Neue Musik aus Berlin: Ragtime gegen den Teufel

Igor Strawinskys „Die Geschichte vom Soldaten“ neu eingespielt. Mit Isabelle Faust an der Geige und Dominique Horwitz als teuflischem Sprecher.

Einb schwarz-weiß Porträt von Isabelle Faust, die ihre Geige in den Händen vor dem Körper trägt

Isabelle Faust beherrscht die Geige auch ohne Pakt mit dem Teufel Foto: Felix Broede

Kreative Beschränkung muss nicht immer selbst gewählt sein. Manchmal kommen äußere Faktoren hinzu, zum Teil von globaler Tragweite. Als Igor Strawinsky Anfang 1918 sein Bühnenmärchen „L’histoire du soldat“ schrieb, war sein früheres Feriendomizil in der Schweiz durch den Ersten Weltkrieg kurzerhand zum Exil geworden. Für den Komponisten, der zuvor große Orchesterwerke wie die Ballettmusiken „Sacre du printemps“ oder „Der Feuervogel“ geschrieben hatte, bedeutete das auch einen Verlust an Ressourcen.

So orientierte er sich stattdessen am Wandertheater in kleiner Besetzung, auf der Bühne wie bei den Musikern. Zusammen mit dem Schweizer Schriftsteller Charles Ferdinand Ramuz entstand nach einem russischen Märchen ein Musiktheater mit gesprochenem Text, mehr erzählerisch als dramatisch, sparsam in den Melodien, dafür oft kantig im Rhythmus.

Erzählt wird die Geschichte eines Soldaten auf Heimaturlaub, der den Schmeicheleien des Teufels erliegt, im Tausch gegen seine Geige von diesem ein Zauberbuch erhält, mit dem der Soldat zugleich seine Seele verkauft. Er versucht sich zu wehren, fällt aber immer wieder auf den großen Verführer herein.

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Igor Strawinsky: „Die Geschichte vom Soldaten“ (Harmonia Mundi), Isabelle Faust, Dominique Horwitz, Alexander Melnikov.

Live: am 16. 9. in der Philharmonie

Vor 50 Jahren ist Strawinsky gestorben, zum Jubiläum gibt es daher eine Reihe an Neueinspielungen seiner Werke. Darunter eine deutsche Fassung der „Geschichte vom Soldaten“. Zum siebenköpfigen Ensemble gehört die Geigenvirtuosin Isabelle Faust, Sprecher sämtlicher Parts – Vorleser, Soldat und Teufel – ist der Schauspieler Dominique Horwitz.

Die Musiker spielen sämtlich auf Instrumenten aus der Entstehungszeit des Stücks, was den schroffen Charakter von Strawinskys Kammermusik hervorhebt. Besonders Faust lässt ihre Violine oft mit viel Freude an der Sache kratzen, während Horwitz seinen Teufel nicht minder schroff krächzen lässt und den Soldaten betont tumb gestaltet, um die Rollen klar zu trennen. Als vermeintlicher Triumph über den Teufel ertönen zwischendurch Tango und Ragtime. Auch gut hundert Jahre nach der Uraufführung wirkt das wunderbar frisch.

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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