Nachrichten in der Coronakrise: Impfpflicht mit Novavax

Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege sollen „bevorzugt“ das proteinbasierte Vakzin erhalten. Trotz Omikron gibt es derzeit keine Engpässe in den Kliniken.

Ein Fläschchen mit dem Impfstoff Novavax

Könnte für Menschen interessant sein, die Vorbehalte gegen mRNA- und Vektorimpfstoffe haben Foto: reuters

Ab Ende Februar 1,75 Millionen Dosen Novavax

Beschäftigte im Gesundheitsbereich und in der Pflege sollen „bevorzugt“ den Impfstoff von Novavax erhalten können, wenn die Impfpflicht für diese Berufsgruppen Mitte März in Kraft tritt. Das beschlossen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Samstag. Laut einem Bericht des Tagesspiegel soll eine erste Lieferung von 1,75 Millionen Dosen des Impfstoffs ab 21. Februar zur Verfügung stehen. Demnach wollen mehrere Bundesländer eine Verschiebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht.

Ab Mitte März gilt in Deutschland eine Corona-Impfpflicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kliniken, Pflegeheimen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Rettungs- und Pflegediensten, Geburtshäusern und anderen medizinisch-pflegerischen Einrichtungen. Wer zu diesem Zeitpunkt keinen Immunitätsnachweis vorlegen kann, darf dort in der Regel nicht mehr beschäftigt werden. Es gibt Befürchtungen, dass Beschäftigte wegen dieser einrichtungsbezogenen Impfpflicht kündigen könnten.

Der Tagesspiegel berichtete am Samstag unter Berufung auf Regierungs- und Länderkreise, mehrere Bundesländer pochten daher auf eine Verschiebung. Stattdessen solle erst auf die Einführung des Novavax-Impfstoffs gewartet werden. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte das Vakzin am 20. Dezember für Menschen ab 18 Jahren zugelassen. Für einen vollständigen Impfschutz sind zwei Dosen nötig.

Das saarländische Gesundheitsministerium teilte mit, Novavax werde voraussichtlich ab Ende Februar zur Verfügung stehen. Für einen vollständigen Impfschutz sei eine zweite Dosis dieses Impfstoffs im Abstand von mindestens drei Wochen erforderlich.

Novavax ist ein proteinbasierter Corona-Impfstoff, eine im Kampf gegen andere Krankheiten seit langem bekannte und genutzte Methode. Daher könnte der Impfstoff auch für Menschen interessant sein, die Vorbehalte gegen die neuartigen Technologien der mRNA- und Vektorimpfstoffe haben.

Die Ministerinnen und Minister sprachen sich außerdem dafür aus, die besonders zuverlässigen PCR-Tests aufgrund der hohen Infektionszahlen zu priorisieren. Sie sollen vorrangig für vulnerable Gruppen sowie und Beschäftigte reserviert werden, die sie betreuen und behandeln. Bei Warnungen durch die Corona-Warn-App soll demnach auf einen PCR-Test verzichtet werden, ein Antigentest in einem zertifizierten Testzentrum genügt dann.

Am Montag kommen die Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer weiteren Beratungsrunde zur Corona-Pandemie zusammen. Die Videokonferenz der Gesundheitsminister diente zur Vorbereitung.

Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Sieben-Tage-Inzidenz am Samstagmorgen mit 772,7 an. Am Freitag hatte der Wert bei 706,3 gelegen, am Samstag vergangener Woche bei 497,1. Die Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden betrug nach Daten der Gesundheitsämter am Samstag 135.461.

Mindestens 60,9 Millionen Menschen und damit 73,3 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind inzwischen vollständig gegen Corona geimpft. Eine Booster-Impfung bekamen demnach 41,7 Millionen Menschen und damit 50,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. (afp)

Tausende demonstrieren im Süden gegen Corona-Maßnahmen

Knapp 5.000 Menschen haben am Samstagnachmittag in Freiburg gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Die Lage sei weitestgehend ruhig geblieben, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienstes (epd). Auch in Stuttgart verlief die Kundgebung friedlich: Mehr als 1.000 Personen hatten sich vor dem SWR-Funkhaus unter dem Motto „Wir ziehen vor die Medienhäuser, denn da sitzt das Virus“ versammelt.

Die Gewerkschaft Verdi und SWR-Vertreter hatten die Stuttgarter Demonstration im Vorfeld kritisiert. „Wer unter so einem menschenverachtenden Motto direkt vor den Arbeitsplätzen von Medienschaffenden demonstrieren will, missbraucht das Demonstrationsrecht“, sagte Verdi-Landesbezirksleiter Martin Gross. Dies sei ein Angriff auf die Pressefreiheit.

„Was haben das Corona-Virus, Impfungen und der unabhängige öffentlich-rechtliche Rundfunk überhaupt miteinander zu tun?“, fragte Andrea Valentiner-Branth vom Verdi-Senderverband im SWR. Immer wieder seien Kolleginnen und Kollegen bei der Berichterstattung vor Ort auch gewaltsam angegriffen worden. Mit der Demonstration vor dem SWR-Funkhaus würden die Medienschaffenden nun auch an ihrem Arbeitsplatz bedroht. (epd)

Noch kommen Kliniken mit Omikron zurecht

In den früh von Omikron getroffenen Städten Bremen und Hamburg kommen Kliniken trotz steigender Patientenzahlen bislang ohne größere Probleme durch die aktuelle Infektionswelle. Sorge bereitet, dass immer mehr Patienten mit Corona infiziert sind, die nicht wegen Covid-19, sondern aus anderen Gründen eingeliefert wurden. Dies macht die Behandlung auf den Normalstationen aufwendiger. Auch der Ausfall von Krankenhauspersonal durch Krankheit oder Quarantäne bereitet Probleme.

Bremen und Hamburg gehörten zu den ersten Großstädten, in denen die Fallzahlen explodierten. Was die Infektionsrate angeht, sind sie anderen deutschen Regionen etwas voraus. Vergleiche sind aber nur eingeschränkt möglich, weil die beiden Stadtstaaten auch zu den Spitzenreitern bei den Impfquoten gehören. Das dürfte schwere Verläufe seltener machen.

Bundesweit sei die Belegung der Normalstationen vergangene Woche um 3,5 Prozent gestiegen, teilte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKD) in Berlin mit. In Schleswig-Holstein liege die Zunahme bei 22 Prozent, in den Ländern Hamburg, Bremen und Berlin zwischen 10 und 15 Prozent.

„Belastung ja, Überlastung nein“, sagte ein Sprecher der Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) zur Lage der Kliniken. Die Situation habe sich nicht verschärft. Das kleinste Bundesland weist seit Wochen die höchste Infektionsrate auf. Der Spitzenwert am 14. Januar lag bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1427,2. So viele von je 100 000 Menschen haben sich rechnerisch in einer Woche bestätigt mit dem Coronavirus infiziert.

Auch Hamburg überschritt nach Angaben des Robert Koch-Instituts zum Ende der Woche eine Sieben-Tages-Inzidenz von 1300. Trotzdem sagt Professor Stefan Kluge, Leiter der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE): „Die Lage ist handhabbar.“ Nur stellten „isolationsbedingte Ausfälle“ von Personal die Kolleginnen und Kollegen vor Herausforderungen.

„Die gute Nachricht ist, dass aktuelle Daten aus unterschiedlichen Ländern zeigen, dass das Risiko, mit einer Omikron-Infektion ins Krankenhaus zu müssen, im Vergleich zur Delta-Variante um mehr als die Hälfte reduziert wird“, sagte Kluge. Omikron sei viel leichter übertragbar, führe aber insbesondere bei Geboosterten über alle Altersgruppen hinweg nicht zu so schweren Verläufen.

„Wir sehen etwa seit Anfang des Jahres eine deutliche Zunahme an stationär behandlungsbedürftigen Patienten“, sagte Florian Friedel, Geschäftsführer des Delme-Klinikums in Delmenhorst. Die kreisfreie Stadt nahe Bremen hat in Niedersachsen die höchste Ansteckungsrate.

„Wir beobachten, dass die Patienten, die wir derzeit versorgen, weniger schwer erkrankt sind und die durchschnittliche Verweildauer geringer geworden ist“, sagte er. Neun von zehn Covid-Patienten seien ungeimpft. An seiner Klinik seien derzeit 20 Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in Quarantäne oder häuslicher Isolation.

Bei den Bremer Krankenhauseinweisungen infizierter Personen sei nur etwa ein Drittel tatsächlich an Covid-19 erkrankt, sagte Lukas Fuhrmann, der Sprecher des Gesundheitsressorts. Zwei Drittel der Patienten kämen wegen anderer Diagnosen und seien zusätzlich infiziert.

„Mit Corona infizierte Patientinnen und Patienten können einen ähnlichen hohen Aufwand verursachen wie tatsächlich an Covid-19 Erkrankte“, sagte der DKD-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. Sie müssten isoliert untergebracht werden. Das Personal, das sie betreue, könne nicht in Bereichen mit Nicht-Infizierten eingesetzt werden.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte deshalb, die Belastung von Normalstationen täglich genauso zu erfassen wie die Belegung der Intensivbetten mit Covid-19-Kranken. Auch Zahlen von corona-infizierten Patienten mit anderen Diagnosen sollten täglich ermittelt werden, sagte Geschäftsführer Eugen Brysch. (dpa)

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