Nachwehen des Brexit: Der Felsen des Anstoßes

Die unbewohnte Insel Rockall im Nordatlantik wird nach dem Brexit zum Zankapfel. Gehört sie samt ihren Fischen zu Großbritannien? Oder zu Irland?

Der Felsen „Rockall“ im Nordatlantik

Um die 30 Meter im Durchmesser und unbewohnt: Insel Rockall im Nordatlantik Foto: imago

DUBLIN taz | Ein Felsen im Nordatlantik ist nach dem Brexit Streitpunkt zwischen Großbritannien und Irland. Am Montagabend haben schottische Marinesoldaten den irischen Fischkutter „Northern Celt“ vor Rockall geentert und zum Umkehren gezwungen. In der EU registrierte Schiffe dürfen seit 1. Januar nicht mehr in der 12-Meilen-Zone um Rockall fischen, erklärten die Soldaten.

Der pyramidenförmige Felsen, Rumpf eines erloschenen Vulkans, ist keine 800 Quadratmeter groß, er ragt 17 Meter aus dem Wasser und ist unbewohnbar. 1955 ließen sich drei britische Marinesoldaten und ein Wissenschaftler von einem Hubschrauber auf dem Felsen absetzen, um den Union Jack zu hissen und eine Bronzetafel anzubringen, auf der das Ereignis gewürdigt wurde.

Grafik Britische Wirtschaftszone

Dann sprach Korvettenkapitän Desmond Scott die Worte: „Im Namen Ihrer Majestät Königin Elisabeth II. nehme ich hiermit die Insel Rockall in Besitz.“ 1972 wurde Rockall der rund 500 Kilometer entfernten schottischen Grafschaft Inverness-shire angegliedert.

Die UNO machten den Briten 1982 einen Strich durch die Rechnung. Laut UN-Seerechtsübereinkommen, das auch Großbritannien unterzeichnet hat, dürfe „ein Felsen, der nicht von Menschen bewohnt werden kann und auf dem keine wirtschaftlichen Aktivitäten möglich sind, keine exklusive Wirtschaftszone haben“.

100 Milliarden Euro wert

Allerdings dürfen Küstenstaaten ihren Anspruch auf den Meeresboden bis zu 350 Meilen vor der Küste bei den UN registrieren lassen. Das tat die britische Regierung 2009, wobei sie die Inselgruppe St. Kilda, die bis 1930 bewohnt war, als Referenzpunkt angab. Damals ging es London vor allem darum, zu verhindern, dass die Sowjetunion vom Nordatlantik aus britische Atomtests ausspioniert.

Heutzutage, so schätzen Experten, könnte der Felsen mindestens 100 Milliarden Euro wert sein. Es geht nicht nur um die dortigen Fischereirechte, die für die Fischer im Nordwesten Irlands wichtig sind. Das Meer um Rockall birgt große Öl- und Gasvorkommen, die bisher nicht ausgebeutet wurden. Greenpeace hielt Rockall 1997 deswegen für 42 Tage besetzt.

Aus irischer Sicht haben die Iren ältere Rechte an dem Felsen. Der irische Mönch St. Brendan entdeckte Rockall bereits im 7. Jahrhundert auf seiner Reise nach Amerika und beschrieb es exakt. Dennoch sagte 2020 der damalige irische Premierminister Leo Varadkar: „Wir erheben keinen Anspruch auf Rockall. Wir akzeptieren aber auch keinen Anspruch eines anderen Staates.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.