Neue Musik aus Berlin: Trip zum fernen Ufer
Michael Lapuks veröffentlicht mit „Distant Shore“ ein auf 200 Exemplare limitiertes Album mit geradezu optischer Musik – auf vielen Ebenen.
F ür eine eigenwillige, dabei doch stimmige Dramaturgie hat sich der Musiker und bildende Künstler Michael Lapuks auf seinem neuen, größtenteils instrumentalen Album „Distant Shore“ entschieden.
Gegen alle Regeln der Kunst hat er die schwersten Brocken unter den insgesamt 12 Titeln nicht an den Anfang oder das Ende der knappen Stunde Spielzeit platziert, sondern mittendrin, und knapp vor der Hälfte zwei heftige Stücke gesetzt.
Da ist einmal der kratzbürstige, elektrifizierte und gezerrte Blues „Prententious Tendency“ mit seiner nervösen Handperkussion, dann der monolithische Noiserock „This Is Something Else“. In ihn schalten sich kurze Wortmeldungen wie aus einem verrauschten Telefon ein, und es erklingen Flötentöne, doch künden sie nicht von Idylle.
Das gelingt anderen Kompositionen von Lapuks, der das auf 200 Exemplare limitierte Album weitestgehend allein eingespielt hat. Der Tonmeister Paul Davis ist auf vier Stücken auch am Bass zu hören, darunter der Albumeröffnung „Approach“, einer schönen Mixtur aus Krautrock-Wiederholungen und psychedelischem Folk.
Michael Lapuks: „Distant Shore“ (rasant records); live mit neuem Bandprojekt None Ho: Panke Club, 4. 11., 19 Uhr
Das ganze Arsenal psychedelischer Rockmusik kommt in „To Be Continued“ in einer überzeugend filmischen Klangästhetik zum Einsatz. „Distant Shore“ ist eine ausgesprochen optische Musik mit mehreren Ebenen.
Dass Michael Lapuks sich in seinen Bildern Techniken wie des Tief- und Hochdrucks bedient, passt dazu wie die City des Albumcovers, auf dem Meeres- und Wüstenfauna einen Stadtrundgang machen. Der Trip zum fernen Ufer klingt mit dem Titel „Awakening“ aus. Die Entlassung in die Realität führt zum Tasten nach dem Traum.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!