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Neue Beauftragte der BundesregierungAntirassistin im Kanzleramt

Reem Alabali-Radovan wird die erste Beauftragte für Antirassismus. Sie will Betroffenen eine Stimme geben – und sieht den Staat in der Bringschuld.

Reem Alabali-Radovan wird die erste Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | „Ich will Mahnerin und Antreiberin sein“, sagt Reem Alabali-Radovan. Sie steht am Dienstagmittag vor dem Paul-Löbe-Haus in Berlin-Mitte, der Wind weht ihr die Haare ins Gesicht. Gerade hat das Bundeskabinett sie zur Beauftragten für Antirassismus ernannt. Es ist das erste Mal, dass es dieses Amt auf Bundesebene gibt.

Sie sei vergangene Woche zum Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau gewesen, sagt die 31-Jährige, die seit Dezember auch Staatsministerin für Integration im Kanzleramt ist. „Viele sagen zu Recht: Hanau war kein Einzelfall.“ Mehr als 10.000 Straftaten aus dem Bereich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gebe es im Jahr. „Das sind im Schnitt 28 am Tag“, sagt Alabali-Radovan.

Dass nun auch die Stelle der Antirassismusbeauftragten im Kanzleramt angesiedelt sei, zeige, dass „wir mit höchster Priorität den Kampf gegen Rassismus angehen“, sagt die SPD-Politikerin. „Wir müssen alle Antirassisten sein“, überschreibt die neue Beauftragte ihre erste Pressemitteilung.

Staat und Gesellschaft müssten einen Perspektivwechsel vollziehen und die Betroffenen von Rassismus mehr in den Fokus nehmen, sagt Alabali-Radovan. Sie selbst wolle ihnen eine Ansprechpartnerin sein und zu diesem Zweck ein bundesweites Beratungszentrum einrichten.

Budget noch unklar

Der Staat sei in der Bringschuld: Er müsse für alle 83 Millionen Menschen in Deutschland ein gleichberechtigtes, sicheres Zusammenleben sichern. Auch wolle sie Projekte im Bereich Forschung, Prävention und Bildungsarbeit fördern.

Es könne „keine stärkere und glaubwürdigere Antirassismusbeauftragte geben“ als Ala­ba­li-­Ra­do­van, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie könne „Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung mit aller Klarheit benennen und bekämpfen“ und eine Stimme und Unterstützerin für alle Menschen sein, die in ihrem Alltag Rassismus erleben“.

Ob ihre Stelle im Kanzleramt durch die Personalunion auch durch einen größeren Stellenumfang und Etat aufgestockt wird, ist offenbar noch unklar. Sie werde sich dafür einsetzen, sagt Alabali-Radovan.

Die Frage der finanziellen Ausstattung sei zentral, sagt Mamad Mohamad von der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen. Eine Antirassismusbeauftragte hätten die Migrantenorganisationen seit Jahren gefordert, ihre Einsetzung sei längst überfällig. Die Berufung sei ein „gutes Zeichen, dass die neue Bundesregierung das Thema Rassismus ernst nimmt“.

Neue Strategie gegen Antiziganismus beschlossen

Doch ob diese Stelle mehr sei als nur Symbolpolitik, komme darauf an, wie Alabali-Radovan sie mit Leben fülle. Dafür sei ein adäquates Budget die Grundvoraussetzung. „Wir werden das kritisch begleiten“, sagt Mohamad.

Mit der Berufung der Antirassismusbeauftragten setzt die Bundesregierung ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Dieser sieht außerdem die Berufung eines oder einer Beauftragten für Antiziganismus vor. Diese ist noch offen.

Ebenfalls am Dienstag aber beschloss das Kabinett eine „Nationale Strategie gegen Antiziganismus“. Demnach solle unter anderem eine zivilgesellschaftliche Monitoringstelle zur Erfassung antiziganistischer Übergriffe eingerichtet werden.

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