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Neubau in Berlin ankurbelnMehr Geld für Baugrundstücke

Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) fordert mehr Engagement im Wohnungsbau – und lobt die von seiner Partei attackierte linke Bausenatorin Katrin Lompscher.

Stadtumbau: So soll es am Molkenmarkt ausschauen Foto: Archiv

Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) wurde unlängst heftig attackiert. Bei der SPD-Fraktionsklausur in Hamburg im Januar wurde einstimmig ein Papier verabschiedet, in dem ihr vorgeworfen wird, zu wenig für den Wohnungsbau zu unternehmen. Umso bemerkenswerter ist es, dass ihr nun ein SPD-Politiker zur Seite springt, der ein ausgewiesener Wohnungsexperte ist. „Ich finde die Zusammenarbeit mit Lompscher sehr gut“, sagt der SPD-Baustadtrat von Mitte, Ephraim Gothe. „Sie nimmt die Verantwortung der Bezirke ernst.“

Zur Erinnerung: Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus forderte in ihrer Resolution eine Stabsstelle zum Wohnungsbau in der Senatskanzlei, um die angeblich renitenten Bezirke zu entmachten – und die Bausenatorin gleich mit. Damit ist die SPD nun doppelt baden gegangen. Zwar hat sich Rot-Rot-Grün auf seiner jüngsten Senatsklausur auf die Einrichtung einer solchen Stelle verständigt – allerdings nicht beim Regierenden Bürgermeister, sondern bei der Bausenatorin. Und nun stellt mit Gothe auch ein SPD-Politiker klar, dass die Bezirke mitnichten die Bremser beim Wohnungsbau sind.

Neues am Molkenmarkt

Schon seit den Neunzigern steht fest, dass der Molkenmarkt in Mitte ein neues Gesicht bekommen soll. Voraussetzung ist die Verlegung der Grunerstraße Richtung Rathauspassagen.

Laut Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) soll noch in diesem Jahr mit den Leitungsarbeiten begonnen werden. Die WBM könnte am Molkenmarkt mehrere Hundert Wohnungen bauen. (wera)

Bei einem Pressegespräch am Freitag hat Gothe das Neubauthema exemplarisch für seinen Bezirk dargestellt. So gebe es derzeit Baugenehmigungen für etwa 10.000 Wohnungen. Davon werde aber nur ein Teil auch tatsächlich gebaut. 2016 waren es 2.000. Für 2017 erwartet der Baustadtrat 2.000 bis 3.000 neue Wohnungen. Insgesamt, so hat es Gothes Verwaltung errechnet, steckt in Mitte ein Neubaupotenzial von 15.000 Wohnungen. Zehntausend davon könnten in den nächsten drei bis fünf Jahren fertiggestellt sein.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Grundstückspreise bezahlbar sind. Doch der Trend geht in eine andere Richtung, wie die Bodenrichtwerte in Berlin zeigen. Demnach sind die Preise in innenstadtnahen Vierteln um mehr als die Hälfte gestiegen. Gerade für die sechs Wohnungsbaugesellschaften, die ihren Bestand bis 2026 auf 400.000 erhöhen sollen, sind die Grundstückspreise ein großes Problem. Nicht die Linke ist also schuld, dass so wenig bezahlbare Wohnungen gebaut werden, sondern die kapitalistische Spekulationsblase um Grund und Boden.

In Mitte besitzen die landeseigenen Gesellschaften derzeit 27.000 Wohnungen. Auch ihr Bestand soll sich erhöhen, auf 37.000 Wohnungen in 2026, sagt Ephraim Gothe. „Projektiert sind derzeit aber nur 2.773 Wohnungen“, so der Baustadtrat. Er fordert nun, dass die Wohnungsbaugesellschaften auch Grundstücke zu deutlich höheren Preisen kaufen sollen als bisher. „Mit unseren prall gefüllten Kriegskassen sollten wir deutlich aggressiver auftreten. Vielleicht wird man dann in fünf Jahren, wenn die Preise noch höher sind, sagen: Gut, dass wir das damals gemacht haben.“

Gothe begrüßte auch, dass die Prämien, die der Senat den Bezirken für die zügige Vergabe von Baugenehmigungen gibt, neu verteilt werden sollen. Nicht mehr nur die Zahl der Baugenehmigungen wird demnach vergütet, sondern auch die Vereinbarung größerer Bauvorhaben. Insgesamt soll die Prämie von fünf Millionen Euro aufgestockt werden. Die neuen Regelungen will Lompscher demnächst vorstellen.

Gothe nahm übrigens nicht nur Lompscher in Schutz, sondern en passant auch den Koalitionsvertrag von SPD und CDU.

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2 Kommentare

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  • Woher wissen Herr Rada beziehungsweise Herr Grote, dass es sich um eine "kapitalistische Spekulationsblase um Grund und Boden" handelt? Bodenpreise in Innenstadtlagen bis zu EUR 8.000 / m² dürften im internationalen Vergleich wohl eher das Mittelfeld bedeuten.

    • @DiMa:

      Ja, Berlin jammert halt auf hohem Niveau. Zum Vergleich: München hat für die Neuhauser Straße und Kaufingerstraße mit über 60.000 Euro je Quadratmeter bundesweit mit die höchsten Bodenrichtwerte.