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Nachruf auf Nutella-ErfinderEine Creme für die Ewigkeit

Jedes Jahr produziert Ferrero 400.000 Tonnen der zarten Nussnougat-Creme. Nun ist ihr Erfinder, der Lebensmittelchemiker Francesco Rivella, gestorben.

Nutella-Erfinder Francesco Rivella im Februar 2024 in Alba, Iltalien Foto: Rotary/ROPI

Nein, prominent war Francesco Rivella nicht. So gut wie niemandem in Italien sagte sein Name etwas. So unbekannt er selbst immer war und blieb, so berühmt ist das Produkt, das er vor gut 60 Jahren kreiert hat: Nutella.

Nutella, die zarte Nussnougatcreme, die sich rund um den Erdball jeden Tag Kinder (und auch Erwachsene) aufs Brot schmieren – am besten natürlich ohne Butter – oder auch pur aus dem Glas löffeln. Pro Jahr werden rund 400.000 Tonnen produziert.

Ferrero war im Nachkriegsitalien nur eine von diversen Firmen, die in der Nussregion Piemont ein Produkt mit Nougat herstellte, als dort im Jahr 1952, mit 25 Jahren, Francesco Rivella anfing. Der junge Mann hatte gerade sein Studium als Lebensmittelchemiker abgeschlossen, und Ferrero war schon auf der Erfolgsspur, mit einem Brotaufstrich, der „Gian­dujot“ hieß, also „Nougatcreme“. Schon damals öffnete die Firma eine Dependance in Deutschland, in Stadtallendorf, einen kleinen Laden mit 60 Beschäftigten, in dem eine „Creamalba“ und „Mon Chéri“ hergestellt wurden.

So richtig startete Ferrero – und auch Francesco Rivella durch, als im Jahr 1957 Michele Ferrero, der Neffe des Gründers Pietro Ferrero, das Ruder übernahm. Das Reich Rivellas war jener Ort, der im Betrieb nur „la stanza della chimica“, das „Zimmer der Chemie“, genannt wurde. Dort rührten er und sein Team immer neue Mixturen zusammen, verkosteten sie und verwarfen sie oft genug wieder.

Mit Nutella das Ausland erobern

Nicht verworfen haben sie jene Creme, mit der sie den schon auf dem Markt platzierten Nougataufstrich verfeinerten und verbesserten. 1964 war sie dann marktreif, mit neuer Rezeptur und neuem Namen: Nutella. Mit ihr wollte Michele Ferrero nicht bloß Italien, sondern die ganze Welt erobern, deshalb der Name, in dem das englische „Nut“ (Nuss) steckt.

Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich ging die Rechnung umgehend auf: Dort machte die süße Creme seit Mitte der sechziger Jahre Millionen Menschen froh, auch wenn bis heute keiner weiß, was eigentlich der richtige Artikel ist: „die“, „das“ oder gar „der“ Nutella. Der Duden erlaubt alle drei, die Firma selbst lässt wissen, es sei ein Fantasiewort, das in der Regel „ohne Artikel verwendet wird“, ansonsten gelte, dass es „jedem selbst überlassen“ bleibe.

Rivella hatte als Chefentwickler zu diesem Erfolg entscheidend beigetragen, nicht umsonst blieb er immer bei Ferrero, von 1973 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993 als Vizedirektor der chemischen Grundlagenforschung, als Freund auch des Patrons Michele Ferrero. Mit ihm war, wie das Buch „Mondo Nutella“ berichtet, Rivella oft auch auf Reisen quer durch Europa. „Sie kauften Schokolädchen, Cremes, Schokotafeln, süße Snacks, nicht um sie nachzuahmen, sondern um sie selbst besser zu machen. Sie wollten aus Ersatzstoffen aussteigen und den Kakao selbst rösten“.

Doch im Scheinwerferlicht stand Rivella nie, ganz anders als Schöpfungen wie „Ferrero Rocher“, an denen er auch mitwirkte. Über sein Privatleben ist so auch nicht viel bekannt, außer dass er vier Kinder und sieben Enkel hatte. Er war eng befreundet mit dem Auschwitz-Überlebenden und weltberühmten Schriftsteller Primo Levi, ebenfalls ein studierter Chemiker. Außerdem begeisterte Rivella sich für Faustball und befasste sich auch nach seiner Verrentung weiter intensiv mit Trockenobst aller Sorten.

Wie jetzt bekannt wurde, starb Rivella am 14. Februar im Alter von 97 Jahren – auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Firmenpatriarchen Michele Ferrero.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung stand, dass Ferrero 400 Millionen Tonnen Nutella in 770 Millionen Gläsern im Jahr produziert. Unzählige Nutella-Fans haben uns drauf hingewiesen, dass das nicht stimmen könne. Richtig ist rund 400.000 Tonnen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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20 Kommentare

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  • Ciao Bello

    (ps - 🤫 weil nicht pc & grad im Netz nicht auffindbar - selbstzensierter Werner Komik:



    “Oma - haste wieder Kacke mitgebracht!“



    “Nur wo 💩 draufsteht, ist auch 💩 drin“ 🤫

  • Bei allem Respekt vor den Toten: "Nutella ist [...] genaugenommen, eine Zucker-Fett-Paste, vermengt mit ein paar Haselnüssen, Milchpulver und Kakao. Ernährungsexperten können darum gar nicht genug vor Nutella warnen: Jede Menge Palmöl hat’s da drin, und dann noch der ganze Zucker! Wer sich morgens zwei Scheiben Brot mit Nutella streicht, hat dessen empfohlene Tagesmenge schon nach dem Frühstück locker überschritten."



    Neben den "klassischen" Folgen von zuviel "Creme für die Ewigkeit" wie Karies, Diabetes und Übergewicht, scheinen mir auch die ökologischen Folgen durch Palmöl zumindest erwähnenswert. Kapitalismuskritik am Konzern Ferrero außen vor.



    Den romantisierenden Beitrag kann ich mir nur durch Kindheitserinnerungen des Autorenden erklären.

    • @Fränzchen:

      Wäre ja auch noch eine Zahl: wie viele Menschenjahre hat die Creme auf dem Gewissen? Sie trifft so schön die Mischung aus Zucker, Fett, Vanille mit Schoko-Nuss dabei, dass sie mit ihren Geschwistern wahrscheinlich mehr konsumiert wurde als es die EsZet-Schnitte allein gewesen wäre.

  • Wieso in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.



    Nutella ist mir viel zu süß und hat viel zu wenig Nussanteil.



    Aber aus den Ostländern kam nudosi zu uns mit 36% Nussanteil. Und dies ist nicht nur "gesünder", es schmeckt auch viel besser. Ob Francesco Rivella es auch mal probiert hat?

    • @Hans Dampf:

      Beides Zuckerpaste.



      Was macht süchtig, Zucker oder Nüsse?



      Was verkauft sich also besser und bindet den Kunden?



      Was ist das Ziel eines Geschäftsmannes?



      Sicher kannte er die Alternativen.



      Nur geht es bei diesen Produkten nicht darum etwas möglichst gesundes oder nahrhaftes zu produzieren sondern Geld zu machen.



      Wie immer gilt: if you want to donit right, do it on your own.

    • @Hans Dampf:

      Nutella wird im hessischen Stadtallendorf produziert, also ziemlich in der Mitte Deutschlands.



      Und ob Nudossi tatsächlich gesünder ist als Nutella, sei mal dahin gestellt.



      Es gibt im Biobereich auch Nussnugatcrèmes mit höherem Nuss- und Kakaoanteil, und vor allem ohne Palmöl.

      • @Botho von Rienäcker:

        Nudossi hat auch kein Palmöl. Als ich es das letzte Mal im Regal sah, ausdrücklich genannt.

  • 400 Millionen Tonnen in 770 Millionen Gläsern. Die Gläser möchte ich sehen!

    • @UNGUIS:

      Tönnchen. Oder auf westfälisch: Tönnies.

    • @UNGUIS:

      Haben sie noch keine Regentonnen mit Nutella gesehen :-)

      • @Offebacher:

        Ich versuchte die Rechnung zu retten, indem ein Tönnchen eben recht genau zwei Gläser fasst.

        • @Janix:

          Erst einmal ein Dankeschön für ihre Antwort, ich glaube, wir haben beide (wie andere auch, wenn man sich die Kommentare ansieht) über die 400 Millionen Tonnen bzw. Tönnchen gelacht. Geantwortet hatte ich eigentlich auf den Kommentar von @UNGUIS. Das wird graphisch etwas unglücklich angezeigt.

          • @Offebacher:

            Ich wusste es nicht so genau,



            aber es hat ja gemeinsam sogar oben zur Korrektur geführt. : )

  • Die Nutella, im Italienischen heißt a am Ende fast immer: weiblich.



    Ach ja, und die molkenfiese Rivella ist sicher nicht nach dem Herrn benannt, sondern aus dem Tessiner Ortsnamen Riva San Vitale bzw. dem italienischen Wort rivelazione, „Offenbarung“, abgeleitet.

  • 400 Millionen Tonnen in 770 Millionen Gläsern - Eine halbe Tonne Nutella pro Glas, schade, dass es bei uns nur so kleine Gläser gibt.

    • @Nisse:

      You made my day! ;)

    • @Nisse:

      Da ist absolut was dran!

  • Wenn ich mich bei den Nullen nicht vertan habe, müssten das jährlich 50 Kg pro Nase sein, vom Eskimobaby über die Huthu-Mutter bis zum chinesischen Opa. Mein eigener Verbrauch beläuft sich geschätzt auf ein Glas in fünf Jahren. Irgendwo futtert also jemand 2 Kg pro Woche....

  • Ich weiß nicht, ob ich mich verrechnet habe, aber mir scheint, dass die angegebenen Zahlen nicht stimmen koennen. 400 Mio Tonnen in 770 Millionen Gläsern? Das müssen ja riesige Gläser sein.

    • @Dietrich Schneider:

      Tonnen, Kilo, brutto, netto... alles nur Details!