Neue EU-Regel zu einheitlichen Kabeln: Von Ladekabeln lernen
Endlich hat die Ladekabelschwemme ein Ende. Die Neuregelung zeigt auch für andere Bereiche: Selbstverpflichtungen der Industrie bringen gar nichts.
E ndlich ist das Ende greifbar. Das Ende der Ladekabelverschwendung, bei dem jedes Elektronikgerät – Smartphone, Tablet, kabellose Kopfhörer, Kamera, Notebook, E-Reader und alles Weitere – mit einem unterschiedlichen Anschluss fürs Aufladen daherkommen konnte. Maximal Schubladen füllend, maximal Müllberge produzierend, maximal unöko.
Der finale Beschluss des EU-Parlaments am Dienstag, mit dem der USB-C-Anschluss als Standard gesetzt wird, ist aber nicht nur inhaltlich überfällig, sondern auch ein Signal an die Wirtschaft: Ja, wir können auch Regeln. Auch vermeintlich unbequeme. Das ist wichtig, gerade in Zeiten, in denen mitunter untergeht, dass eigentlich Politiker:innen dafür da sind, Gesetze zu machen, und nicht Lobbyist:innen.
Die Entscheidung ist auch ein Eingeständnis, dass man die Jahre vorher deutlich zu sanft mit den Herstellern umgegangen ist. Mittels freiwilliger Selbstverpflichtung hatte die EU zunächst versucht, die Kabelschwemme einzudämmen – und war gescheitert. Andere Politikbereiche – Grüße etwa an die Agrar- und Verbraucherschutzpolitiker:innen – sollten sich das ganz genau merken: Freiwillige Selbstverpflichtungen sind vor allem eine Greenwashing-Steilvorlage für die betroffene Industrie. Und führen nebenbei auch Politik ad adsurdum. Entweder es braucht in einem Bereich Regeln, dann ist ein Gesetz nötig. Oder es braucht keine Regeln, dann kann man das aber mit der Selbstverpflichtung auch lassen.
Ist also jetzt alles super, zumindest im Ladekabelsektor? Wo in dem Gesetz sogar drinsteht, dass ein europäischer Standard für das kabellose Laden, was absehbar in ein paar Jahren verbreitet sein wird, unkompliziert gesetzt werden kann, ganz ohne das ganze Prozedere noch einmal zu absolvieren? Leider nicht. Denn die neuen Regeln haben einen Haken: Sie geben den Herstellern eine 24-monatige Übergangsfrist, für Notebooks werden es sogar 40 Monate sein. Ein letztes überflüssiges Pampern der Industrie. Vor allem Apple darf so noch mal das Maximum rausholen aus seinem Lightning-Patent. Zulasten von Verbraucher:innen und Umwelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft