Neue Bundesjustizministerin: Nun wird es also Lambrecht
Wer kommt nach Katarina Barley? Für den Job im Bundesjustizministerium konnte sich erst niemand finden – der SPD scheint das Personal auszugehen.
Normalerweise sind MinisterInnenämter heiß begehrt – und entsprechend umkämpft. Bei der Frage, wer neue Justizministerin wird und auf Katarina Barley folgt, die die SPD künftig in Europa vertritt, war es ein bisschen anders. Die Situation der Groko ist inzwischen so prekär, dass unter SozialdemokratInnen der Satz kursierte, die Neue müsse sich darauf einstellen, in einem halben Jahr wieder arbeitslos zu sein. Klingt mäßig spannend.
Nun wird es also Christine Lambrecht. Die SPD-Linke Lambrecht, im Moment Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, ist keine, die sich nach vorne drängt. Ruhig, kundig und allürenfrei versieht sie ihren Dienst, was ihr von manchen den Vorwurf einträgt, blass und unauffällig zu wirken. Lambrecht stammt aus Mannheim und wuchs in der Nähe des Atomkraftwerks Biblis auf. Ihre ersten politischen Schritte seien dadurch geprägt worden, schreibt sie auf ihrer Homepage. „Bei den Jusos fand ich schnell Gleichgesinnte, die mit mir zusammen für einen Ausstieg aus der Atomenergie kämpften.“ Etwas Grün steckt also in der überzeugten Sozialdemokratin.
Lambrecht ist Juristin, was als wichtige Voraussetzung gilt, um als Chefin in dem elitär tickenden Haus einen Fuß auf den Boden zu kriegen. Sie ist Rechtsanwältin und machte zusätzlich einen Abschluss in Verwaltungswissenschaften. Nach mehreren Jahren in der Kommunalpolitik zog die Sozialdemokratin 1998 in den Bundestag ein. Dort saß sie jahrelang im Rechtsausschuss und war rechtspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Im Dezember 2013 wurde sie zur Fraktionsgeschäftsführerin gewählt – und bekam erstmals eine größere Bühne. Lambrecht machte den Job aber ganz anders als ihr Vorgänger Thomas Oppermann, der damals in den Fraktionsvorsitz aufrückte. Oppermann hatte seine regelmäßigen Pressefrühstücke genutzt, um thesenstark Spins zu setzen. Lambrecht war nüchterner, oft übervorsichtig und manchmal schlecht informiert.
Krönung von kurzer Dauer
Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass sie nun ihren ehemaligen Chef überholt. Justizminister wäre Oppermann sicher auch gern geworden. Er nahm sich aber aus dem Spiel, als er sich den repräsentativen Posten des Bundestagsvizepräsidenten sicherte. Dass die SPD-Linke zum Zuge kommt, wird auch daran liegen, dass die Auswahl nicht riesig war. Gehandelt worden war in der SPD zum Beispiel Nancy Faeser, die Generalsekretärin der Hessen-SPD. Sie wird wohl die neue starke Frau in Hessen, nachdem Thorsten Schäfer-Gümbel, der im Moment kommissarisch an der Bundesspitze aushilft, seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hat. Für eine aufstrebende Landespolitikerin wäre aber das Bundesministerinnenamt ein unattraktives Abenteuer.
Für Lambrecht ist das Amt die Krönung ihrer Karriere, auch wenn das Vergnügen im erschöpften Groko-Kabinett vielleicht nur von kurzer Dauer ist. Und ein besonderes Geburtstagsgeschenk sowieso. Christine Lambrecht wurde am Mittwoch, als sie von ihrem neuen Job erfuhr, 54 Jahre alt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“