Im Konflikt mit dem Elefantenkühlschrank: 2:0 für die Technik

Der Kühlschrank piept und der Fahrassistent fährt seine eigenen Wege. Technik, die den Alltag erleichtern soll – aber zu oft das Gegenteil tut.

Flaches, rundes Gerät vor lila-rotem Farbverlauf im Hintergrund

Sieht so harmlos aus – ist aber auch smarte Heimtechnik, nämlich Amazons Echo Foto: picture alliance/dpa|Britta Pedersen

Irgendwo im Süden Frankreichs wurde es ungemütlich. Nicht wegen des am Horizont aufziehenden Gewitters oder der Serpentinenübelkeit. Sondern wegen des Spurhalteassistenten. Die Straße in dem dünn besiedelten Gebiet war schmal und einspurig, aber in beide Richtungen zu befahren. Näherte sich ein anderes Auto, musste man eben so weit nach rechts driften wie nötig.

Das Problem: Der Spurhalteassistent des Mietwagens war da anderer Ansicht. Also: Gegenverkehr kommt, lenken nach rechts – der Spurhalteassistent hält dagegen. Der Gegenüber hupt, stärkeres Lenken nach rechts, das Lenkrad gibt tatsächlich nach – doch vom Armaturenbrett her piept es wild.

Willkommen in der Welt, in der uns technische Assistenten das Leben erleichtern, es sicherer und angenehmer machen sollen. In der Sensoren und manchmal sogar Kameras an und in Elektronikgeräten permanent die Umgebung scannen auf diese eine, alles entscheidende Frage: Ist alles genau so, wie es sein soll? Also genau so, wie die Menschen, die dieses Gerät konzipiert haben, sich die Welt vorstellen?

Der hartnäckige Spurhalteassistent ist kein Einzelfall. In der Küche einer befreundeten Familie steht ein Kühlschrank von der Größe eines kleinen Elefanten. Vier Leute, viele Gäste, riesiger Wocheneinkauf. Entsprechend lange dauert es, Gemüse und Milch, Käse und Ketchup, Aufstriche und Eier in den Tiefen des Geräts zu verstauen.

Leider scheint der Kühlschrank an einer Wahrnehmungsstörung zu leiden: Sich seiner Elefantenausmaße nicht bewusst, hält er sich für die Minibar eines Hotelzimmers, bei deren Öffnung nur die Wahl zwischen Erdnüssen mit und ohne Schokoüberzug bleibt. Jedenfalls: Der Elefantenkühlschrank piept. Gut, man könnte sagen, immerhin trötet er nicht, da haben die Ent­wick­le­r:in­nen doch schon mal was richtig gemacht. Aber er piept, nachdem er etwa eine halbe Minute offen stand.

Klar, das soll ein Service sein, der Nut­ze­r:in­nen darauf hinweist, dass sie vergessen haben, die Kühlschranktür zu schließen und demnächst ihre Stromrechnung zum Explodieren bringen werden. Für alle, die in dieser Zeit gerade mal ein Viertel des Einkaufs eingeräumt haben, trägt dieses Extra allerdings nicht gerade zu einem guten Verhältnis zwischen Mensch und Technik bei.

Dabei wäre die Lösung so einfach: ein Aus-Knopf. Der Fahrassistent fährt seine eigenen Wege? Der Herd findet, auf der Fläche zwischen den Kochplatten darf nichts stehen und die smarte Waschmaschine hätte gerne mehr Waschmittel? Aus, aus, aus. Die ganzen Sensoren und Warntöne dürfen gerne an anderen Stellen nerven. Bei LKWs vor dem Abbiegevorgang beispielsweise.

Aber was passiert stattdessen? Die Nut­ze­r:in­nen müssen sich irgendwie arrangieren – und suchen dafür Tricks. Kühlschrank schließen, wieder auf? Aha, dann gibt er erst mal Ruhe. Und in Südfrankreich ließ sich der Spurhalteassistent durch vorheriges Abbremsen besänftigen. 2:0 für die Technik. Mal wieder.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.