Nachhaltiger Konsum: Bitte kaufen Sie nett ein
Die Deutschen konsumieren selten öko und fair. Das will die Umweltministerin ändern. Ihr Programm verspricht viel, nur nichts Neues, sagen Kritiker.
Am Mittwoch hat sie ein „Nationales Programm für nachhaltigen Konsum“ verabschiedet, 50 Seiten lang. Darin heißt es, „nachhaltiger Konsum ist möglich“, also der Einkauf nach öko-sozialen Kriterien: Der Mixer, der nicht nach kurzem Gebrauch kaputtgeht, die Jeans, für die keine Kinder arbeiten mussten, die eigentlich zur Schule gehen sollten. Dem Verbraucher fehlten dafür aber oft Informationen, auch die Lust, sich zu kümmern, oder das Geld. Zudem sprächen Alltagsroutinen dagegen.
Bisher tut sich was in Nischen. In Städten machen immer neue Biosupermärkte auf. Die Hersteller des Fairphones versuchen, so gut es geht, miese Arbeitsbedingungen zu meiden. Allgemeingültig ist eine öko-soziale Wirtschafsweise aber nicht. Schwarz-Rot hat bereits im Koalitionsvertrag versprochen, einen Markt zu schaffen, „auf dem sichere und gute Produkte unter fairen und nachhaltigen Bedingungen hergestellt und angeboten werden“.
Nun macht die Regierung sechs Themen aus. Das fängt an mit dem Verkehr; Busse und Bahnen sollen attraktiver, Autokäufer durch bessere Informationen zu Kraftstoffverbrauch und Schadstoffen unterstützt werden, die Telearbeit gefördert werden.
Es geht weiter mit „Ernährung“, mit mehr Materialien zur Ernährungsbildung in Kitas und Schulen etwa. Unter „Haushalt und Wohnen“ ist dann die Förderung von Baugruppen gelistet, aber auch: „Ausweitung der Wissensbasis zu Auswirkungen von Konsumentscheidungen im Bereich der Hygiene- und Kosmetikgüter“.
Es sind Sätze wie dieser, die Ingmar Streese nicht von dem Programm überzeugen. Er leitet die Politikabteilung der Verbraucherzentrale Bundesverband, VZBV. Auch der Umweltverband Nabu erklärte, es sei eher „Wunschliste“ als ein „wirkmächtiger Plan“. Und die Grüne Renate Künast, Vorsitzende des Verbraucherausschusses im Bundestag, sprach von „netter Prosa“.
Streese fehlt es aber vor allem an neuen Ideen. Ihm schwebt zum Beispiel ein einheitliches Siegel für Alltagsgegenstände vor, das ähnlich wie das Biosiegel für Lebensmittel Mindeststandards setzt. Vieles habe die Regierung ohnehin vorgehabt, ergänzt Streese, etwa dass Behörden nach öko-sozialen Kritierien einkaufen. „Die häufigsten Worte sind ‚Information‘, ‚Bildung‘, ‚Forschung‘, die Regierung will ‚unterstützen‘, ‚hinwirken‘, aber nie liest man, dass sie was durchsetzen will“, sagt der Verbraucherschützer.
Die Finanzierung der gelisteten Maßnahmen wird obendrein ausgespart. Im Programm heißt es, es dürfe nicht darum gehen, Verbraucher zu bevormunden.
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