Neue Corona-Überbrückungshilfen: Milliarden für den Einzelhandel
Die Bundesregierung grätscht ins Weihnachtsgeschäft, will aber die Rolle der Kund*innen übernehmen. Wann die Hilfe ankommt, ist noch ungewiss.
„Es geht hier um Existenzen, um Frauen und Männer, die sich über Jahre ein Geschäft aufgebaut haben und sich nun sorgen, dass ihre Lebensleistung innerhalb weniger Wochen einfach verschwindet“, sagte Scholz in Berlin. Er rechne damit, dass die neuen Hilfen rund 11 Milliarden Euro pro Monat kosten. Unklar bleibt jedoch, wann diese bei den Betroffenen ankommen würden.
Die bestehende Überbrückungshilfe, die Scholz bereits über den Januar hinaus ausgedeht hatte, erhält nun einen Nachfolger. Bei diesem Instrument handelt es sich im Kern um die ursprünglichen Coronamaßnahmen vom März: Je nach Höhe des Umsatzeinbruchs ersetzt der Staat den Unternehmen bis zu 90 Prozent der Fixkosten. Dabei handelt es sich um Posten wie Miete, Gehälter, Strom oder Zinsen für Kredite. Im laufenden Programm waren dafür Zahlungen bis 50.000 Euro pro Monat möglich, mit der Ankündigung vom Sonntag hat Scholz die Summe auf 500.000 verzehnfacht.
Einzelhandler*innen sind unglücklich
Da viele Selbstständige und Kleinunternehmen nur wenig Fixkosten haben, hatte die Bundesregierung mit den Novemberhilfen im vergangenen Monat begonnen, auch Umsätze zu ersetzen. Sie hilft also nicht nur, die laufenden Kosten zu bezahlen, sondern sie gleicht die sinkenden Einnahmen aus – und übernimmt damit quasi die finanzielle Rolle der Kunden. Das hilft besonders Selbstständigen und Kleinunternehmen, die wenig Fixkosten haben. Auch diese Hilfen laufen weiter, solange der Lockdown anhält. Das gilt auch für den Umsatzausgleich für Restaurants, Kinos oder etwa Friseure, die nun ganz schließen müssen.
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Nun soll es auch besondere Hilfen für Einzelhändler geben. Das wichtigste Instrument dazu ist das Steuerrecht. Der Offline-Einzelhandel bleibt vermutlich auf einem Haufen von Waren sitzen, die er jetzt nicht mehr vor Weihnachten zum vollen Preis verkaufen kann. Deren Wertverlust soll nun unbürokratisch durch Teilabschreibungen aufgefangen werden können, wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet am Sonntag bestätigte. Das heißt, die Geschäfte können den Verlust durch den sinkenden Preis der gelagerten Waren von der Steuer absetzen.
Die Einzelhandelsverbände sind dennoch höchst unglücklich mit der Schließung. „Das Weihnachtsgeschäft 2020 ist für die meisten Innenstadthändler verloren“, sagte Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Mehr als die Hälfte der Läden befürchtet, für immer schließen zu müssen. „Wenn jetzt Geschäftsschließungen als notwendig angesehen werden, darf die Bundesregierung die Branche nicht im Regen stehen lassen“, forderte Genth. Was bisher vorgesehen sei, reiche nicht, um eine Pleitewelle zu verhindern.
Der Handelsverband hat bereits ausgerechnet, was der neue Lockdown für die Branche bedeutet. Im Vergleich zu einem normalen Dezember – dem für die Branche wichtigsten Monat des Jahres – werde der Umsatz um 60 Prozent sinken. Damit schrumpften die Einnahmen um 12 Milliarden Euro. Betroffen seien 200.000 Unternehmen, von denen fast alle kleine Läden oder allenfalls mittelständische Firmen seien. In Deutschland hängen nach Verbandsangaben 600.000 Arbeitsplätze von den Läden in den Innenstädten ab.
Scholz zeigte am Sonntag jedoch, dass ihm das alles bewusst sei. „Wir wollen den Unternehmen und Geschäften helfen, die jetzt getroffen sind“, versprach der Finanzminister. Es stehe genug Geld zur Verfügung, um ihr Überleben in den kommenden Monaten zu sichern. Eine ähnliche Ankündigung gab es jedoch schon Ende Oktober vor dem Teillockdown. Die Auszahlung, die „schnell und unbürokratisch“ erfolgen sollte, zieht sich jedoch länger hin als versprochen – weil die Behörden eben doch mehr Details prüfen müssen, als ihre Minister sich bei der Ankündigung vorstellen konnten.
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