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Panzer ohne Turm in der Heide Foto: Imago

Naturschutzgebiet in NRWArtenschutz mit dem Panzer

In der Trupbacher Heide geht es Teichmolch und Heidelerche gut. Und die regelmäßig übers Areal bretternden Kettenfahrzeuge? Leisten ihren Anteil.

I n der kleinen Pfütze leben Molche? „Na klar, wenn sie im Sommer nicht trockenfällt, reicht denen das“, sagt Mechthild Lorenz. Die Pfütze ist so groß, dass man gerade nicht mehr drüber springen kann, zwei längliche Wasserstreifen, mit Binsen durchwachsen. An einem trüben Tag im Dezember, an dem Schnee durch die Grashalme blitzt, sind die Fadenmolche, Bergmolche, Teichmolche, die Grasfrösche und Kleinen Wasserfrösche nicht zu sehen. Sie haben sich irgendein verstecktes Plätzchen zum Überwintern gesucht.

Vielleicht würde sich Mechthild Lorenz auch gerne ein solches Plätzchen suchen, denn sie hat kalte Füße. Aber die Besucherin durch das Naturschutzgebiet Trupbacher Heide zu führen, bei Siegen im Südosten Nordrhein-Westfalens, – das lässt sich die pensionierte Lehrerin für Mathematik und Musik nicht nehmen. Also stapft sie in einem johannisbeerroten Parka und buntem Stirnband schlammige Wege entlang, zusammen mit ihrem Mann Ulrich Lorenz und ihrem Bruder Ulrich Banken.

Die drei, 72, 75 und 80 Jahre alt, weisen auf Pfützen, Ginster, Heide, diskutieren über Zäune als Wegbegrenzung, Schafe als Landschaftspfleger und freuen sich über jeden Holzhaufen. „Gut, dass die da liegen, die sind Lebensraum für Insekten“, sagt Ulrich Lorenz, „und erst für die Vögel“, ergänzt sein Schwager. Wenn die drei so durch die Heide spazieren, erzählen sie eine Geschichte über ihre Liebe zur Natur. Sie erzählen über die Möglichkeiten demokratischer Teilhabe, Natur in Deutschland zu schützen. Und über ihre Grenzen.

Aber was heißt eigentlich Natur? Die Trupbacher Heide ist einerseits ein Naturschutzgebiet nach dem Europäischen Schutzstandard FFH – Flora, Fauna, Habitat. Die FFH-Richtlinie schützt Biotope, also Lebensräume. Menschen legen die Gebiete fest, an denen die Natur weniger gestört werden soll als anderswo. Auch, wenn die Natur so von den Menschen selbst geschaffen worden ist, und Raupenfahrzeuge regelmäßig durch das Gelände rumpeln, damit der Wald es sich nicht zurückholt.

Wie alles begann

Es begann vor ziemlich genau 30 Jahren, am 4. Dezember 1992. Da tagte in Siegen der Kreistag und beschloss, die Region brauche ein neues Gewerbegebiet. Am besten geeignet sei ein großer Truppenübungsplatz auf einer Hochebene bei Siegen-Trupbach. Die Stadt Siegen zog nach und wies die Trupbacher Heide als Standort für ein 130 Hektar großes Gebiet aus. 130 Hektar, das ist in etwa so groß wie die gesamte Messe Hannover.

In den 1930er Jahren hatte die Wehrmacht das Gelände als Truppenübungsplatz übernommen; sie rodete den dort wachsenden Eichenwald. Im Zweiten Weltkrieg simulierte das Militär mittels heller Lichter des Gelände nachts zu einer Stadt, um alliierten Bomber vom Siegener Stadtgebiet abzulenken. Bis zum Dezember 1944 funktionierte das, davon zeugen heute noch zahl­reiche Krater.

Heideschürtzer: Mechthild und Ulrich Lorenz und ihr Bruder Ulrich Banken Foto: Heike Holdinghausen

Von 1945 an nutzten zunächst die Briten, dann die Belgier das Gelände als Truppenstandort. Die Soldaten übten dort Panzerfahren und Zielschießen, und wenn sie scharfe Munition verwendeten, hissten sie auf einem Berg eine rote Flagge. Der verrostete Fahnenmast steht heute noch da. Die Panzer hinterließen tiefe Spuren, sie verdichteten den steinigen Lehmboden. Für die Bevölkerung war das Gebiet gesperrt. „Wenn die rote Fahne wehte, sind wir natürlich nicht hingegangen, aber sonst haben wir als Kinder dort auch gespielt und Pilze gesammelt“, sagt Mechthild Lorenz, die in Trupbach aufgewachsen ist.

Auf die Natur wirkte so viel Menschenfeindlichkeit, Gewalt und Grobheit allerdings erstaunlich: Sie gedieh und blühte auf. In dem verdichteten Lehmboden sammelte sich Wasser, kleine Feuchtgebiete entstanden. Sie boten Amphibien, Insekten und Pflanzen Lebensräume. Weil immer wieder Panzer das Gelände umpflügten und platt­ machten, konnte sich kein neuer Wald entwickeln, der dort eigentlich wachsen würde, wenn man ihn denn ließe. Und so leuchtete im August großflächig violette Heide. Weil das Gebiet nie landwirtschaftlich genutzt worden war, blieb der Boden von einer Überlastung mit Stickstoff verschont.

Schwierige Verhandlungen über den Erhalt der Vielfalt

Der Kongress In Montreal verhandeln derzeit die 196 Mitgliedsstaaten der Konvention über die Biologische Vielfalt über ein neues Rahmenabkommen. Es soll im besten Fall Ziele für mehr Schutz der Biodiversität festhalten, sowie Maßnahmen und Gelder, um diese zu erreichen.

Die Biodiversität Das bedeutet Vielfalt der Arten, genetische Vielfalt innerhalb der Arten und Vielfalt der Lebensräume. Die Konvention will diese erhalten, dafür sorgen, dass sie nachhaltig genutzt wird und die Vorteile, die aus der Nutzung entstehen, gerecht verteilen.

Die Ziele Für den Erhalt der Vielfalt sollen etwa 30 Prozent der Erd- und Wasserflächen unter Schutz gestellt, sowie den Eintrag von Stickstoff und Plastikmüll reduziert werden. Bislang verlaufen die Verhandlungen schleppend.

Die Kritik In einem offenen Brief fordern junge Aktivisten, unter anderem von Greenpeace, der BUND-Jungend und Fridays for Future von der Bundesregierung, sich für starke Ziele einzusetzen. Unterschrieben haben ihn bislang über 1.000 Wissenschaftler.

Die Ministerin Ab Mittwoch wird Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zu den Verhandlungen stoßen. Sie setzt sich für klare Regeln für Schutzgebiete ein. Das deutsche Naturschutzrecht will sie dafür nicht anfassen: „Für die Umsetzung der Schutzgebietsziele sind bislang keine gesetzlichen Änderungen vorgesehen“, heißt es aus dem Umweltministerium. (taz)

Geflecktes Knabenkraut, Gemeines Kreuzblümchen und Ginster-Sommerwurz siedelten sich an. Es entstand ein buntes Mosaik aus Borstgrasrasen, Magerwiesen, Feuchtgebieten und Heide, das zahlreichen Arten Lebensräume bot. Insgesamt 42 Tagfalterarten, darunter in Nordrhein-Westfalen seltene Schmetterlinge wie der Gemeine Scheckenfalter und der Große Eisvogel (nein, kein Vogel), fühlen sich dort genauso wohl wie gefährdete Heidelerchen. 2016 wurden 44 Pflanzenarten, 19 Brutvogelarten und 21 Schmetterlingsarten nachgewiesen, die sich auf der Roten Liste NRW finden.

Kampf gegen Parkplätze, Hallen und Straßen

Mechthild und Ulrich Lorenz kannten die Namen dieser Tiere und Pflanzen nicht, „schon gar nicht die lateinischen“, sagt Mechthild mit einem Blick auf ihren Bruder, dem früheren Biologielehrer. Aber dass das geplante Gewerbegebiet mit seinen Hallen, Parkplätzen, Rangierflächen und Zufahrtsstraßen ein wunderbares Stück Natur zerstören würde, das war den Lorenzens sofort klar. Sie beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Sie trafen sich mit Nachbarn und gründeten die Bürgerinitiative „Trupbach gegen Landverbrauch“, 200 Mitglieder hatte sie zu Hochzeiten, etwa zehn haben die aktive Arbeit gemacht. Die Naturschutzverbände bezogen Stellung gegen das Gewerbegebiet.

Es begann ein jahrelanges, erbittertes Tauziehen. Bürgerinitiative, Naturschutzverbände und -behörden auf der einen Seite, Richtung Naturschutzgebiet. Sie schrieben Leserbriefe, kartierten das Gelände und zählten Vögel, Pflanzen und Insekten, schrieben Gutachten, suchten sich Unterstützung in den Parlamenten. Sie fuhren nach Berlin und Brüssel, um bei Politikern zu lobbyieren. In unzähligen abendlichen Treffen diskutierten sie Strategien, sammelten Mitstreiter und Unterschriften.

Die Panzerspuren sorgen für herrliche Tümpel Foto: Heike Holdinghausen

Auf der anderen Seite zogen Stadt- und Kreisverwaltung, die Industrie- und Handwerkskammer, der Deutsche Gewerkschaftsbund. Sie antworteten mit Studien zu Flächenbedarfen der Industrie, mit Kreis- und Ratsbeschlüssen. Im Oktober 2004, fast elf Jahre später, wies die Bezirksregierung Arnsberg den Truppenübungsplatz als Naturschutzgebiet „Heiden und Magerrasen bei Trupbach“ im Bereich der Stadt Siegen aus, rund 350 Hektar Offenland, durchzogen und durchsetzt von Wald, der nicht mehr genutzt und sich selbst überlassen wird. Entscheidend war am Ende die Stellungnahme der EU-Kommission. Brüssel hatte sich auf Seiten der Naturschützer gestellt. „Wir hatten wohl“, sagt Ulrich Banken, aktives Mitglied des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), „am Ende mehr Expertise und die besseren Argumente.“

Zunächst übernahmen Nabu und Bürgerinitiative die notwendige Pflege des Gebietes – denn Heide und Feuchtgebiete bleiben ohne Panzerübungen nicht erhalten. Regelmäßig muss das Gebiet entbuscht, also freigehalten werden, damit die Heide weiter blühen kann. Wird der Boden nicht verdichtet, verschwinden die Tümpelchen, und mit ihnen die Molche.

Inzwischen gehört das Gebiet der NRW-Stiftung, die in dem Bundesland nach Vorbild des National Trust in Großbritannien Natur-, Heimat- und Kulturprojekte fördert. Gepflegt und beobachtet wird das FFH-Gebiet von der Biologischen Station Siegen-Wittgenstein. Sie lässt einen Schäfer mit seinen Schafen und Ziegen über das Gelände ziehen, damit die Tiere Sträucher und Gehölze abweiden und mit ihrem Dung Lebensraum für Käfer schaffen. Sie baut Geländer entlang der Wege, damit Wanderer und Radfahrer sie nicht verlassen. Sie zählt und kartiert die Bestände von Vögeln, Pflanzen und Amphibien. Und sie mietet regelmäßig zwei Panzerfahrzeuggestelle, um mit ihnen durch das Gelände zu pflügen, den Boden aufzureißen und zu verdichten. Für die Tümpel.

„Wenn man spitzfindig ist, kann man da natürlich auch kritisch draufgucken“, sagt Manuel Graf, als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Station Siegen-Wittgenstein zuständig für die Trupbacher Heide. Für jeden Panzereinsatz verbrauche man mehrere Tausend Liter Sprit. Doch wenn der Mensch nicht eingreife, verschwinde Borstrasen und Heide. „Erst würden sich Birken ansiedeln, dann Espen und Ebereschen“, sagt Graf, „später dann Eichen, und irgendwann Buchen.“ Das würde allerdings dauern, ein-, zweihundert Jahre.

Soll man die Pflege aufgeben und die Natur einfach machen lassen? Klares Nein.

Manuel Graf, biologische Station Siegen

Der Blick von der Hochebene ins Tal verfängt sich schon jetzt in Wald, in Birken, Eichen. „Von den 350 Hektar sind über 200 Hektar Wald, die dem Prozessschutz unterliegen“, sagt Graf. Er wird nicht mehr bewirtschaftet und entwickelt sich zur Wildnis. Noch könne man nicht sagen, was das für die Artenvielfalt bedeute. „Dieser Wald ist sehr jung, teilweise 40, teilweise 80 Jahre alt“, sagt der ­Biologe, „erst in hundert Jahren werden wir sehen, ob er sich selbst regenerieren kann, seinen ­Wasserhaushalt regulieren.“ Also solle man die Pflege aufgeben und die Natur einfach machen lassen?

„Klares Nein“, sagt Graf. Diesen besonderen, vielfältigen Naturstandort habe der Mensch geschaffen, nun müsse er ihn erhalten. Auch im nicht weit entfernten Naturschutzgebiet Wetterbachtal, in dem Braunkehlchen, Wiesenpieper und Wachtelkönige ein Rückzugsgebiet gefunden haben, müsse der Mensch eingreifen. Panzer benötige er dort zwar nicht, aber „ohne Landwirtschaft kein Braunkehlchen“, sagt Graf. Die Vorstellung, man müsse die Natur nur machen lassen, sei falsch. Und auch den Menschen als Störfaktor hält Graf für überschätzt. „Natürlich sind Radfahrer und Wanderer in der Trupbacher Heide“, sagt er, „wir konnten aber nicht feststellen, dass das die Tiere stört“.

Der Bestand der Heidelerche entwickele sich positiv. Zwischen 12 und 15 Brutreviere seien besetzt – das bedeutet, dass in der Heide zwischen 20 und 30 Vögel leben, mit Jungtieren im Sommer mehr. Freilaufende Hunde, grillende Besucher, Mountainbiker – schadet alles nicht? Graf grummelt am Telefon. Natürlich müssten die Besucher gelenkt werden, informiert, sich korrekt verhalten, ihre Hunde anleinen. „Aber wie gesagt, wir beobachten keine Rückgänge im Bestand.“

Die Trupbacher Heide liegt in einer Region mit Böden und einem Klima, die Bauern und Bäuerinnen schon immer vor Herausforderungen gestellt hat. Die bergige Landschaft erschwert es, zusammenhängende Flächen zu bilden, in denen große Traktoren eingesetzt werden können; die Böden sind nicht so fruchtbar wie etwa in der Rheinischen Tiefebene oder im Münsterland. Entsprechend ist die Landwirtschaft eher extensiv als intensiv – was sich im Zustand der Artenvielfalt niederschlägt.

Fast 12 Prozent der Fläche Nordrhein-Westfalens steht unter Naturschutz, sind Nationalparks, FFH-, Vogelschutz-, oder Naturschutzgebiete nach deutschem Recht. Das klingt erst einmal nicht schlecht. Allerdings wird regelmäßig überprüft, in welchem Erhaltungszustand sich die Gebiete befinden. Im landwirtschaftlich intensiv genutztem Tiefland sind nur 18 Prozent der Flächen in einem „günstigem Erhaltungszustand“, sagt Birgit Königs vom Nabu Nordrhein-Westfalen. „Sie können ihre Funktion als Schutzgebiet also tatsächlich wahrnehmen.“

In den waldreichen Mittelgebirgsregionen, wie Sauer-, Siegerland und Wittgenstein, sei die Lage etwas besser. Insgesamt ist sie allerdings alarmierend: Laut Landesumweltministerium stehen 45 Prozent der heimischen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten auf der Roten Liste, die den Status der Gefährdung angibt.

Ackerbau bedroht Natur

Straßen, Gewerbegebiete und Ackerbau bedrohen die Schutzgebiete. „Dünger, Pestizide und Insektizide werden von den umliegenden Äckern eingebracht“, sagt Königs. Ackerbau in Schutzgebieten muss aber nicht generell verkehrt sein, wenn es sich um extensive Bewirtschaftung im Rahmen des Vertragsnaturschutzes handelt.

Man müsse, sagt Johannes Remmel, sich endlich von den kleinteiligen Einzelvorgaben verabschieden. Remmel sitzt entspannt in Jeans und Pullover in einem Café in der Siegener Innenstadt – aus der aktuellen Politik hat sich der Grünen-Politiker zurückgezogen. In der umstrittenen rot-grünen Landesregierung unter Hannelore Kraft, die 2017 mit Pauken und Trompeten abgewählt wurde, war er Umwelt- und Landwirtschaftsminister. Sieben Jahre lang lag der Schutz der Biodiversität in seinen Händen. Ist er gescheitert?

Remmel wäre nicht Politiker gewesen, wenn er jetzt ja sagen würde. Aber deutlich nein sagt er auch nicht. „Es wäre wichtig, den Artenschutz in die Fläche zu bringen“, sagt er. Den Reservatsgedanken, der Tieren und Pflanzen nur Rückzugsorte zubilligt, hält er für zu kurz gedacht. „Das wichtigste Refugium für genetische Vielfalt ist der Boden“, sagt Remmel, „den erhalten wir aber nicht durch Schutzgebiete, neben denen unverändert intensive Landwirtschaft stattfindet.“ Der Schlüsse liege in einer klaren gesellschaftlichen Vorgabe an die Landwirte – „und zwar nicht in Einzelvorschriften“. Es müsse gesellschaftlich formuliert werden, welche Art von Landwirtschaft in Europa betrieben werden solle, was nachhaltige Flächennutzung bedeute.

Stolz? Lebenswerk? Ja, schon. Aber darauf kommt’s ja an. Man muss was machen

Ulrich Lorenz, Retter der Trupbacher Heide

„Es gibt DIN-Normen nicht nur für jede Schraube, sondern auch umfassende Normen für die Qualitätssicherung in Unternehmen“, sagt Remmel. „Warum haben wir solche Normen nicht für die Sicherung der Biodiversität?“ Das sei allerdings ein dickes Brett, gibt er zu. „Ich weiß, dass ich für diese Politik keine Mehrheit im ländlichen Raum habe“, sagt er, der sich während seiner Amtszeit heftigem Protest konventioneller Land- und Jägerschaft ausgesetzt sah. „Sie betrachten Naturschutz und Vorschriften als Enteignung, als Eingriff in angestammte Rechte.“ Zurzeit helfe da nur, wenn öffentliche Hand oder Verbände Geld in den Kauf von Flächen investierten, um auf diesen nachhaltig zu wirtschaften. Und langfristig eben eine übergreifende, politische Strategie.

Eine Strategie wie das Abkommen zum Schutz der Biodiversität, über das gerade in Montreal verhandelt wird? Das setze einen Rahmen, sagt er. „Klar gucken wir nach Montreal“, sagt Britta Königs vom Nabu Nordrhein-Westfalen, „dort werden die Pflöcke eingeschlagen und deutlich gemacht, dass die Krise der Biodiversität genauso wichtig und groß ist, wie die Klimakrise“. Sie hofft, dass die Verhandlungen Signalwirkung entfalten und deutlich machen: „Wir müssen jetzt endlich in die Umsetzung kommen.“

Sind die drei pensionierten Lehrer eigentlich stolz auf das, was sie erreicht haben? Ist das FFH-Gebiet, die Trupbacher Heide, ihr Lebenswerk? Ulrich Lorenz guckt erstaunt unter seiner Strickmütze hervor. „Stolz?“, fragt er, „Lebenswerk?“ Na ja, immerhin haben die drei Jahre lang praktisch ihre gesamte Freizeit für dieses Gebiet verwendet – und am Ende einen zähen Kampf gewonnen. „Ja, schon“, sagt Lorenz, „aber darauf kommt’s ja an. Man muss was machen. Wenn man nichts macht, passiert auch nichts.“

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13 Kommentare

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  • Hier liegt ein großes Missverständnis vor. Es handelt sich um eine Kulturlandschaft mit einer künstlichen Artenvielfalt. Vielfalt ist kein Garant für ortstypische Biotope und der Erhalt kein Umweltschutz. Fossile Energien verheizen, um ein ortsfremdes Sammelsurium an Organismen bewundern zu können, ist meiner Meinung nach das Gegenteil von Naturschutz, es trägt zum Klimawandel bei. Woanders auf der Welt wird viel Geld durch Klimakompensation verdient, indem Ruderalflächen wiederbewaldet werden. Und wir kämpfen in unserem Land an vielen Stellen mit Flammenwerfer, Panzer und Kettensäge gegen eine ungewollte Natur und nennen das dann Naturschutz...

    • @Rolf Zimmermann:

      Wie kommen Sie darauf, dass die Arten "ortsfremd" sind? Tieren und Pflanzen ist es egal, ob ihr Standort "natürlich" ist. Und wenn ein Stück Kulturlandschaft der einzige Ort ist, an dem z.B. eine stickstoffempfindliche Pflanzenart noch wachsen kann, dann ist das gut und das Stück Kulturlandschaft schützenswert.

      Im "Naturzustand" wäre Deutschland fast vollständig von Buchenwäldern bedeckt. Aber schon große Herbivoren wie Auerochsen - die es ja leider nicht mehr gibt - verändern diesen "Naturzustand".

  • Cool, der Mensch macht Natur, oder was man sich unter Natur vorstellen soll.



    Wohlwollend nicken dazu landwirtschaftlich gescheiterte Politiker.



    Dieselbe Natur hat uns Menschen hervorgebracht. Die haben zum Dank dieselbe wieder grossräumig zerstört.



    Auf das ein paar Fleckchen so sein mögen, wie man es glaubt, macht man solche Landschaften. Einen Landschaftszoo.



    Der liebe Gott hat Zeit. Ihm kommt´s auf ein paar Millionen Jahre nicht an.



    Fang ich halt noch mal von vorne an, wird er sagen, vielleicht klappt´s ja irgentwann. Aus Menschen vernünftige Wesen zu machen, sozusagen natürliche.

  • Der Artikel bewegt sich schön an der Konfliktlinie Artenschutz, Umweltschutz und Naturschutz entlang. Die Landschaftspflegepanzer sind in diesem Fall die Artenschützer, stehen aber in Konflikt mit dem Naturschutz und Umweltschutz. Wenn in der Natur eine bewachsene Oberfläche technisch zerstört wird (Landwirtschaft, Bergbau etc) sorgt die Sukzession eigentlich dafür, dass die Arten des Standortes zurückkehren. Wenn Arten nur durch ständige technische Eingriffe am Standort erhalten bleiben, ist es für mich selektiver Artenschutz. Damit habe ich so meine Schwierigkeiten und möchte viel lieber, dass Nischen (Strukturelemente), das Ausbleiben von chemischen Duschen und vielfältige Fruchtfolgen eine Landschaft gestalten, in der sich viel Arten tummeln können.

    Aus eigener Praxis weis ich, dass es recht unterschiedliche Bewertungen von Biologen zur Bedeutung einzelner Arten als Zeigerpflanzen oder Zeigerarten für ein gesundes Biotop gibt. Auch daraus resultiert meine Skepsis bezüglich der jetzt in Montreal diskutierten "30% igen Unterschutzstellung". Was soll geschützt werden? Und wie soll möglicherweise ausbleibende produktive Nutzung (für uns Menschen) ersetzt werden? Verlagerung wohin? Doe Schweiz macht z.B. tolle Artenschutzprojekte, erzeugt aber nur 55% der benötigten Lebensmittel selber. Erfolg?

    Kann mich da SYRYO anschliessen und sagen: vielfältiger kleinräumiger Mix (schliesst grossflächigen Anbau nicht aus) ist für mich eher eine Lösung als laufende technische Eingriffe um gezielt Arten zu unterstützen.







    Unsere Umwelt ist durch unser Tun im Fluss (drücke es mal höflich aus), und konservieren wird dem meiner Meinung nach nicht gerecht. Aber wir müssen der Biodiversität Raum geben sich entwickeln und anzupassen.

  • Wunderbar, Heike Holdinghausen, von dieser Art Artikel benötigen wir noch viel mehr. Vielen Dank dafür. Zu meckern habe ich rein gar nichts, aber eine kleine Anmerkung zu den Aussagen von Manuel Graf zum Thema "Natur braucht Pflege". Richtig ist meiner Ansicht nach, dass wir beides brauchen: Gepflegte Natur aus Menschenhand, und Flächen, wo Natur Natur sein darf; selbst dann, wenn die pure Anzahl der Arten dort geringer ist. Beides hat seine Berechtigung, und wenn wir tatsächlich die Wahl hätten, sollten wir uns darum bemühen, die richtige Balance zwischen den beiden Ansätzen zu finden.

    • @Axel Donning:

      Am besten ist ein kleinräumiger Mix aus beidem. Je mehr unterschiedliche Biotope sich auf einem Quadratkilometer befinden, desto höher die Artenvielfalt. Man nimmt an, dass die Artenvielfalt in Deutschland im 19. Jahrhundert am höchsten war, weil es damals zwar schon viele landwirtschaftliche Flächen, aber dazwischen eben auch viele naturbelassene gab und die Landwirtschaft selbst nach unseren heutigen Begriffen noch extensiv und ökologisch war

      • @Suryo:

        Wobei das Schutzziel ja nicht immer an "möglichst vielen Arten" auszurichten ist. Spezialisten unter den Arten benötigen für ihr Überleben häufig sehr große Flächen, die zwar mit einer geringeren Artenvielfalt einhergehen, aber unersetzlich für ebendiese Spezialisten sind.

        • @Axel Donning:

          Das stimmt. Es sind aber gerade die kleinen, unscheinbaren und übersehenen Tierarten, die von einem kleinräumigen Mix profitieren. Natürlich brauchen Seeadler und Schwarzstorch größere, ungestörte Lebensräume, aber Kreuzotter und Steinkauz sind ja auch schützenswert. Ironischerweise gibt es ja auch Arten, die tendenziell von großen Monokulturen auf Agrarflächen profitieren. Kraniche zB finden auf abgeernteten Maisfeldern reichlich Nahrung, und je größer die Felder, desto ungestörter fühlen sie sich.

    • @Axel Donning:

      da bin ich ganz ihrer Meinung!

      nur eine Anmerkung, die selbe "Pflege" zu erreichen, wie das die Panzer geschafft haben, ist tatsächlich sehr aufwändig, auch Großherbivoren erreichen nicht die selbe Effizienz in der Schaffung offener Flächen. So widersinnig wie das erscheint, für manche Arten ist ein Truppenübungsplatz das Paradies.

      • @nutzer:

        Habe aber auch schon Naturschützer (Gartenbauer im Naturschutz) mit der Handramme (Rüttelstampfer) arbeiten sehn. Geht natürlich nur kleinflächiger. Nachbarfirmas Bulldozer täts sicher auch, statt demilitarisiertem Panzer. Der frisst auch weniger Sprit, weil er nich für so irre Beschleuigungen ausgelegt is wie die Riesendiesel von Leopard 1 und Co.

        • @lesnmachtdumm:

          reproduzierbar ist das alles, aber alles mit Extrakosten. Geld das man erstmal haben muß, der Beweidungsansatz, wie ihn die Sielmannstiftung betreibt ist schon ganz gut, aber alles ist damit nicht zu erreichen. Offenflächen, offene Dünen und Sandflächen, extrem wichtig für diverse Insekten und Pflanzen, temporäre Tümpel für die Amphibien, das können Großherbivoren nicht leisten. Das mit Technik zu reproduzieren, da stellt sich dann doch die Frage wie sinnvoll das noch ist. Aber deshalb die Armee weiter schießen zu lassen, ist natürlich auch Quatsch.

  • Vogelschutzgebiet Rieselfelder Münster: Ganz und gar und mit Großtechnik (Dampfpflüge damals) umgebaute Natur erster Güte. Ehemaliges "Klärwerk" .Da sollte dann mal n Gewerbegebiet hin, mit ATOMKRAFTWERK. Dann Bürgerinitiative: de.wikipedia.org/w...ndustriegebiet.jpg Jetz: schön. www.biostation-muenster.org/ de.wikipedia.org/w...elder_M%C3%BCnster