Neue Musik aus Berlin: Charme und Chuzpe
Wie DAF mit begrenzten Mitteln: Die frühen Tape Recordings des Einstürzende-Neubauten-Mitglieds Alexander Hacke werden wiederveröffentlicht.
B evor Alexander Hacke 1980 Mitglied der Einstürzenden Neubauten wurde, hatte er bereits in Punkbands gespielt und mit Home Recordings experimentiert. Gerade 13 Jahre war er alt, als er unter dem Alias Alexander von Borsig begann, mit Synthesizern schräge Noisetracks im Kinderzimmer aufzunehmen. Sein Vater arbeitete damals für die Borsigwerke, der Sohn bekam Werbesticker der Maschinenbaufirma und verzierte damit die Westberliner Clubs. So ersann Hacke seinen ersten Künstlernamen.
Mit der Kompilation „Borsigwerke“ erscheinen nun gesammelte frühe Aufnahmen, die in Teilen sensationell sind. Fiepende Synthesizer, Rauschen und eine Pluckerbeat sind etwa in „Das Leben ist schön“ zu hören, dazu trällert der Borsigwerker: „Das Leben ist schön/ die Luft ist rrrein/ und so soll es immerrr sein“.
In „Hiroshima“ läuft dagegen ein vorprogrammierter Walzer-Takt, im Refrain werden schlicht die Zeilen repetiert: „Hiroshima/ wie schön es war“. Die Essenz des Minimal Wave und des Punk wird hier vorweggenommen, die Songs klingen fast wie DAF mit den begrenzten Mitteln des Kinderzimmers.
Alexander von Borsig: „Borsigwerke. The Complete Recordings of Alexander von Borsig“, Doppel-LP (Mauerstadtmusik)
Zudem erinnern sie an den Humor der Hörspiele, die Helge Schneider etwa zur gleichen Zeit aufnahm. Nur ist Von Borsig dabei noch etwas morbider, wenn er etwa über wabernde Sounds einen Text über eine Hinrichtung liest („Zu den anderen gerollt werden“).
In „Helmut, 35, Medizinstudent“ sampelt er ein Arztgespräch mit einer „delinquenten“ Jugendlichen (wie man das damals genannt hätte). Der Charme und die Chuzpe dieses juvenilen Anarcho-Ansatzes weiß auch heute noch zu begeistern.
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