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Nationalhymne und GrundgesetzCDU singt Adenauers Lied

Einst gab es viel Streit um die deutsche Nationalhymne, deshalb landete sie nicht im Grundgesetz. Das will die Junge Union nun ändern.

Die Nationalhymne soll im Grundgesetz verankert werden. Das jedenfalls will die JU. Foto: dpa

Berlin taz | Es war eine Schmach. Als Konrad Adenauer (CDU) 1953 zum ersten Staatsbesuch in den USA in Chicago eintraf, da intonierte eine Kapelle zur Begrüßung den Karnevalsschlager „Heidewitzka, Herr Kapitän“.

Adenauer war nicht entzückt – wo er doch gerade erreicht hatte, dass die heute noch gültige Nationalhymne wieder in Deutschland eingeführt werden sollte.

Bis heute ist die Hymne jedoch nicht Bestandteil des Grundgesetzes. Diesen Zustand soll nun der CDU-Parteitag beenden. Ein Antrag der Jungen Union (JU) verlangt, den Artikel 22, im dem bisher nur die Bundesflagge verankert ist, zu ergänzen: „Die Nationalhymne ist die dritte Strophe des Liedes der Deutschen mit dem Text von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben und der Melodie von Joseph Haydn.“

Wie konnte es zu dieser bedenklichen Verfassungslücke kommen? Nach dem Krieg mangelte es nicht an Versuchen, eine neue Hymne zu finden. Was da nicht alles zur Aufführung kam: „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ ertönte ebenso wie das Studentenlied „Ich habe mich ergeben mit Herz und Hand“ oder Beethovens „Ode an die Freude“.

Eine Hymne für den Müllhaufen?

Die Nazis hatten die alte Hymne für ihre Propaganda eingespannt, besaß die erste Strophe – „Deutschland über alles“–doch Anschlusscharakter an die NS-Ideologie. Viele waren der Meinung, dass das Lied deshalb auf dem Müllhaufen landen sollte. Der Parlamentarische Rat, der 1948/49 das Grundgesetz erarbeitete, vermied eine Festlegung.

Zu den Kritikern zählte auch der erste Bundespräsident Theodor Heuss (FDP). Sein Vorschlag (“Land des Glaubens, deutsches Land, Land der Väter und der Erben“von Hermann Reutter) fand jedoch nur wenig Gegenliebe.

Adenauer wollte die alte Hymne behalten, allerdings nur ihre dritte Strophe. Im April 1950 forderte er das Publikum im Berliner Thalia-Palast dazu auf, mit ihm diese Strophe zu singen – nicht nur für die SPD ein Affront.

Bis 1952 zog sich der Streit hin, der erst durch einen Briefwechsel zwischen Adenauer und Heuss beendet wurde. Der Bundespräsident gab zähneknirschend nach, verweigerte jedoch eine präsidiale Erklärung im Bundesgesetzblatt. So musste die Veröffentlichung des Briefwechsels genügen.

63 Jahre später stehen die Chancen gut, dass die CDU beschließt, die Hymne in die Verfassung aufzunehmen. „Die Botschaft Einigkeit und Recht und Freiheit passe sehr gut zu den aktuellen Herausforderungen, sagte JU-Chef Ziemiak am Montag. Dass es Fallersleben dann tatsächlich ins Grundgesetz schafft, ist unwahrscheinlich. Die SPD hat bereits angedeutet, was sie von solcher Symbolpolitik hält: nichts.

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13 Kommentare

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  • Zur traditionellen deutschen Nationalhymne: Andere Strophe, gleiche Melodie (wie 9. Nov. 1938). Identitätsstiftend soll das sein. Und überhaupt: Schluss mit der Genderisierung! Angela Merkels Bass strebt brüderlich ins deutsche Männerland. Wo Frauen Hosen tragen, wer braucht da schon Saris, Röcke, Schwestern oder Mütter? Diese glanzlos verstaubte Nationalhymne ist reif für ein Upgrade. Jetzt wäre der geeignete Zeitpunkt. Ich denke an den Song von John Lennon: "Imagine". Den summen die Menschen in jedem Land der Welt – und verstehen ihn auch ohne Worte. Deswegen ist sie reif, die Zeit. Für ein Volksbegehren. Für ein Nationalhymnenupgrade. Für eine neue Sprache und eine neue Melodie. Vielleicht machen ja die Sachsen mit – und die Amerikaner, die Hamburger und die Franzosen, die Bremer und die Italiener, die Bayern und die Russen … ! Imagine!

  • Die Nationalhymne: Andere Strophe (wie am 9. Nov. 1938) - gleiche Melodie. Zum Thema "Integration durch Gesang" lesenswert: "Die Stuhlgemeinde" mit Leonard Baumzweig.

  • Nationalhymne im Grundgesetz verankern, Burka-Verbot, Integrationsverpflichtungsgesetz!

    Das sind Gesten der Anbiederung gegenüber den Populisten von Rechts und Anheizen der Stimmung in der Flüchtlingsproblematik: Abgesehen davon, die Bundesrepublik hat die Charta für Minderheitensprachen des Europarates ratifiziert. Dann sollten mindestens Versionen in Sorbisch, Dänisch, Saterländische und Friesisch vorgelegt werden. Bisher haben Sprecher dieser Minderheitensprachen wie wir alle die Nationalhymne auch ohne Verankerung im Grundgesetz gesungen. Will die CDU einen Sprachenstreit provozieren?

  • Theodor Heuss hatte mit einem Nachhall aus 1000 Jahren guten Grund zu dröhnendem Kopfschmerz bei der Vorstellung, die Nationalhymne im Grundgesetz wiederzufinden. Von Fallersleben wirbelte hier munter programmatische Grundwerte und erwünschte gesellschaftliche Entwicklungen durcheinander. Freiheit ist sicher essentiell, das Recht sollte aber ständig aktualisiert und neu errungen werden, gerne auch vor dem Hintergrund von 'Gleichheit und Brüderlichkeit'. Einigkeit kann sich da nur als Ergebnis eines freien und offenen gesellschaftlichen Diskurses einstellen. Fordere ich Einigkeit als Eingangsvoraussetzung, lässt sich auch gleich das Weitere beliebig definieren. So wird früher Stalin 'Recht' und 'Freiheit' verstanden haben, mit ungeheuren Folgen. Wenn wir sie ihm anböten, nach solch einer Nationalhymne würde sich nordkoreas Kim Jong-un die Finger lecken!

    Warum scheinen wir in Deutschland so wenig Wert auf Sprachkritik oder Gespür für sprachliche Deutungshoheit zu legen? Wem nützt die Kultivierung der Vormoderne und der Verzicht auf den Diskurs von Macht und Sprache? Spirit und Einigkeit begreife ich als Ergebnis gesellschaftlichen Engagements. Programmatisch vorausgesetzt werden sie pervertiert.

     

    Habe ich die JU mit ihrem Antrag auf dem CDU-Parteitag jetzt richtig verstanden: Einigkeit ist essentiell, die gesellschaftliche Entwicklung dazu ist abgeschlossen und wird so im Grundgesetz festgeschrieben. Wir brauchen uns offenkundig nicht länger dafür einzusetzen und können uns mehr dem Privaten und/oder dem Niederkämpfen äußerer Bedrohungen als auch neuen Kreuzzügen zuwenden. Muss man ja alles noch komplizierter machen als es eh schon ist …

  • Mensch, eure Probleme möchte ich haben!

  • wenn man unsres grosses Vorbild die USA betrachtet, Fahne und Hymne gehören zum Alttag aber keine Angst in D ist man längst davon weg, ich wette von 100 Leuten kennen max 10 den Text und schon bei den Farben drüfte es Probleme geben !

  • Na Servus. Sauber.

     

    Die C-Parteien & das Grundgesetz!

    Geht's noch?!

    Die aus dem Freistaat Bayern ->

    Klar - is bekannt.

     

    Weniger bekannt - >

    Der Jesuitenzögling - CDU -

    Rainer Candidus Barzel -> wka ->

    "Der Ölprinz" (Onkel Herbert Wehner)

    Ja - der mit dem

    Versteinerten Gesicht - >

    Als Willy Brandt Kanzler blieb.

     

    Der nun - Sagte dem Grundgesetz

    Noch 1953!! keine lange

    Lebensdauer voraus - ha!

    Ja - mal herchehört ihr - JUser!

    Nun - eben nicht nur dies kam -

    Und nicht nur für ihn - gern anders.

     

    Ja wie? Deutschlandlied?

    Den alten Joseph Hayden-Schlager

    Mit dem - "zwei Zeilen aus

    Drei Strophen unbekannten"

    Hoffmann von Fallersleben¿!

     

    Dabei hatte frauman sich

    Ab 1956 mit den ->

    Gesamtdeutschen Mannschaften

    Doch längst an die permanenten

    Beethoven-Konzerte mit dem

    Götterfunken so gewöhnt.

     

    Nein nein - Wenn schon historisch

    Dann passend richtig ->

    Das Turnerlied* - das - Das bei der Verabschiedung des Grundgesetzes

    Von dessen Müttern&Vätern - >

    Dem Parlamentarischen Rat ->

    Mit Inbrunst gesungen, ja

    Geschmettert wurde!

    Damit endlich mal ah Ruh is.

    Prima.

     

    (ps* Leider nicht mehr auf dem

    Schirm welches es war;

    Wenn da mal einer von den Kletterbuxen - vulgo ->

    Turnerschaflern aushelfen könnte¿!

    Danke;)

  • Haben wir keine anderen Probleme?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Na, wir, das Volk, haben schon andere Probleme.

       

      Die CDU und ihre Jugendorganisation hat keine anderen Probleme; welche denn auch? Ist doch alles gut, wenn "Mutti" für ihre Diagnose vom "schönsten Deutschland" neun Minuten Beifall bekommt.

       

      Stellt sich nur die Frage, was man den Delegierten zum Trinken und vielleicht auch zum Rauchen gegeben hat.

      • @Der Allgäuer:

        Der ganze Verlauf des Parteitages zeigt ja, dass die Kritiker der Mutti in der CDU viel zu sehr an ihren Posten hängen, um wirklich für ihre Meinung einzustehen.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Zur Ehrlichkeit gehört natürlich:

           

          1. das war beim Parteivorsitzenden Dr. Helmut Kohl nicht besser, und

           

          2. das gibt's in allen Parteien (auch Organisationen), dass die Führung eine Art Vertrauensvorschuss derer hat, die sie gewählt haben, jedoch so stark ausgeprägt wie in der CDU ist es fast nirgends (hier erinnern die Parteitage eher an die Jubelveranstaltungen in totalitären Organisationen des rechten, und manchmal auch des "linken" politischen Spektrums; die Anführungszeichen habe ich bewusst gesetzt, weil links meiner Überzeugung nach mit dem kritiklosen Abnicken dessen, was von der Führung vorgeschrieben wird, eher selten nicht zusammen geht, im Sinne von Kant "Habe den Mut ...").

          • @Der Allgäuer:

            "...hier erinnern die Parteitage eher an die Jubelveranstaltungen in totalitären Organisationen..."

             

            Sie glauben gar nicht, wie mich die ganze Merlelei manchmal an die DDR erinnert...