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Nachruf auf Sänger Willi ResetaritsKein Oaschloch zu sein

Dialekt-Blueser, Politaktivist und Menschenfreund: Willi Resetarits alias „Ostbahn-Kurti“ ist gestorben.

Willi Resetarits auf der Bühne 2020 Foto: Franc Perc/imago

Selten hat in Österreich ein Künstlertod so viel Betroffenheit ausgelöst. Willi Resetarits hatte zu Lebzeiten schon viele Freunde, jetzt hat er nur mehr Freunde. Der Burgenlandkroate, der als Kind im Wiener Proletenbezirk Favoriten als „Krowod“ gemobbt wurde, war ein Menschenfreund und nebenbei ein großartiger Musiker. Zum Entsetzen seines Vaters, der sich vom Maurer zum Baumeister hochgearbeitet hatte und von seinen drei Söhnen bürgerliche Kar­rie­ren erwartete, brach er sein Anglistikstudium ab, um sich der Musik zu widmen.

Er brachte Rhythm & Blues mit wienerischen Texten auf die Bühne, gründete mit politisch Gleichgesinnten die Folk-Band Die Schmetterlinge, die durch ihre Proletenpassion unsterblich geworden ist, ein politisches Oratorium über die Geschichte der Unterdrückten und deren Aufbegehren. Sie waren bei allen Demos dabei und setzten sich für die Revolution ein. Für das Eurovisionssongcontest in Rumänien war diese Art Musik eher nichts.

Die Schmetterlinge wurden 1977 vorletzte. Während sein älterer Bruder Lukas als Kabarettist Karriere machte und der kleine Bruder Peter im Fernsehen aufsteigen konnte, blieb Willis Schaffen längere Zeit im Schatten.

Ostbahn-Kurti ward geboren

Er blieb aber ruhelos, experimentierte mit verschiedenen Stilrichtungen und schlüpfte in den 1980ern in die Rolle des Ostbahn-Kurti. Den hatten Freunde erfunden, die Gerüchte streuten, ein gewisser Dr. Kurt Ostbahn habe schon zwei Alben aufgenommen, die aber nirgends zu haben waren, und gebe ausverkaufte Konzerte.

Weil er immer schon vorlaut war, meldete sich Resetarits, um diese Kunstfigur mit Leben zu erfüllen. Er stand plötzlich mit einer Band als Ostbahn-Kurti und die Chefpartie auf der Bühne und begeisterte mit einer wienerischen Inkarnation von Bruce Springsteen das Publikum. Obwohl der Ostbahn-Kurti 2006 in Pension geschickt wurde, waren die reale Person und der „Kurti“ bis zuletzt nicht zu trennen.

Resetarits war sein Leben lang das, was man eine Rampensau nennt. Alkoholkonsum und Depressionen ließ er sich nicht anmerken. Er vertonte Gedichte des Mundartpoeten H. C. Artmann, tat sich mit kurdischen Musikern zusammen und gründete das Integrationshaus, das bis heute eine wichtige Anlaufstation für Zugewanderte und Geflüchtete aus allen Ländern ist.

Zu seinem Engagement sagte er einmal dem Falter, er finde es „wahnsinnig angenehm, wenn man kein Oaschloch ist“. Resetarits starb am Sonntag 73-jährig bei einem Haushaltsunfall.

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3 Kommentare

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  • ...eine Anmerkung zum Auftritt beim Eurovision Songcontest 1977, der übrigends nicht in Rumänien - hallo damals Ostblock - sondern in London stattfand. Willi und die anderen Schmetterlinge waren damals mit 'Oktober' in Deutschland auf Tournee. Man hatte die Schmetterling zur Saalveranstaltung des DGB in Berlin eingeladen, So flogen reisten sich einen Tag vor dem 1. Mai dort an und traten live im Fernsehen (SFB-ARD) auf. Damals hatte der DGB die Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) wegen Linksradikalisums ausgeschlossen. Eine DGB-Mai-Demosntration gab es nicht, nur die GEW rief mit anderen Linken zu einer eigenen Demo auf. Auf der Bühne dann der Eklat: Willi und Band riefen nach ihrem Song zur Teilanhme bei der GEW-Demo am nächsten Tag auf. Die Bonzen von H.O. Vetter und Co kochten in den ersten Reihen des Saales vor laufender Kamera. Der schweißtriefende SFB-Moderator stotterte vor laufender Kamera herum. Aus London zurückgekehrt erzählten Willi und die anderen Schmetterlinge dann, ihnen sei nach dem Auftritt von den Funktionären gedroht worden. Prompt wurden sie bei der Ankuft zum ESC in London von Schlagzeilen der Boulevardpresse empfangen: "The reds are coming". Danach war der ORF allerdings mit ihrer Performance beim ESC zufrieden. Klar war auch, dass die Schmetterlinge danach bei budnesdeutschen Gewerkschaftsveranstaltung Tabu waren.

  • Liebe taz, der Mensch heißt Willi Resetarits, nicht Resetrits

  • Solche Typen im positiven Sinn, gibts nur im 'Wiener Kosmos'. Vom burgenländischen 'Tschuschen' (abwertend für Ausländer vom Balkan) zum allseits anerkannten sowie be- und geliebten linken Künstler unf Aktivisten.



    Durfte ihn einige Male treffen und etwas kennen lernen und schätzte seinen Schmäh und seine Selbstironie. Ein trauriger Tag.



    Pfiad di und baba, Willi.