Nachtzug von Cornwall nach London: Unterwegs wie schon Queen Victoria
Teppich, Tee und saubere Toiletten: In Großbritannien lässt es sich überraschend elegant im Nachtzug reisen. Fast schade, dass die Fahrt so kurz ist.
Nachtzüge sind eine umweltfreundliche Alternative zu vielen Flügen. Die taz stellt deshalb in loser Folge Verbindungen mit Schlaf- oder Liegewagen vor. Denn viele Angebote sind kaum bekannt. Wir schreiben aber auch, was besser werden muss, damit sie für mehr Menschen attraktiver werden. Alle vorherigen Folgen finden Sie auf www.taz.de/nachtzugkritik
Wir sind zu zweit und fahren ab Penzance. Da wir mit Interrail reisen, brauchen wir für den Schlafwagen nur noch eine Reservierung. Diese konnten wir zwei Wochen zuvor für 60 Pfund (umgerechnet knapp 70 Euro) pro Person am Schalter in London ergattern. Aus dem Ausland geht das nicht – wer auf Nummer sicher gehen will, kauft besser online ein normales Ticket inklusive Schlafplatz, das gibt es ab 130 Pfund (rund 150 Euro).
Der Bahnhof Penzance ist wie leergefegt an diesem Sonntagabend. Wir warten bei Kaffee und Keksen in der Lounge, die extra für Schlafwagengäste noch einmal geöffnet wurde. Eine halbe Stunde vor Abfahrt werden wir zum Bahnsteig geführt, nur ein schmaler Fußweg trennt uns vom Meer.
Der Zug empfängt uns in einem noblen Nachtgrün. Beschriftet sind die Wagen auch auf Kornisch, der inzwischen wiederbelebten Sprache Cornwalls. Eine freundliche Schaffnerin zeigt uns das Abteil. Wir sind verblüfft: ein elegant gemusterter Teppich, hochwertige Bettwäsche, dicke Matratzen – so vornehm sind wir noch nicht im Nachtzug gefahren.
Die Schaffnerin fragt nach unseren Wünschen fürs Frühstück. Wir entscheiden uns für Porridge und eine warme Bacon Roll, dazu gibt es Kaffee, Tee und Orangensaft. Das alles ist sogar im Preis inbegriffen.
Alles ist sauber und funktioniert tadellos
Britische Züge sind kleiner als ihre kontinentalen Äquivalente. Deshalb gibt es im Schlafwagen nur 2-Bett-Abteile. Wer solo reist, kann das Abteil auch für sich allein buchen, das obere Bett wird dann eingeklappt. Von innen wurden die Wagen unlängst komplett renoviert und mit Karten-Schlössern, USB-Steckdosen und WLAN ausgestattet. Im Abteil gibt es ein Waschbecken, Toiletten befinden sich am Wagenende. Alles ist sauber und funktioniert tadellos.
Nach der Abfahrt um 21.15 Uhr (werktags: 21.45 Uhr) zieht es uns in das Lounge Car. Kein richtiger Speisewagen, eher eine Bar auf Schienen. Auch hier geht es gediegen zu: Tee aus kleinen Metallkännchen, Rotwein, gedämpfte Gespräche. Wir fläzen uns auf eines der längs zur Fahrtrichtung angeordneten Sofas. So gemütlich reist es sich über Tag nicht.
Wir schlafen tief und bekommen überhaupt nicht mit, wie der Zug um 5 Uhr in den Bahnhof London Paddington rollt. Aber keine Panik, denn das ist der Clou am Night Riviera: Nach der Ankunft kann man noch zwei Stunden an Bord bleiben. Ausschlafen, in Ruhe frühstücken. Und wer es eilig hat, steigt eben früher aus. Fährt man von London nach Penzance (Abfahrt: 23.45 Uhr), kann man stattdessen schon früher einsteigen.
Als wir aufwachen, ist es 6.20 Uhr, kurz darauf bringt die Schaffnerin wie verabredet das Frühstück. Zum Duschen wechseln wir in die Lounge am Bahnsteig, der Nachtzug hat praktischerweise direkt vor dem Eingang geparkt.
Am Ende gibt es noch eine Überraschung: Der Lounge-Mitarbeiter führt uns in den historischen Warteraum, in dem sich schon Queen Victoria die Zeit vertrieb. In den schweren Ledersesseln lassen wir die tolle Fahrt ausklingen.
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