Neue Musik aus Berlin: Oden an die Göttin des Todes

Für das Projekt „Hotel Kali“ ist die die Berliner Musikerin Theresa Stroetges im Rahmen der Initiative Border Movement nach Westbengalen gereist.

Bandfoto "Hotel Kali"

„Hotel Kali“(Varun Desai, Suyasha Sengupta, Debjit Mahalanobis und Theresa Stroetges) Foto: Arhan Sett

Wenn man sich so ansieht, was andere Religionen für Autoritäten verehren, möchte man meinen, dass der Gott des Christentums gar nicht die schlechteste Wahl ist. Im Hinduismus zumindest steht die Göttin Kali für Tod und Zerstörung. Klingt eher unheimlich. Zumal man göttlichen Beistand hierzulande meist sucht, um genau diese Dinge abzuwenden.

Andererseits sind Kalis Gewaltakte wohl auch mit Erneuerung und Transformation verbunden. Und vor allem, das jedenfalls hat die herkömmlich interpretierte Trinität aus Gottvater, Sohn und heiligem Geist nicht zu bieten, gilt Kali als Göttin, die unabhängig von einem männlichen höheren Wesen ist.

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Hotel Kali: „Hotel Kali“ (Antime/Word & Sound)

Dass die Berliner Musikerin Theresa Stroetges während einer Residenz im indischen Kalkutta auf die feministischen Aspekte dieser Kali aufmerksam geworden ist, erscheint daher durchaus denkbar. „Hotel Kali“ heißt denn auch ihr jüngstes Projekt. Für zwei Monate war Stroetges auf Einladung des Goethe-Instituts und des Musicboard Berlin im Rahmen der Initiative Border Movement in die Hauptstadt des Bundesstaats Westbengalen gereist.

Stroetges leistete schon mit ihrem Projekt Golden Diskó Ship und der Band Soft Grid feingliedrige Erneuerungsarbeit auf Grundlage von historischen Vorlagen wie Krautrock. Ihren Arbeitsaufenthalt nutzte sie jetzt für neue künstlerische Begegnungen mit indischen Musikern.

Für „Hotel Kali“, so der Titel ihres Albums, schloss sich Stroetges mit dem Synthersizerliebhaber Varun Desai, dem Kontrabassisten Debjit Mahalanobis und der Songwriterin Suyasha Sengupta zusammen. Gemeinsam erzeugen sie ein Hybrid aus flirrend elektronischem Krautpop und kreiselnden Melodien, die sich nicht unbedingt auf einen lokalen Nenner bringen lassen.

Viele Stücke haben etwas von improvisierten Sessions, fließen ruhig vor sich hin, irritieren bevorzugt sanft. Heterogen allemal, lediglich der Drumcomputer sorgt in der Regel für ein stoisches Fundament. Darauf bauen sie auf. Mit der Erneuerung durch Kali scheint es geklappt zu haben. Tim Caspar Boehme

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.