Naturschutzpläne der Regierung: Klotzen statt Kleckern?
Alle reden vom Wald. Wie gut er für Klima und Gemüt ist. Gerettet werden muss er – und zwar überall. Jetzt auch in Deutschland.
Schön und gut, aber mit dem Einpflanzen ist es nicht getan, die Bäumchen müssen auch gegossen, vor Schädlingen und Pflanzenfressern bewahrt und dann vor Holzdieben geschützt werden.
Zu den vom Staat beziehungsweise vom Kapital initiierten Pflanzaktionsspektakeln kommen noch viele kleine Waldrettungs-NGOs, quasi von unten – wie zum Beispiel „Plant for the Planet (Wie pflanzen Bäume für eine bessere Welt)“. Auf utopia.de werden 12 weitere „Organisationen, die Bäume pflanzen fürs Klima“, empfohlen.
Und dann gibt es natürlich linke Waldbesetzungen, wie im Hambacher Forst, die Bäume vor dem Gefälltwerden durch Braunkohlekonzerne oder Windenergiepark-Betreiber retten wollen. Eine Mädchengruppe verbrachte ihr ökologisches Jahr in Nordindien, wo sie sich zusammen mit indigenen Waldbewohnern an deren Bäume kettete, um sie vor der „Nutzholzmafia“ zu schützen.
All dem steht die anhaltende Waldvernichtung durch Abholzung entgegen, vor allem in Südostasien und Lateinamerika. In Brasilien erreichte dieser „Raubau an der Natur“ (Spiegel) 2018 den höchsten Stand: 7.900 Quadratkilometer Wald mussten dort der Landwirtschaft weichen. Der Umweltminister sprach von „illegaler Abholzung“ und machte „gestiegene organisierte Kriminalität“ dafür verantwortlich.
Bäume haben eine super CO2-Bilanz
Die Klimaerwärmung lässt sich nur durch Aufforstung mindern, meinen viele Wissenschaftler. Wie das? Die Bäume versorgen sich mit Kohlendioxid, indem sie Luft durch winzige Spalten in ihren Blättern eintreten lassen. Durch die Atemporen „schwitzen“ sie gleichzeitig Wasser aus, das verdunstet, nach oben steigt, Wolken bildet, die dann abregnen. Dies geschieht aber nur bei größeren Waldflächen. Das Gegenteil passiert bei unseren, riesigen kahlen Gebirgen ähnelnden Städten und sonst wo versiegelten Flächen: Sie speichern die Sonnenwärme und strahlen sie ab. So kommt es nachts nur zu einer geringen Abkühlung. Hinzu kommen die Auto-, Heizungs- und Industrieabgase
In Mitteleuropa war deswegen ab 1980 vom „Waldsterben“ die Rede, das besonders bei den waldliebenden Deutschen leicht hysterisch klang. Aber die Hysterie ist der Anfang jeder Wissenschaft, und schon bald bewirkten Entschwefelungsanlagen, Gesetze und forstwissenschaftliche Anstrengungen eine Entwarnung. „Gesund“ war der Nutzwald aber noch nicht, wie der Eifel-Förster Peter Wohlleben mit seinen Bestsellern über Bäume unermüdlich kritisiert.
Inzwischen bewirken Hitze, Dürre, Insekten und Schadstoffe eine „Waldkrise“, wie der BUND und die Industriegewerkschaft Bauen, Umwelt, Agrar (IG BAU) das nennen. Rund 300 Millionen Bäume müssen bereits nachgepflanzt werden. Zwar hat der „Waldumbau“ – weg von den „Nadelholz-Monokulturen“ und zurück zu den Mischwäldern – schon vor einigen Jahrzehnten begonnen, aber nach Meinung der Experten nicht umfassend genug.
Die Ministerin will klotzen statt kleckern
Das liegt auch an den wirtschaftlichen Interessen. In Deutschland haben Nadelbäume (außer in den Alpen) nichts zu suchen, dies ist ein Buchenland, aber Buchen darf man eigentlich erst nach 250 Jahren fällen (sie können 500 Jahre alt werden), Fichten und Kiefern liefern dagegen schon nach 60 bis 80 Jahren Papier, Bretter und Spanplatten.
Der deutsche Wald
CDU-Agrarministerin Julia Klöckner hat sich jetzt anrühren lassen, ihren ministeriellen Mitarbeitern einen Ruck gegeben und einen Vierpunkteplan zur Rettung des Deutschen Waldes vorgestellt: 1. ihn „aufräumen“, 2. ihm „pragmatisch helfen“, 3. ihn „mit passenden Bäumen aufforsten“, 4. „nicht kleckern, sondern klotzen“. 500 Millionen Euro will sie dafür lockermachen und den Forstbetrieben mit der Einkommensteuer entgegenkommen. Treiben lassen hat sich die nicht gerade für ihr ökologisches Denken berühmte Klöckner vielleicht von Peter Wohlleben, dem BUND und der IG BAU oder doch eher von den Klagen der meist adligen Waldbesitzer.
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