Neue Erkenntnisse zu Pöbel-Demonstrant: Hat LKAler Zugriff auf sensible Daten?
Der Mann mit dem Deutschlandhut soll Zugang zu einer polizeilichen Datenbank über Straftäter haben. Verbindungen zur rechten Szene werden überprüft.
Das sächsische Innenministerium habe die Informationen mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen weder bestätigen noch dementieren können, berichtete der Sender.
Der LKA-Mitarbeiter war am Donnerstag vergangener Woche während des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Dresden privat auf einer Demonstration von Anhängern der AfD und der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung unterwegs. Dabei griff er ein ZDF-Kamerateam verbal an. Danach wurde das Kamerateam etwa eine Dreiviertelstunde lang von der Polizei festgehalten.
Wie der MDR am Donnerstag weiter berichtete, zeigt ein weiteres Video im Internet, dass der LKA-Mitarbeiter sich nicht nur am Rande der Demonstration gegen den Merkel-Besuch bewegte. Er stand demnach inmitten einer Demonstrantengruppe, die gegen den Konvoi der Kanzlerin mit Rufen wie „Volksverräter“ protestiert habe.
Verbindungen zur rechten Szene werden überprüft
Das LKA prüfe überdies mögliche Verbindungen des Mannes zur rechten Szene in Freital, berichtete der MDR weiter. Grund dafür sei, dass der Mann das ZDF-Team bei den Dreharbeiten zu der Demonstration gemeinsam mit dem Anführer der rechtsextremen Gruppe Freital, René S., gestört habe.
Nach dem umstrittenen Vorgehen von Polizisten gegen das ZDF-Team wollen sich Mitarbeiter der Sendung „Frontal 21“ am Freitag mit der Polizeiführung in Dresden treffen. Die Einladung dazu war von der Polizeidirektion Dresden ausgesprochen worden. Unklar war zunächst, ob sich beide Seiten im Anschluss zu Inhalt und Ergebnissen äußern werden.
Ein Videoausschnitt von dem Geschehen machte rasch im Internet die Runde und löste eine bundesweite Debatte über eine Einschränkung der Pressefreiheit durch die Polizei aus.
Empfohlener externer Inhalt
FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, sich einzuschalten. „Es ist unerhört, dass er sich noch nicht zu den Vorgängen in Sachsen geäußert hat. Daraus spricht auch eine Ratlosigkeit und Ohnmacht gegenüber den Vorgängen, die unverantwortlich ist“, sagte Kuhle der HuffPost und sprach von einer „Entfremdung eines Teils unserer Sicherheitsbehörden vom Rechtsstaat und der grundgesetzlichen Ordnung“.
Maßnahmen gegen LKA-ler werden erwogen
Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages eine rasche Aufklärung zugesichert. Zudem sollten Maßnahmen gegen den LKA-Mitarbeiter geprüft werden.
Der FDP-Politiker Kuhle sagte der Augsburger Allgemeinen, zur vollen Transparenz gehöre auch, „dass die Öffentlichkeit erfährt, welche Tätigkeit der Mann ausgeübt hat“. SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka betonte im Handelsblatt: „Ich halte es für schwierig, dass jemand, der Lügenpresse schreit und erkennbar ein Problem mit der Pressefreiheit hat, für die Polizei arbeitet.“
Der frühere sächsische Grünen-Chef Jürgen Kasek sieht fast ein Drittel der Polizisten im Freistaat als empfänglich an für rechtsnationale Parteien oder Pegida. „Nicht die ganze Polizei in Sachsen sympathisiert mit den Rechten, sondern etwa 30 Prozent der Polizisten“, sagte er der Rheinischen Post. Das Festhalten des ZDF-Teams durch sächsische Polizisten sei kein Einzelfall. „Journalisten in Dresden berichten immer wieder, dass sie von der Polizei an ihrer Arbeit gehindert wurden.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte pauschale Anschuldigungen gegen die Polizei zuletzt allerdings zurückgewiesen und mit Blick auf die vom ZDF veröffentlichten Bilder getwittert: „Die einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten.“
Wendt stellt sich hinter seine Kollegen
Lischka sagte, Kretschmer müsse „beim Wort genommen werden und in der Tat für Klarheit sorgen, ob das ein Einzelfall ist oder ob in der sächsischen Polizei ein rechter Korpsgeist heranwächst“.
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, verteidigte das Vorgehen seiner Kollegen. „Die Polizeibeamten haben sich korrekt verhalten“, sagte er der Rhein-Neckar-Zeitung. „Die Überprüfung des Fernsehteams hat 45 Minuten gedauert, nicht weil die Polizei das so wollte, sondern weil die Journalisten und Kameraleute das in die Länge gezogen und sich nicht kooperativ gezeigt haben.“ Zudem habe der Vorwurf einer Straftat im Raum gestanden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern