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Neue Eskalation im Hambacher ForstZwillenschüsse auf Polizisten

Mehrere hundert Polizisten sind am Montagnachmittag im Hambacher Forst im Einsatz. Grund: ein Angriff auf Polizisten – und politischer Druck.

Polizei im Hambacher Forst: Im Hellen sieht es harmlos aus. Hier bei einer Räumung im Jahr 2012. Foto: dpa

BERLIN taz | Im heiß umkämpften Hambacher Forst ist es am Montagnachmittag zu neuen Eskalationen gekommen. Mehrere hundert Polizeibeamte sind seit dem Montagnachmittag rund um das wohl umkämpfteste Waldstück Deutschlands im Einsatz. Der Kampf um den Braunkohletagebau Hambach und einige hundert Bäume, die gefällt werden sollen währt inzwischen seit Jahren.

Im Hambacher Forst, einem Waldstück an der westdeutschen Grenze in der Nähe der Stadt Düren, halten seit 2012 dutzende Aktivisten eine Wiese und zahlreiche Bäume - teils in bis zu 21 Meter hohen Baumhäusern - besetzt. Sie wollen den angrenzenden Tagebau aufhalten und weitere Baumrodungen verhindern, die nötig sind, um den von RWE betriebenen Braunkohletagebau auszuweiten.

Hintergrund der neuen Eskalation sind offenbar Rodungsarbeiten, die noch kurz vor Ende der Rodungssaison vorgenommen werden sollten: Aufgrund umweltrechtlicher Einschränkungen darf RWE nur in den Wintermonaten Bäume fällen, um in der Brut- und Nistsaison Jungtiere im Wald zu schützen.

Waldbesetzer nahmen dies offenbar zum Anlass, gegen die von Polizei geschützten Baumarbeiter vorzugehen. Die Polizei berichtet von Zwillenschüssen auf Beamte und mehreren beschädigten Polizeiautos. Waldbesetzer wiederum berichten von einem rabiaten Polizeieinsatz im Wald. So sei unter anderem eine Klettervorrichtung abgesägt worden, auf der sich ein Aktivist befunden habe.

Ermittlungen gegen RWE-Mitarbeiter

Bereits in den vergangenen Monaten war es im Hambacher Forst immer wieder zu teils massiven Auseinandersetzungen gekommen. Vermummte attackierten wiederholt RWE-Anlagen und -Mitarbeiter. Umgekehrt gingen diese auch auf Aktivisten los. Derzeit ermittelt die Polizei unter anderem auch gegen einen RWE-Mitarbeiter, der in Folge eines Angriffes Ende Januar versucht haben soll, vermummte Aktivisten mit einem Auto niederzufahren, wie ein Netzvideo dokumentieren soll.

Hintergrund des massiven Polizeieinsatzes an diesem Montag ist offenbar auch, dass sich der sozialdemokatrische Landesinnenminister Ralf Jäger unter Druck sieht. Seine Partei, die SPD, steht in Nordrhein-Westfalen eng an der Seite der Kohlearbeiter und des Energiebetreibers RWE, der unabhängig von letzten Klimabeschlüssen in Paris im Tagebau Hambach noch eine geltende Abbaugarantie bis ins Jahr 2045 vorweisen kann.

Dafür werden derzeit zwei Ortschaften umgesiedelt, die ebenfalls komplett weggebaggert werden sollen. Dass die Polizei derzeit mit großer Personenstärke im Wald operiert ist offenbar auch durch den Druck auf die SPD zu erklären. Der Einsatz ist nach taz-Informationen eng mit dem Innenministerium abgestimmt. Ein halbgarer Schlichtungsversuch war zuletzt auch an der Skepsis der Waldbesetzer gescheitert.

Sämtliche Zufahrtswege verbarrikadiert

Eine Räumung des von Besetzern errichteten Camps steht allerdings laut Angaben des Dürener Landrats Wolfgang Spelthahn (CDU) nicht an. Er sagte der taz am Montagabend: „Es geht darum, dass wir alle Möglichkeiten des Rechtsstaates ausschöpfen und potenziell verdächtigen Straftätern auch in ihre Rückzugsgebiete folgen dürfen, um sie zu stellen.“

Was sich für manche selbstverständlich anhören mag, ist im Hambacher Forst nicht selbstverständlich: Der Wald ist von sämtlichen Zufahrtswegen her verbarrikadiert und auch mit schwerem Gerät für die Polizei nicht ohne weiteres passierbar. Dass der Einsatz während der Nacht ruhig verläuft, ist daher nicht zu erwarten.

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22 Kommentare

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  • Hier ein Bericht, der viele neue Punkte und Perspektiven beinhaltet: http://www.energiezukunft.eu/umwelt/leben/waldspaziergang-ohne-folgen-gn103954/

     

    Kurzbeschreibung: "Der Hambacher Forst wird für eine anachronistische Form der Stromgestehung vernichtet – es geht um Kohle. Junge Menschen leisten anarchischen Widerstand, besetzen Bäume. Sie verursachen alleine Gewalt, so der Tenor von Presse und Landesregierung. Zweifel an diesem Bild waren Grund für einen Ortstermin."

  • Am 3.3.16 gaben Unbekannte offensichtlich Schüsse in Richtung des Aktivistencamps am Hambacher Forst ab. So steht es auf der von den Aktivisten gepflegten WebSite „hambacherforst.blogsport.de“. Verlautbarungen der Polizei waren nicht zu hören. Medienberichte auch nicht. Was passiert da eigentlich?

    Wenn mensch die Berichterstattung in den Medien zu Vorkommnissen in diesem Wald mit den sehr umfassenden Darstellungen auf der Aktivisten-WebSite vergleicht, fällt auf wie sehr die Medien oft den Pressemitteilungen u. ä. Äußerungen von RWE, Polizei und Politik ungeprüft vertrauen. Vielleicht mit dem Ergebnis, dass die Öffentlichkeit z.T. der Suggestion unterliegt, im Hambacher Forst würden äußerst gewaltbereite Extremisten Widerstand gegen einen völlig legal agierenden Energieriesen leisten. Ich mutmaße, dass u.a. genau deshalb kein Aufschrei in den weitaus meisten Medien zu hören ist ob der vielen auf der Aktivisten-WebSite benannten (pot.) kleinen und größeren kriminellen Vorgehensweisen gegen die Umweltaktivisten. Für mich persönlich jedenfalls schreit es nach Ermittlung, Aufklärung und Strafverfolgung, wenn bspw.

    - im Herbst 2015 bei Kälte Aktivisten per Wasserwerfer durchnässt werden, um dann stundenlang eingekesselt unterkühlt ausharren zu müssen

    - am 21.1.16 RWE-Security mit einem Jeep gezielt Umweltschützer niederfährt

    - am 29.2.16 Polizei im Rahmen einer großangelegten Polizeiaktion einen über 4 m hohen Tripod samt Aktivistin darauf umsägt (Lebensgefahr!)

    - dieselbe Aktivistin als Gewalttäterin gegen Polizisten festnimmt und dies per Presseerklärung in die Medien bringt zu einem Zeitpunkt, als die Aktivistin bereits wegen von vorneherein offensichtlicher Unschuld wieder freigelassen war.

    Weitere Eskalationen dieser Art darf es nicht geben! Die Aktivisten brauchen hier gezielt aufklärende Berichterstattung in den Medien.

  • Also:

    1. keiner stoppt den Kohlabbau, keiner freiwillig.

     

    2. RWE hat das private Recht andere private Rechte zu beseitigen: Häuser zwecks wegbaggern.

     

    3. Niemand bewältigt das Problem der RWE-Finanzen: viele Kommunen sind in diesem Energieversorger eingebunden und selbst im Engpass. Einige haben Haushaltssperre.

     

    Wer kümmert sich darum die Energieversorgung des Landes NRW ökologisch zu reorganisieren?

     

    Was die Regierungsstrukturen dort machen ist fatal dumm und planlos.

     

    Dafür dann die BesetzerInnen eines Waldes seit Monaten körperlich anzugreifen, die wissen, dass sie für den Erhalt des Waldes Risiken eingehen, ist echt feige.

  • Nunja, eine Aktivistin wurde von einem geschnallten (!) Polizeihund gebissen und weitere nette Taten stehen auf http://hambacherforst.blogsport.de:

     

    17:55 Die Bullen versuchen den Tripod bei der Autobahnauffahrt umzuschmeißen. Der ist mit dem Skypod verbunden, auf dem sich eine Person befindet, dadurch bringen sie diese ernsthaft in Lebensgefahr!

     

    18:05 Tripod wurde von Polizist*innen umgeschmissen – die Person auf dem Skypod konnte sich noch in den Walkway retten. Das ganze Areal ist von Bullen umstellt.

     

    18:25 Die Bullen haben den Tripod bei Jesuspunkt umgeschmissen – auch hier hat sich die Person in die Traversen über dem Tripod retten können.

     

    Nach der Lektüre vom Buch "Mit Baumhäusern gegen Bagger" und einem Besuch im Forst glaube ich dem KStA nur noch bedingt und der lokalen Polizei erst recht nicht mehr. Die Gewalt im Forst ist Scheiße, für eine differenzierte Betrachtung ist die Erfassung von Notwehr aber auch wichtig. Wenn Mensch Angst ums eigene Leben hat, folgt umittelbar Gegengewalt. Haben vielleicht Werksschutz und Polizei angegriffen und die Aktivistis reagiert? Verbreitet die Polizei vielleicht wieder Lügen (wie beim erfundenen Umtreten des Stützpfeilers bei der "Rettung" des Maulwurfs?) Eine ruhigere Berichterstattung wäre wünschenswert. Genial wäre ein permanenter, unbeteiligter Beobachter. Vielleicht kriegt die taz das ja bei der nächsten Rodungssaison mal hin. Oder bei Skillsharing. ;-)

  • "Das für ein paar Arbeitsplätze und die Gewinne von RWE ganze Landstriche umgewühlt und verwüstet werden, ist einfach nur unglaublich."

     

    Die Region westlich von Köln ist ja landschaftlich auch so spannend.

     

    Schonmal da gewesen? Ich bin dort aufgewachsen.

    • @commodore:

      Merkt man geistes-landschaftlich.

    • @commodore:

      Vll gibt´s dort bald Mondlandschaft. Das wird dann voll spannend. Waren Sie als Kind auch mal im Wald oder hamse nur vorm Commodore Amiga gesessen.

    • @commodore:

      Na, dann kann man ja alles umwühlen und verwüsten, wenn's dem Herrn Commodore dort zu langweilig ist. Was für ein Kommentar!

  • Bis 2045? Bitte nicht! Der Braunkohle-Tagebau ist ein Wahnsinn sollte so schnell wie möglich abgeschafft werden. Das für ein paar Arbeitsplätze und die Gewinne von RWE ganze Landstriche umgewühlt und verwüstet werden, ist einfach nur unglaublich. Wozu noch Braunkohle, wenn es mit der Energiewende ernst gemeint ist? Meine Sympathie ist eindeutig bei den Demonstranten. Aber bitte keine Gewalt.

  • Zwillenschüsse oh gott! Ich hoffe diese Gewalttäter werden vom Geheimdienst überwacht, das ist ja gemeingefährlich!

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.



     

    • @TV:

      "Zwillenschüsse oh gott! Ich hoffe diese Gewalttäter werden vom Geheimdienst überwacht, das ist ja gemeingefährlich!"

       

      Würdest du das auch sagen, wenn das Neonazis gewesen wären?

    • @TV:

      Dort steht, das die Zwillenschüsse Autos beschädigt haben, daraus lässt isch recht schnell folgern, dass es sie (wie üblich in so Fällen) um mit der Zwille abgeschossene harte Kugeln handelt (gerne Bauteile von Kugellagern verwendet), wenn so ein Projektil ein Auto beschädigt können Sie sich vielleicht denken, was so eine Kugel mit einem Kopf anstellt der getroffen wird (Zwillen sind nicht direkt hochpräzise).

       

      Interessante Vorstellung von Spaß die Sie dort haben.

      • @Krähenauge:

        ...am Kopf oder am Helm.

      • @Krähenauge:

        Da kennt sich aber jemand mit Zwille und Stahlkugeln aus. Oder es waren Kirschkerne, die den Autolack beschädigt haben.

        • @Deinmudda:

          Gegen wen Gewalt ausgeübt werden darf, bestimmen immer noch die RWE und ihre Organe in der sogenannten Politik. Da kann man nicht einfach jahrelang mit Argumenten kommen!

        • 8G
          86548 (Profil gelöscht)
          @Deinmudda:

          Zynismus ist bei Schüssen mit Zwillen fehl am Platz. Wir sind doch alle gegen Gewalt. Sie auch?

          • @86548 (Profil gelöscht):

            Wenn "wir alle" gegen Gewalt wären, hätten wir kein Rechtssystem, das es erlaubt, immer weiter mit Gewalt durchzusetzen, dass bis 2045 der Kohlbergbau ganze Dörfer vernichtet und Umwelt und Gesundheit zerstört, damit private Gewinninteressen einiger Weniger gewahrt bleiben.

  • für weitere Informationen könnt ihr auf dem blog der waldbesetzung nachkucken, hambacherforst.blogsport.de

     

    danke taz für die polizeifreundliche berichterstattung! - durch die Überschrift wird ein nicht bestätigter Angriff genutzt, als fakt hingenommen, und stimmung damit gemacht. im gegensatz dazu wird das lebensgefährdende verhalten (und das nicht zum ersten male) der Polizist*innen am heutigen tage als unbestätigt und somit unseriös dargestellt.

    ..naja der marsch durch die institutionen hat sich halt doch als marsch in die institutionen entpuppt.

  • War es nicht auch im Hambacher Forst, dass dort Sprengfallen mit Handgranaten zum Schutz gegen Räumung eingesetzt wurden?

    • @Herr Schmidt:

      Die Handgranaten wurden lose im Wald gefunden und es konnte zudem nicht ausgeschlossen werden, dass diese während des zweiten Weltkriegs dort abgelegt wurden. Von der losen Handgranate zur Sprengfalle- heilige Kuh !