Schüsse auf Moschee in Halle: „Das war ein Anschlag“

In Halle werden Gläubige vor einer Moschee mit einer Luft­druckwaffe beschossen. Die Polizei sieht vorerst kein politisches Motiv, die Gemeinde schon.

Ein Polizeicontainer vor dem Islamischen Kulturzentrum in Halle, das mit einer Luftdruckwaffe beschossen wurde.

Schon länger muss die Polizei die Moschee in Halle schützen Foto: Johannes Stein/ dpa

HALLE (SAALE)/BERLIN taz | Es war ein verunsichertes Mittagsgebet am Montag im Islamischen Kulturzentrum in Halle. „Viele Gemeindemitglieder haben Fragen, die Schüsse sind großes Thema“, sagte Gemeindevorstand Djamel Amelal am Montag der taz. Er selbst nennt den Angriff „bestürzend“. „Und es war ja nicht das erste Mal.“

Am Sonntagmittag hatte ein Mann mit einer Luftdruckwaffe auf zwei Personen vor der muslimischen Gemeinde im Westen der Stadt geschossen. Laut Polizei bemerkten die Betroffenen, wie drei Projektile auf eine Fensterbank trafen. Verletzt wurden sie nicht. Zeugen sahen, dass die Schüsse aus einem Fenster eines gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses kamen. Die Polizei überprüfte darauf den 55-jährigen dort Wohnenden und stellte eine Langwaffe zum Verschießen von Diabolos und eine Gasdruckpistole sicher.

Das Tatmotiv werde noch geklärt, sagte ein Polizeisprecher am Montag der taz. Aber: „Ein fremdenfeindliches Motiv hat sich bisher nicht bestätigt.“ Der 55-Jährige sei bisher auch nicht mit politischen Straftaten aufgefallen. Der Staatsschutz ist aber mit eingeschaltet, der bei politischen Taten ermittelt.

Unklares Motiv? Die Gemeinde ist verwundert

Djamel Amelal ist verwundert über das ungeklärte Motiv. „Die Schüsse zielten auf unsere Gemeindemitglieder, einer war ein Rollstuhlfahrer. Sie schlugen auf Kopfhöhe ein. Das war eindeutig ein Anschlag auf Muslime.“ Und schon 2018 sei zweimal auf seine Gemeinde geschossen worden, damals sei dabei ein Schüler an der Hand verletzt worden.

Amelal erinnert auch daran, dass der Angreifer der Synagoge in Halle 2019 mit zwei Toten anfangs eine Moschee attackieren wollte. Und dass wegen der Enge des Kulturzentrums Gläubige teils im Freien beten würden. „Das ist eine gefährliche Situation für uns.“ Laut Amelal ist die Polizei aber bereits seit Längerem an der Moschee präsent. Ihr schnelles Vorgehen gegen den jetzigen Verdächtigen lobet er.

Auch Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, betonte am Montag: „Gerade nach dem Terroranschlag auf die Synagoge in Halle wissen wir, dass es beim Rassismus nicht bei Worten bleibt.“ Der Vorfall müsse nun „lückenlos“ aufgeklärt, Muslimfeindlichkeit „entschieden entgegengetreten“ werden.

Auch Bundespolitik reagiert bestürzt

Auch mehrere Bun­des­po­li­ti­ke­r:in­nen äußerten sich bestürzt. „Ich bin entsetzt, dass Menschen beim Ausüben ihres Glaubens in der Moschee in Halle angegriffen wurden“, erklärte etwa die Bundesintegrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan. Der Vorfall müsse „schnell und umfassend aufgeklärt und der Täter zur Rechenschaft gezogen werden“. Ihre Solidarität gelte den Gläubigen.

Schon Anfang Januar waren auf einem Friedhof in Iserlohn (NRW) mehr als 30 muslimische Gräber geschändet worden. Täter sind hier bisher nicht gefasst, erklärte die Polizei auf Nachfrage. Zuletzt waren Straftaten gegen Muslime angestiegen. Zählte das BKA 2018 noch 910 islamfeindliche Übergriffe, waren es 2020 bereits 1.026. Im vergangenen Jahr wurden allein bis Ende September 447 Delikte gezählt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.