Neue Musik aus Berlin: Kühler Dub, fast gespenstisch

Auf seinem neuen Album „Tempus“ findet der Elektromusiker Pole zu einer Sprache des Dub, die Zeitwahrnehmung hörbar macht und hartnäckig Sog erzeugt.

Der Musiker Stefan Bethke steht vor einer vertäfelten Wand, er hält eine Zigarre in der Hand und schaut dem Rauch nach, der nach oben wegzieht

Foto: Filipe Marques

Schon auf dem Vorgänger „Fading“ (2020), seinem ersten Album nach fünf Jahren, widmete sich Pole alias Stefan Bethke der vergehenden Zeit. Genauer gesagt dem Verschwinden von Erinnerungen – ausgelöst durch die Demenzerkrankung seiner Mutter. Auch auf seinem neuen Album „Tempus“ beschäftigt sich Bethke mit der Zeit und ihrer Vergänglichkeit.

Und welches musikalische Genre ist schon besser geeignet, unsere oft ja unzuverlässige Zeitwahrnehmung zu illustrieren als der Dub. Dessen Wesensmerkmal ist es ja, Sounds zu dehnen und zusammenschnurren zu lassen, mit Halleffekten, Pausen, Rückkoppelungen und Echos.

Mit dubbigen Klängen arbeitete der Berliner Elektronikkünstler besonders in seinem Frühwerk, heute finden sie sich in vergleichsweise subtilen Spuren in seinem Ambienttechno wieder. Auf dem neuen Album am deutlichsten im Track „Stechmück“, der sich ähnlich hartnäckig in den Ohren seiner Hö­re­r:in­nen festsetzt wie es der titelgebenden Moskito schon an manchem lauen Abend gelungen ist.

Pole: Tempus (Mute/Pias); Pole & Max Loderbauer live am 13. 12. im Arkaoda, Karl-Marx-Platz 16

Bethke arbeitet in seinen Kompositionen mit Auslassungen und gibt den Stücken so eine minimalistische Anmutung. Klang der Vorgänger, passend zu seinem Thema – der verschwimmenden Erinnerung – noch verwaschen und leicht noisig, ist der Sound auf „Tempus“ bei aller Sprödheit klar, konturierter und auch soghafter. Bisweilen wirkt das kühl, fast gespenstisch. Etwa im dräuenden „Alp“: In dem Track pflügt immer wieder ein brutal metallischer Sound durchs Soundbett und verhindert ein Eingrooven. Bis sich der Groove dann doch wieder durch die Hintertür einschleicht.

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