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Nato-Präsenz in AfghanistanTruppenabzug wird vorerst gestoppt

Die Lage dort sei zu unsicher, ist man sich im Bündnis einig. Die Nato will die Luftabwehr der Türkei mehr unterstützen und lädt Montenegro zum Beitritt ein.

Klappe wieder zu: Auch die Bundeswehr wird weiter in Afghanistan präsent bleiben und nicht ihr gesamtes Gerät nach Deutschland zurückschaffen. Foto: imago/Markus Heine

BRÜSSEL dpa/afp | Die Nato hat den Truppenabzug aus Afghanistan wegen der angespannten Sicherheitslage im Land vorerst gestoppt. Die Außenminister der Bündnisstaaten beschlossen am Dienstag in Brüssel, den Einsatz am Hindukusch im nächsten Jahr mit nahezu unverändertem Aufwand fortzuführen.

Rund 12 .000 Soldaten werden damit die afghanischen Sicherheitskräfte beraten und ausbilden. Deutschland weitet sein Engagement sogar wieder aus und will sich mit bis zu 980 Bundeswehrsoldaten beteiligen. Zuletzt waren insgesamt 13.110 Soldaten für die „Resolute Support Mission“ gemeldet – davon 850 Bundeswehrsoldaten.

„Die afghanischen Streitkräfte haben bemerkenswerte Widerstandskraft und Mut gezeigt ..., aber es bleiben Herausforderungen und Lücken bei den Fähigkeiten“, kommentierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Etliche Nato-Partner wie Deutschland und die USA hatten für 2016 eigentlich einen weitreichenden Truppenabzug geplant. Die anhaltende Gewalt der radikalislamischen Taliban-Rebellen und vor allem die vorübergehende Eroberung der nordafghanischen Provinzhauptstadt Kundus führten aber zu einem Umdenken.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, Deutschland setze sein Engagement fort, um weitere Rückschläge zu vermeiden. „Die Sicherheitslage ist nach wie vor schwierig“, sagte der SPD-Politiker.

Künftig ist vorgesehen, Ausbilder der Nato wieder verstärkt direkt in Krisenregionen einzusetzen. Zudem soll die Weitergabe von Aufklärungserkenntnissen an afghanische Sicherheitskräfte geprüft werden. So ließe sich möglicherweise verhindern, dass diese wie zuletzt in Kundus von Angriffen überrascht werden. Eine Rückkehr zu einem Kampfeinsatz schloss Stoltenberg allerdings aus. Seit Ende 2014 haben die Nato-Truppen keinen Auftrag mehr, die Taliban aktiv zu bekämpfen.

Steinmeier betonte, dass die afghanische Regierung Gegenleistungen für die Hilfe der internationalen Gemeinschaft erbringen müsse. „Wir erwarten umgekehrt Fortschritte bei den nach wie vor dringend erforderlichen Reformen in Afghanistan“, sagte er. Zudem müsse es Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung und beim Versöhnungsprozess mit den Aufständischen geben.

Großbritannien verlegt Kampfjets nach Incirlik

Die Nato erfüllt zudem die Bitte der Türkei nach einer stärkeren militärischen Unterstützung der Luftabwehr. Bereits in den nächsten Wochen sollten entsprechende Planungen abgeschlossen sein, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag nach Beratungen mit den Außenministern der Bündnisstaaten in Brüssel. Großbritannien habe schon angekündigt, Kampfflugzeuge auf den türkischen Nato-Stützpunkt Incirlik zu verlegen.

Stoltenberg betonte allerdings mehrmals, dass die Planungen bereits vor der jüngsten Eskalation der Spannungen zwischen der Türkei und Russland begonnen hätten. Dazu war es in der vergangenen Woche gekommen, als die türkische Luftwaffe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ein russisches Kampfflugzeug abschoss.

„Die Allianz ruft zu Besonnenheit, Diplomatie und Deeskalation auf“, sagte Stoltenberg. Hintergrund des verstärkten Nato-Engagements in der Türkei sei die instabile Gesamtlage in der Region.

Wer sich neben den Briten an den Sicherungsmaßnahmen beteiligt, ist noch nicht endgültig entschieden. Stoltenberg verwies unter anderem darauf, dass Deutschland jüngst für die Nato-Marinekräfte eine Fregatte zur Verfügung gestellt habe, die bereits im östlichen Mittelmeer unterwegs sei. Am Dienstag versprachen auch die Dänen Marine-Unterstützung.

Derzeit nur eine spanische „Patriot“-Batterie einsatzbereit

Die USA haben im Rahmen eines bilateralen Abkommens Abfangjäger in der Türkei stationiert, um die Luftabwehr des Landes zu stärken. „Ich erwarte, dass weitere Alliierte zusätzliche Zusagen machen und wir innerhalb weniger Wochen Entscheidungen zu den Sicherungsmaßnahmen für die Türkei treffen können“, sagte Stoltenberg.

Die USA und Deutschland hatten eigentlich geplant, ihre militärische Unterstützung für die Türkei zurückzufahren, und im Sommer den Abzug ihrer „Patriot“-Raketenabwehrsysteme eingeleitet. Derzeit ist nur noch eine spanische „Patriot“-Batterie einsatzbereit.

Bereits beim Nato-Verteidigungsministertreffen im Oktober hatte Nato-Generalsekretär Stoltenberg klargemacht, dass die Nato bei Bedarf sogar Truppen zum Schutz des Bündnisgebietes in die Türkei schicken würde. „Die Türkei ist ein sehr starker Partner, aber die Nato ist natürlich immer bereit zu verstärken und zu unterstützen“, sagte er damals. Der türkische Verteidigungsminister Vecdi Gönül bat damals aber konkret um Unterstützung bei der Luftabwehr.

Als Hintergrund gilt das militärische Eingreifen Russlands in den Syrien-Konflikt. Dieses wird von der Regierung in Ankara sehr kritisch gesehen, da Russland im Gegensatz zu der US-geführten Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat gleichzeitig auch den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unterstützt.

Die Türkei wirft Russland unter anderem vor, auch die in der Grenzregion lebende Turkmenen zu bombardieren. Die Türkei versteht sich als Schutzmacht dieser Minderheit. In der Nato sehen manche Länder den Abschuss des russischen Kampfflugzeuge auch in diesem Zusammenhang und nicht allein in Folge einer Luftraumverletzung.

„Ein politisches Instrument des Kalten Krieges“

Trotz des Widerstands Russlands hat die Nato den Balkanstaat Montenegro eingeladen, 29. Mitglied des Militärbündnisses zu werden. Dies hätten die Nato-Außenminister am Mittwoch bei ihrem Treffen in Brüssel beschlossen, sagte der Generalsekretär der Allianz, Jens Stoltenberg. Seit Ende des Kalten Krieges hat die Nato trotz Protesten Moskaus zwölf neue Mitglieder insbesondere aus Osteuropa aufgenommen. Zuletzt wurde das Bündnis im Jahr 2009 um Kroatien und Albanien erweitert.

Russland hat die Nato mehrfach davor gewarnt, Montenegro aufzunehmen. Am 20. November verabschiedete das russische Parlament eine Erklärung, die den Plan zur Aufnahme des Kleinstaates verurteilt. „Podgoricas Absicht, der Nato beizutreten, ist ein schwerer Schlag für die traditionell freundlichen Beziehungen zwischen Russland und Montenegro“, hieß es. Sicherheitsfragen durch die Teilung von Nationen in Blöcke anzugehen, sei „ein politisches Instrument des Kalten Kriegs“

Nach seiner Abspaltung von Serbien 2006 hatte Montenegro eine Annäherung an die Nato eingeleitet. Die USA als wichtigste Militärmacht im Bündnis äußerten jüngst Unterstützung für den Beitrittswunsch des 630.000-Einwohner-Landes. Diplomaten zufolge könnte Montenegro spätestens in anderthalb Jahren Nato-Mitglied werden. Zuvor müssen noch die Verhandlungen über den Beitritt abgeschlossen und dieser von den 28 bisherigen Mitgliedern des Bündnisses ratifiziert werden.

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