Neue Anker für rechte Strömungen: Ein braunes Panorama
Der Soziologe Matthias Quent veröffentlicht ein neues Buch zum Rechtsextremismus. Seine Befunde über Gegenwart und Vergangenheit sind beunruhigend.
Es sieht nicht gut aus. Rechtsterroristische Attentate in Hanau, Halle und auf Walter Lübcke, antisemitische Verschwörungstheorien, eine sich radikalisierende AfD, Rechtsextreme in den Sicherheitsbehörden. Der Soziologe Matthias Quent liefert dazu nun, nach seinem Bestseller „Deutschland rechts außen“ (2019), wieder ein Buch der Stunde. Diesmal kompakt und auch auf Grundlagenwissen zielend: „33 Fragen, 33 Antworten – Rechtsextremismus“.
Schritt für Schritt dekliniert der Direktor des Thüringer Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft darin die aktuellen Phänomene des Rechtsextremismus durch und präsentiert so ein beunruhigendes Panorama. Die Rechtsterrorgefahr bleibe virulent. Die rechtsextreme Szene erfahre durch die Digitalisierung eine neue Stufe der Vernetzung und Dynamik. In der Coronakrise suchten Neonazis wieder Raumgewinn, säten Misstrauen gegen die Demokratie.
Matthias Quent: „Rechtsextremismus. 33 Fragen, 33 Antworten. Piper Verlag, München 2020, 128 Seiten, 10 Euro
KommunalpolitikerInnen stünden als „Volksverräter“ im Visier. Und auch in den Sicherheitsbehörden könne bei rechtsextremen Vorfällen „von Einzelfällen keine Rede mehr sein“. Vor allem aber, so Quent, verfüge die Szene mit der AfD heute über eine Struktur, die bundesweit verankert sei und längst „ein Sammelbecken für diverse rechtsextremistische Strömungen“ bilde.
Der Experte hält die Partei für eine der größten Gefahren: Sie greife mit einer „programmatischen Schärfe und Intensität die Demokratie an, die erschreckend ist“. Und sie habe, nach der Euro- und Migrationspolitik, bereits ein neues Feld für sich entdeckt: das Klimawandelleugnen.
Rechtsterrorismus war nie weg
Gleichzeitig legt die AfD für Quent auch offen, wie sehr der Rechtsextremismus kein Randphänomen der Gesellschaft ist. Längst seien auch in der Mitte Vorstellungen von Ungleichwertigkeit verankert, etwa wenn es um Geflüchtete, Muslime oder Sinti und Roma gehe. Nur sei dies „weitgehend ignoriert“ worden. Dies zeigt für Quent auch ein Zweites: Neu sind die rechtsextremen Erscheinungen nicht. Quent verweist auf Wehrsportgruppen und die Neue Rechte, die sich seit Jahrzehnten organisieren, auf eine „blutige Tradition“ des Rechtsterrorismus, der bereits vor 40 Jahren etwa das Münchner Oktoberfest traf. „Der Rechtsextremismus war nie weg.“
Und dennoch vermittelt Quent auch Hoffnung. Denn der Parlamentarismus sei heute stabil, die Zivilgesellschaft wehrhaft. Die Mehrheit der Gesellschaft lehne den Rechtsextremismus entschieden ab. Nie sei das Wissen über die Gefahren für die Demokratie so groß gewesen wie heute. Dass so viele rechtsextreme Vorfälle aufgedeckt würden, sei auch dem genaueren Hinschauen geschuldet. Quents Appell: Den Druck hier hochhalten. Betroffene von rechter Gewalt und ihre Initiativen stärken. Und Gegennarrative etablieren: die von Gleichheit, Freiheit und Solidarität.
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