Neue Musik aus Berlin: Widerstand und Stille

Der ukrainische Komponist Valentin Silvestrov komponierte den Chorzyklus „Maidan“ bereits 2014, als Reaktion auf die damaligen Proteste im Land.

Schwarz-weiß Aufnahme des Komponisten Valentin Silvestrov: Nahaufnahme von Silvestrovs Gesicht. Er ist links im Bild, rechts hinter ihm erstreckt sich ein Flur, an dem Licht- und Schattenspiele an den Wänden zu sehen sind. Er trägt eine Brille mit dunklem Rand

Einer der berühmtesten Tonkünstler der Ukraine: Valentin Silvestrov Foto: Roberto Masotti

Der ukrainische Komponist Valentin Silvestrov, zu Sowjetzeiten Vertreter der „Kiewer Avantgarde“, ist der berühmteste lebende Tonkünstler seines Landes. Seit Anfang März ist er Wahlberliner durch erzwungene Wahl. Seine Musik hingegen hat schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr viel mit der musikalischen Vorhut seiner Geburtsstadt gemein, gehört zur Avantgarde für Silvestrov doch „auch die Fähigkeit, sich von ihr loszusagen“.

Silvestrov zählt damit zu einer Reihe von Komponisten des ehemaligen Ostblocks, die sich nach einem ästhetischen Bekenntnis zur Moderne, was ihnen damals politisch wenig half, irgendwann neu ausrichteten. Besonders der Este Arvo Pärt und Giya Kancheli aus Georgien wurden im Westen sehr bekannt. Valentin Silvestrov hat einen Stil entwickelt, der an die Romantik anknüpft, ohne sie zu kopieren oder schlicht fortzuschreiben.

Harmonien sind bei ihm erlaubt, aber kein Muss, die Vergangenheit ist bei ihm lebendig und klingt alles andere als homogen. Was auch für seine Vokalmusik gilt. Den Chorzyklus „Maidan“ komponierte Silvestrov 2014, als direkte Reaktion auf die Proteste im Land.

Valentin Silvestrov: „Maidan“ (ECM Records)

Wie Glockenschläge schwellen die Akkorde des Kyiv Chamber Choir kurz an und wieder ab, in einigen Stücken lösen sich einzelne Sänger als Stimmen aus dem Ensemble, die Stimmung ist gesammelt und sakral. Für Silvestrov kein Widerspruch, „Maidan“ ist im Krieg eher noch aktueller geworden. In seinen eigenen Worten: „Je lauter die Mörser und Kanonen sind, desto leiser wird die Musik.“

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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