Neuaufstellung der CDU: Konservative Basisdemokratie
Die CDU-Mitglieder wählen ihren nächsten Chef. Eine Frau wird es kaum werden. Die Partei braucht eine Modernisierung und mehr Junge vorn.
E s kam, wie abzusehen war: Die CDU wird ihre Mitglieder über den künftigen Vorsitzenden abstimmen lassen. Das ist die richtige Entscheidung, aber anders ging es auch nicht. Zu groß ist der Unmut der Basis über die letzten Personalentscheidungen der Parteigremien – besonders über die Wahl von Armim Laschet zum Kanzlerkandiaten, die wohl in der Opposition enden wird.
Fraglich aber ist, ob das für die CDU moderne Instrument der Mitgliederbefragung auch dazu führt, dass sich die Partei an der Spitze modern aufstellen wird. Genau das aber ist dringend notwendig. Das durchschnittliche CDU-Mitglied ist ein 61 Jahre alter Mann, der deutlich konservativer ist als die Funktionär:innen der Partei, vor allem aber als ihre Wähler:innen.
Will die CDU Volkspartei bleiben und Wähler:innen jenseits des Kernklientels zurückgewinnen, die sie ja vor allem in der Mitte verloren hat, muss sie jünger und weiblicher werden und mehr Menschen aus Familien mit Einwanderungsgeschichte für sich gewinnen. Und sie muss vor allem deren Erfahrungen miteinbeziehen, wenn sie sich bei ihrer Neuaufstellung auf die Suche nach konservativen Antworten auf die Fragen der modernen Gesellschaft macht.
Doch man muss daran zweifeln, dass die Basis einen Kandidaten oder gar eine Kandidatin bestimmt, der oder die dies wirklich verstanden hat und sich beherzt an die Modernisierung der CDU macht. Im Gegenteil. Viel spricht dafür, dass nach dieser Entscheidung nun Friedrich Merz noch einmal antritt, der auf Parteitagen schon zweimal, aber jeweils nur knapp, in Kampfkandidaturen unterlag. Und wenn er das tut, dürfte er als Favorit ins Rennen gehen.
Warum ausgerechnet ein Mann, der vor 20 Jahren Fraktionsvorsitzender war, der richtige sein soll, um die CDU in die Zukunft zu führen, hat noch niemand überzeugend beantwortet, am wenigsten Merz selbst. Von der Quote, für die die Frauen-Union kämpft, hält er nichts; seine Reden, von denen meist großes erwartet wird, wirken oft wie aus der Zeit gefallen, zuletzt beim Deutschlandtag der Jungen Union.
Immerhin hat deren Vorsitzender, lange erklärter Merz-Fan, angedeutet, dass dieser wohl nicht der richtige Parteichef für die Zukunft ist. Doch der Einfluss der Jungen in der CDU ist eben ebenso beschränkt wie der der Frauen. Die CDU hat gerade die Möglichkeit, sich neu aufzustellen, auch Dinge zu wagen, die zu Regierungszeiten nur schwer möglich sind. Oder sie kann sich an eine Lösung klammern, die heute schon von gestern ist. Die Chance zum Generationenwechsel sollte sie besser nicht verpassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen