Nachrichten zur Coronakrise: Kritik an Infektionsschutzgesetz
Ab Herbst können die Länder wieder eine Maskenpflicht verhängen. Ärzt*innen bemängeln, dass es dafür keine genauen Vorgaben gibt.
Mediziner*innen kritisieren Infektionsschutzgesetz
Das von der Ampel-Koalition vereinbarte neue Infektionsschutzgesetz ist auf gemischte Reaktionen gestoßen. Die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bemängelten am Donnerstag fehlende Grenzwerte zur Beurteilung der Überlastung im Gesundheitswesen.
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„Ich begrüße, dass das Infektionsschutzgesetz ab Herbst den Ländern weiterhin Möglichkeiten bietet, um aktiv gegen Corona-Wellen vorzugehen“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Unklar bleibt aber noch immer, anhand welcher Indikatoren tatsächlich Gefährdung festgestellt werden muss.“
Nach den Plänen der Ampelkoalition sollen die Bundesländer erweiterte Corona-Maßnahmen anordnen können, wenn ein Land befürchtet, dass das Gesundheitssystem überlastet wird, wie es für den Herbst befürchtet wird. Konkrete einheitliche Schwellenwerte gibt es dafür nicht.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, an diesem Punkt bleibe das vorgestellte Coronaschutzkonzept „leider noch im Vagen“. „Wichtig ist, dass in Zukunft im ganzen Bundesgebiet einheitliche Maßnahmen ergriffen werden, wenn bestimmte, klar definierte Kriterien erfüllt sind.“
Der Ärztepräsident begrüßte gleichzeitig ausdrücklich, dass das Pandemiekonzept „endlich mit Rücksicht auf unsere Kinder formuliert“ sei. Wichtig sei insbesondere die Absage des Bundesgesundheitsministers an pandemiebedingte Schulschließungen. Kinder und Jugendliche seien bisher die Hauptleidtragenden der Schutzmaßnahmen gewesen. Die Folge seien Bildungsdefizite, Entwicklungsstörungen und eine deutliche Zunahme der psychischen Erkrankungen. Es müsse alles dafür getan werden, dass Schulen und Kitas offen blieben, sagte Reinhardt. (afp)
Kritik an Ausnahmeregeln für Grundschulen
Der Deutsche Lehrerverband begrüßte, dass die Länder nach den Plänen der Ampelkoalition künftig in Schulen wieder eine Maskenpflicht verhängen können – kritisiert aber eine Regelungslücke an Grundschulen. „Wir begrüßen es, dass die Länder im Bedarfsfall – nämlich, um den Präsenzbetrieb bei einer heftigen Infektionswelle aufrecht erhalten zu können – eine Maskenpflicht an weiterführenden Schulen anordnen können“, sagte der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, den RND-Zeitungen.
„Warum im gleichen Fall, also zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebs, eine Maskenpflicht an Grundschulen nicht angeordnet werden kann, ist allerdings absolut nicht nachvollziehbar.“ Bei Grundschulen werde offensichtlich eher eine Schulschließung oder Unterrichtsausfall in Kauf genommen, sagte Meidinger. Das sei nicht nachvollziehbar.
Dagegen bezeichnete der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, es in der Rheinischen Post als Verbesserung, dass keine Maskenpflicht für Grundschüler vorgesehen sei. Grundschüler sollten „generell von der Maskenpflicht befreit werden, insbesondere auch bei kulturellen Aktivitäten oder Sport“.
„Wir wünschen uns auch, dass eine Maskenpflicht im Unterricht bei älteren Kindern nicht angeordnet werden kann“, sagte Fischbach weiter. „Junge Menschen haben ein nur sehr geringes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf und müssen damit wieder Einschränkungen hinnehmen, um ungeimpfte Erwachsene zu schützen.“
Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, warnte derweil in der Rheinischen Post vor „zu kleinteiligen Maßnahmen“. „Wenn bei der Maskenpflicht beispielsweise danach differenziert werden soll, ob die letzte Impfung drei oder vier Monate zurückliegt, dann frage ich mich, wie das im Alltag funktionieren soll. Dass solche Regelungen nicht zur Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen werden, ist offensichtlich.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatten sich zuvor auf ein neues Infektionsschutzgesetz geeinigt. Vorgesehen sind ab 1. Oktober für gut sechs Monate vor allem zusätzliche Spielräume für die Länder, wieder Maskenpflichten in Innenräumen anzuordnen. Bei einer Zuspitzung der Lage sind darüber hinaus zusätzliche Auflagen möglich. (afp)
Bund fördert Forschung an Corona-Nasenspray
Im Kampf gegen die Coronapandemie fördert die Bundesregierung erstmals die Entwicklung eines nasalen Impfstoffs. Das Projekt der Universitätsklinik München namens Zell-Trans werde mit knapp 1,7 Millionen Euro unterstützt, sagte Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger der Augsburger Allgemeinen (Donnerstag). Der Impfstoff soll per Nasenspray auf die Nasenschleimhaut aufgetragen werden, also ohne Nadel.
Damit könne er „direkt dort seine Wirkung entfalten, wo das Virus in den Körper eindringt“, sagte die FDP-Politikerin. Mit dem Schleimhautimpfstoff würden Coronaviren direkt im Nasen-Rachen-Raum bekämpft und können sich dort gar nicht erst festsetzen. Damit könnte das Präparat im Idealfall nicht nur vor symptomatischen Erkrankungen schützen, sondern gleich vor einer Infektion. (dpa)
Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter
In Deutschland steigt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) die Zahl der bekannten Infektionen um 74.645 auf über 31,1 Millionen. Das sind 29.472 Fälle weniger als am Donnerstag vor einer Woche, als 104.126 Absteckungen verzeichnet wurden.
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Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 451,3 von 477,9 am Vortag. Das RKI meldet 192 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus. Die bekannte Gesamtzahl liegt damit bei 144.552.
Zwar sinkt damit die Zahl der Infektionen seit fast zwei Wochen, der 7-Tage-Mittelwert der Todesfälle liegt so hoch wie seit Mai nicht mehr. (rtr/taz)
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