenen Flüchtlingen ein Rückkehrrecht in die Stammbücher des so hochgehaltenen internationalen Rechts setzen zu lassen.



      Die Denkweise bei uns hat sich selbst im Angesicht der unsagbaren Verbrechen von 1933 bis 1945 nicht verändert.

      • @Günter:

        Selbstverständlich haben die bei uns angekommenen Flüchtlinge ein international verbrieftes Rückkehrrecht. Das muss niemand erst in die Stammbücher des internationalen Recht setzen lassen, das ist schon gegeben!

        • @Martha:

          Es geht darum, dass noch den Enkeln und Urenkeln dieser "Flüchtlinge" noch die Rückkehr erlaubt sein soll. Was halt nicht nur unpraktikabel scheint, sondern noch auf vielen anderen Ebenen schwachsinnig erscheint.

          • @Peter Pasetti:

            Nun wären die Enkel und Urenkel auch dort wenn die Flüchtlinge damals zurückkehren hätten können.

  • Lesen wir etwa diesen Kommentar des DLF www.deutschlandfun...:article_id=482416



    Zitat:



    "Die Palästinenser haben zu oft die Chance verpasst, mit Israel zu einem historischen Kompromiss zu kommen. Dreimal, unter drei verschiedenen israelischen Ministerpräsidenten, hat man ihnen eine Zwei-Staaten-Lösung angetragen, dreimal hat die palästinensische Führung abgelehnt."



    Zitat Ende

    Und lesen wir hier:



    www.nahost-politik...lungen/ben-ami.htm



    "Der Tag, an dem der Frieden starb".



    Zitat:



    "Machten die Palästinenser keinen Gegenvorschlag?



    „Nein, und das ist der Kern der Angelegenheit. Es gab in den Verhandlungen zwischen uns und den Palästinensern keinen einzigen palästinensischen Gegenvorschlag. Es gab keinen und es wird niemals einen geben. Deshalb befindet sich der israelische Unterhändler immer in einem Dilemma: Entweder stehe ich auf und gehe hinaus, weil diese Jungs nicht bereit sind, von sich selbst aus weiterführende Vorschläge zu machen oder ich mache ein weiteres Zugeständnis. Am Ende macht auch der moderateste Unterhändler die Erfahrung, dass es kein Ende dieses Ablaufes gibt.“

    Und nun, nach allem, für uns die höchste aller Fragen: Warum sind deutsche Christen so besessen davon, Juden in allen Himmelsrichtungen nachzustellen, nachdem es nach dem Holocaust kaum noch Juden in Deutschland gab. Sie über die halbe Welt nach Middle East zu verfolgen, um ihnen dort die Menschenrechte zu erklären?

    • @Günter:

      Was haben Sie denn immer mit den deutschen Christen, es gibt auch Deutsche die keine sind. Es gibt sogar Atheisten!



      Nein es ist nicht der Kern der Angelegenheit, dass die Palästinenser immer alles und zu allen Zeitpunkten falsch machen - was für eine blödsinnige Unterstellung. Sie sind ja auch nicht dümmer als alle anderen. Außerdem ergibt sich selbst wenn es so gewesen wäre nicht der Schluss daraus, dass die Besatzungsmacht Land beschlagnahmt und die eigenen Leute darauf ansiedelt.

      • @Martha:

        Mal ganz nüchtern betrachtet. Warum befassen sich unsere christlichen Brüder und Schwestern nach 1948 so sehr mit dem, was die wenigen Überlebenden über 3000km weit weg machen.



        Persönlich finde ich es für mich viel wichtiger Bücher, wie etwa das von Daniel Jonah Goldhagen -Hitlers willige Vollstrecker- zu lesen, oder diese sehr empfehlenswerte Dokumentationsreihe zu schauen:



        www.youtube.com/wa...f_c9P6TBzrsMkm6Z6z

    • @Günter:

      Das ist die Sicht von Ben-Ami

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @Francesco:

        und wie ist die sicht der hamas? aber erzählen sie uns doch erst, wie sie darauf kommen, dass die pa.seite eine "uneingeschränktes rückkehrrecht" fordert, welche sie angeblich gar nicht wahrnehmen will und für dieses "rückkehrrecht" schon mehrere angebote zur eigenstaatlichkeit abgelehnt hat?

  • Ich vermisse ehrlich gesagt die Bereitschaft von Herrn Bibi einen Schritt auf seine liebreizenden Nachbarn zu gehen und ihnen eine riesige Freude zu machen.

    Womit könnte er dies schaffen?

    Mit einem ernstgemeinten Angebot zum Rückzug aus den Gebieten.

    Ich meine, was soll dann noch schief laufen mit dem Friedensvertrag und der gegenseitigen Anerkennung?

  • Ist es nicht so, dass zu diesem Plan das "Rückkehrrecht" von fünf Millionen Palästinenserinnen und Palästinensern gehörte?

    Eine Forderung, die wohl keine israelische Regierung akzeptieren könnte.

    • @Jim Hawkins:

      "Eine Forderung, die wohl keine israelische Regierung akzeptieren könnte."

      Zu dem Plan gehört die Anerkennung des Rückkehrrechts, aber nicht die tatsächliche Rückkehr. Ein großer Teil der Flüchtlinge aus dem Libanon soll dem Plan gemäß ins Westjordanland "zurückkehren". (Israel erlaubt bis heute nicht, dass palästinensische Flüchtlinge aus andern Ländern sich im Westjordanland oder im Gazastreifen niederlassen. Soweit zur Autonomie der Palästinenser.)

      • 9G
        90564 (Profil gelöscht)
        @Francesco:

        "aber nicht die tatsächliche Rückkehr." könnten sie zu dieser behauptung einen beleg bringen? bisher kenne ich nur die forderung nach einem TATSÄCHLICHEM "rückkehrrecht" für 5-8millionen "flüchtlinge" nach israel. mir SCHEINT sie sitzen da einem fehlglaube auf

        • @90564 (Profil gelöscht):

          Ein Rückkehrrecht impliziert noch lange nicht, dass alle 5-8 Millionen Flüchtlinge tatsächlich zurückkehren werden.

          • 9G
            90564 (Profil gelöscht)
            @Francesco:

            was impliziert ein uneingeschränktes "rückkehrrecht" denn sonst? sie haben also KEINEN beleg für ihre behauptung? mit wunschdenken lässt sich der konflikt leider nicht lösen



            www.mena-watch.com...srael-boykotteure/

  • Vielen Dank Herr Rene Wildangel für diesen sehr informativen Gastbeitrag.

    Er zeigt eindrucksvoll auf, das mit dieser Bibi-Regierung leider kein Frieden zu machen ist.

    Warum nicht?

    Eben weil es keinen Druck gibt und die internationale Staatengemeinschaft viel zu sanft mit ihrem Baby ist.